Emma will’s wissen
ziemlich heiß und ich trank ihn in winzigen Schlucken. Ich spürte, wie er meine Kehle hinunterfloss und in meinem Bauch landete. Es roch nach warmer Milch und Gemütlichkeit und allmählich wurde ich ruhiger. Meine Arme und Beine wurden ganz schwer und meine Augenlider auch. Ich gähnte.
»Der Wievielte ist heute eigentlich?«, fragte Tim.
Oma überlegte kurz. »Der vierzehnte Februar.«
»Wie lustig!«, murmelte ich. »Das Baby hat am Valentinstag Geburtstag. Gut, dass es kein Junge wird, sonst würde Papa es bestimmt Valentin nennen.« Ich lächelte schläfrig.
»Trinkt euren Kakao aus und dann ab ins Bett mit euch.« Oma stellte den leeren Milchtopf in die Spüle.
»Ich kann jetzt unmöglich schlafen!«, protestierte ich.
Aber erstaunlicherweise konnte ich es doch. Kaum war ich in mein Bett gekrochen, fielen mir auch schon die Augen zu. Das Letzte, was ich hörte, war Monas leises Schnarchen: krrrrrr-pft, krrrrrr-pft, krrrrrr-pft …
»Emma, aufwachen!« Jemand rüttelte an meiner Schulter. Ich knurrte und wollte mir die Decke über den Kopf ziehen. Aber das ging nicht. Ich schlug die Augen auf und sah Mona, die meine Bettdecke in der Hand hielt. Sie grinste über das ganze Gesicht.
»Was soll der Mist?«, schimpfte ich.
»Du musst aufstehen, Emma!«, rief Mona. »Das Baby ist da!«
Mit einem Schlag war ich hellwach. Ich setzte mich auf und starrte Mona an. »Was?«
»Lia hat letzte Nacht plötzlich Wehen gekriegt«, erzählte Mona. »Babsi ist gekommen und Rudi natürlich auch. Und dann haben sie Lia ins Krankenhaus gebracht, weil das Baby drei Wochen zu früh dran war …«
»Ja, ja, das weiß ich doch schon alles«, unterbrach ich sie ungeduldig. »Ich war schließlich dabei. Du hast ja geschlafen wie ein Murmeltier.« Es ärgerte mich ein bisschen, dass ich die Geburt glatt verpennt hatte. Und dass Mona schon alles wusste und ich ihr überhaupt nichts Neues mehr erzählen konnte.
Mona grinste immer noch wie ein Honigkuchenpferd. »Rudi hat gerade angerufen. Das Baby ist vor einer Viertelstunde auf die Welt gekommen. Es geht ihm gut. Und Lia auch.«
Ich sprang aus dem Bett. »Wir müssen sofort ins Krankenhaus!«
Mona nickte. »Die anderen sind schon alle unten. Wir wollen gleich los. Beeil dich.«
Eine halbe Stunde später stürmten wir ins Krankenhaus. Oma schwenkte einen großen Blumenstrauß, Gesa einen Korb mit frischem Obst (natürlich vom Biobauern) und Mona ihre Flötentasche. Klaus, Tim und ich hatten nichts dabei.
»Lia Laurenz?«, rief Oma der verdutzten Krankenschwes-ter zu, die in einem Glaskasten am Empfang saß. »Sie hat heute ein Baby bekommen!«
Die Krankenschwester tippte etwas in ihren Computer ein. »Zweiter Stock, Entbindungsstation, Zimmer 117 .«
»Danke!« Oma rannte zum Aufzug. Wir quetschten uns zu sechst hinein und fuhren in den zweiten Stock. Auf einem Schild neben einer großen Glastür stand in farbigen Buchstaben ENTBINDUNGSSTATION .
»Hier sind wir richtig.« Oma stieß die Tür auf.
Auf der Entbindungsstation sah es gar nicht aus wie in einem Krankenhaus. Die Wände leuchteten sonnengelb und überall hingen Fotos von Babys, die hier zur Welt gekommen waren. Wir kamen an einem Zimmer mit einer Glasscheibe vorbei. Hinter der Glasscheibe standen viele Babybettchen. Einige waren leer, in anderen lagen Babys. Sie waren winzig und ganz zerknautscht. Die meisten schliefen. Man konnte sie durch die Glasscheibe anschauen, ein bisschen wie die Affen im Zoo. Im Vorbeigehen warf ich einen schnellen Blick durch die Glasscheibe. Ob unser Baby auch dabei war?
»Hier ist es!« Oma blieb vor einer Zimmertür stehen. Auf ihren Wangen waren kreisrunde rote Flecke. Sie klopfte kurz, dann ging sie hinein. Ich drängelte mich an Tim und Klaus vorbei, weil ich nicht die Letzte sein wollte.
Das Zimmer war klein. Es standen zwei Betten darin. Eins war leer, in dem anderen lag Mama. Papa saß daneben auf einem Stuhl. Mama sah eigentlich aus wie immer, nur ein bisschen erschöpft. Ich rannte auf sie zu und gab ihr einen Kuss.
Mama lächelte. »Da seid ihr ja!«
»Herzlichen Glückwunsch, meine Kleine!« Oma umarmte Mama. Dann drückte sie Papa die Blumen in die Hand. »Kannst du die mal ins Wasser stellen, Rudi?« Papa nickte und verschwand mit dem Blumenstrauß auf dem Flur.
»Jetzt hast du’s geschafft.« Gesa umarmte Mama ebenfalls. Sie stellte den Obstkorb auf den Nachttisch. »Ein paar Vitamine, damit du wieder zu Kräften kommst.«
»Danke«, sagte
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