Emma
verspürte. Immerhin, was sie sagte,
entsprach der Wahrheit. Und es war unerheblich, wann sie und Tommaso
herausgefunden hatten, dass sie sich eher wie Geschwister anfühlten als wie ein
Liebespaar.
„Wieso
musstest du es ihm nur unbedingt sagen, verdammt! War das nötig? Ich dachte, du
magst ihn, also warum hast du ihm das nicht erspart?“
„Ich
hatte ja auch nicht vor, es ihm zu sagen, aber er muss trotzdem irgendetwas
gemerkt haben! Wir kennen uns jetzt seit Jahren und jedem fallen die feinen
Nuancen im Verhalten des anderen auf! Er hat gespürt, dass ich ihm etwas
verheimlicht hatte und er hat so lange gebohrt, bis ich nicht mehr ein noch aus
wusste! So war das. Ich wusste ja selber, dass es nicht gut wäre, ihm davon zu
erzählen, aber du kennst ihn ja, oder?“
Ja,
dachte Emma, sie kannte ihn. Wenn Davide Gandolfo etwas wollte, dann bekam er
es. Firmen, Frauen, Informationen – egal. Er bekam es und damit basta.
Sie
seufzte.
„Da
hast du schön was angerichtet, Antonio, jetzt sieh auch zu, wie du mit der
Sache klarkommst. Ich kann dir nicht helfen, jetzt noch viel weniger! Ich werde
auf gar keinen Fall mit ihm reden, oh nein!“
Sie
schüttelte heftig und entschlossen den Kopf und rutschte unruhig von ihrem
Hocker.
„Emma“,
Antonios Stimme wurde wieder drängend, „ich merke doch, dass es dich nicht so
kalt lässt, wie du vorgibst, also warum tust du uns allen nicht einfach diesen
Gefallen? Triff dich mit ihm, rede mit ihm, erkläre ihm alles, dann wird er
sich schon beruhigen! Du rettest ihm vielleicht das Leben damit und dir
ersparst du mit Sicherheit in Zukunft auch einige Probleme!“
„Was
soll das heißen? Willst du mir jetzt doch drohen? Was hat er vor?“
„Das
weiß ich nicht, Emma, aber ich kenne ihn, und das war noch nicht das Ende!“
„Das
wollen wir doch erst mal sehen!“, nun war ihre Beklemmung verflogen. Erbost
runzelte sie die Stirn. „Das soll er mal versuchen, ich bin nämlich auch nicht
von gestern!“
„Es
war einen Versuch wert“, Antonio klang mit einem Mal sehr müde. „Das war ich
sowohl dir als auch ihm schuldig und damit bin ich raus aus der Sache. Ich bin
nur ein wenig ungeduldig in letzter Zeit, musst du wissen, es bleibt viel an
mir hängen.“
Und
als er ihren fragenden Blick bemerkte, lieferte er ihr die Erklärung hinterher.
„Er
hat sich eine Auszeit genommen, könnte man sagen. Er lässt sich in der Firma so
gut wie gar nicht mehr blicken. Wie auch, er ist ja fast jeden Tag betrunken
und kaum mehr vernünftig ansprechbar. Er hat alles abgegeben, zum Teil an mich,
zum Teil an seine Abteilungsleiter, und wir können nun sehen, wo wir mit der
ganzen Sache bleiben.“
Emma
schwieg betroffen. Sie hätte nicht gedacht, dass Davide es so weit kommen
lassen würde. Wenn er davon überzeugt war, dass sie ihn wegen Tommaso verlassen
hatte, dann war seine Reaktion allerdings nachvollziehbar. Trotzdem hätte sie
niemals damit gerechnet, dass er in seiner Firma jemals die Zügel schleifen
ließe.
Sie
musste ihn weit mehr verletzt haben, als sie sich selber hatte eingestehen
wollen!
Diese
Erkenntnis verursachte ihr ein tiefes Unbehagen.
„Darum
bin ich ja auch überhaupt hier!“, fuhr Antonio in ihre Gedanken hinein fort.
„Gandolfo und Paltrinieri hatten eine Kooperation vereinbart und die soll auch
stattfinden. Nur hat er keinen Bock auf gar nichts mehr, also sitze ich hier
mit Paltrinieri und versuche, irgendwie in seinem Sinne zu verhandeln. Was gar
nicht so einfach ist, wenn urplötzlich der kreative Rudelführer fehlt, das
kannst du mir glauben!“
Emma
nickte. Am Abend der Dachparty hatte Davide sie mit Paltrinieri bekannt gemacht
und ein gemeinsames Projekt erwähnt. Danach waren sie nicht mehr dazu gekommen,
das Thema zu vertiefen, doch anscheinend stand das Projekt jetzt sogar auf der
Kippe!
Urplötzlich
hatte sie ein schlechtes Gewissen. Ein verdammt schlechtes. Ihr betretenes
Gesicht fiel sogar Antonio auf. Er zuckte die Achseln.
Es
schien Emma, als hätte er noch etwas sagen wollen, es aber dann bleiben lassen.
„Ich
sollte mich jetzt wieder um Kiki kümmern“, meinte sie lahm, „Ich wollte sie gar
nicht so lange alleine lassen!“
Antonio
gab ihr keine Antwort, sondern erhob sich nur wortlos. Er hatte wohl eingesehen,
dass da nichts zu machen war und Emma bei ihrer Weigerung bleiben würde, was
ein Gespräch oder gar ein Treffen mit Gandolfo betraf.
Ohne
ein weiteres Wort zu wechseln kehrten sie zurück zum
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