Emma
natürlich ihre Unruhe und
ließ ihr Raum für Spekulationen.
Abano
war Kurort – war er etwa krank? Hatte er gesundheitliche Probleme gehabt und
sich dort behandeln lassen? Da Emma keine Ahnung davon hatte, was in den
Thermen alles behandelt wurde, konnte sie sich auch keinerlei Vorstellung davon
machen, weswegen Davide dort gewesen sein sollte.
Und
noch etwas fiel ihr auf, das sie unangenehm berührte. Diese Frage jedoch
beantwortete er ihr in aller Offenheit.
„Warum
bist nur du hier und sonst niemand – keine Familie, keine Freunde, nur du? Und
was mache ich eigentlich hier?“ Der zweite Teil ihrer Frage kam mit deutlicher
Bitterkeit in der Stimme. Seinen Ausbruch von vorhin hatte sie zwar
widerspruchslos hingenommen, aber seine Worte hatten sie dennoch getroffen.
„Wer
soll denn da sein?“, antwortete er mit einer Gegenfrage und seine Stimme klang
schroff. „Freunde? Er hat keine, von denen ich wüsste, dass er sie in einer
solchen Situation an seiner Seite haben möchte. Und Familie? Meinst du
vielleicht seine Exfrauen?“ Er schnaubte. „Keine Ahnung, ich glaube nicht, dass
die Beziehungen noch so freundschaftlich sind, dass ihm eine davon am
Krankenbett Händchen halten würde. Weitere Familie hat er hier nicht, soviel
ich weiß. Und ich bin deshalb hier, weil er eine Patientenverfügung verfasst
hat.“
Er
sah Emmas verwirrten Blick und fuhr in seiner Erklärung fort.
„Die
Situation, die ich dir gerade geschildert habe, war ihm als Realisten stets
bewusst, er war viel unterwegs und er wusste, dass immer etwas passieren
konnte. Also wollte er, dass wenigstens eine Person seines Vertrauens in seinem
Sinne Entscheidungen treffen kann, wenn er dazu nicht mehr in der Lage sein
sollte.“
„Entscheidungen?“
Emma brachte das Wort kaum heraus, so schwer fiel es ihr, es auszusprechen.
„Lebensverlängernde
Maßnahmen. Künstliche Beatmung, künstliche Ernährung und all das. Er wollte,
dass jemand nach seinem Willen handelt, wenn der Ernstfall eintreten sollte.“
Antonios Stimme versagte für einen Moment. „Ich hätte nicht gedacht, dass das
jemals der Fall sein würde.
„Was
hat er denn verfügt?“ Sie musste fragen, auch wenn sie schon ahnte, wie die
Antwort lauten würde. Wieder wurde ihre Kehle eng vor Angst.
„Er
will nichts davon. Er will unter gar keinen Umständen von irgendwelchen
Maschinen abhängig sein und jahrelang im Koma dahinvegetieren, das hat er klar
zum Ausdruck gebracht. Alles schriftlich niedergelegt und notariell bestätigt.
Im entsprechenden Falle muss ich über sein Leben entscheiden!“
Antonios
Stimme klang sonderbar dumpf, als er ihr diese Eröffnung machte. Emma schlug
die Hand vor den Mund und erstickte mit Mühe ein hysterisches Aufschluchzen.
Dann
wandte er sich plötzlich und abrupt zu ihr. „Eigentlich solltest du diejenige
sein!“, platzte er heraus.
„Ich?“
Ihre Stimme gehorchte ihr noch immer nicht ganz. „Warum ich?“
„Warum
du!“, wiederholte er spöttisch ihre Frage als Feststellung. „Warum du! Kannst
du dir das nicht denken?“
Emma
starrte ihn stumm an. Nein , sag es nicht, betete sie inständig, ich will
es nicht hören!
„Weil
er es wollte, darum du! Weil er dich geliebt hat, darum du! Und du bist nur
deshalb hier, weil ich weiß, dass er auch das so gewollt hätte!“, stieß
er heftig hervor. „Auch wenn du meiner persönlichen Ansicht nach hier nicht das
Geringste verloren hast!“
Das
war zuviel für sie.
Emma
sprang auf und rannte schluchzend davon, den Gang entlang ins Treppenhaus, die
Stufen hinunter, stolperte beinahe auf dem Treppenabsatz, weil sie blind war
vor Tränen.
Antonio
hatte in der Vergangenheit gesprochen, so als ob schon alles zu spät, alles
vorbei wäre, so als ob es keinerlei Hoffnung mehr gäbe - als wisse er schon,
was ihnen der Arzt als Nächstes sagen würde!
Draußen
vor dem Eingang hielt Emma inne und ließ sich schwer atmend und immer noch
heftig schluchzend auf eine Bank fallen.
Das
war sicher alles nur ein böser Traum, sie würde daraus erwachen und sie würde
neben Davide in seinem großen Bett liegen und er würde sie auslachen und in
seine Arme nehmen und dann würde er sie festhalten, sie küssen, sie streicheln,
sie berühren, er würde sie reizen, sie zum Stöhnen bringen und dann würde er
selber so erregt sein, dass er nicht mehr länger warten wollte, sie würden sich
lieben, langsam und zärtlich oder auch heftig und hart, ganz wie es ihnen
gerade gefiel.
Emmas
ganzer
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