Emma
auch.
„Ja,
das war hart“, bestätigte er mit müder Stimme. „Er konnte sich nach und nach
wieder an einiges erinnern, aber nicht an alles. Und er wollte viel zu viele
medizinische Details von mir wissen, von denen ich selber nicht den Hauch einer
Ahnung habe! Da werden ihm seine Ärzte in den nächsten Tagen Rede und Antwort
stehen müssen – ich möchte nicht in ihrer Haut stecken!“
Er
fuhr sich mit den Fingern durch das leicht zerzauste Haar und lehnte sich an
die Wand.
„Weißt
du, Emma“, begann er, und die Übermüdung war ihm deutlich anzumerken, „seit du
fort bist, ist unsere Welt im Chaos versunken!“
Sie
nickte schuldbewusst. Auf einmal tat er ihr leid. Sie hatte ihn noch nie zuvor
in Freizeitkleidung gesehen, fiel ihr ein. Er erschien ihr dadurch sonderbar
jugendlich, fast verletzlich und sie erinnerte sich daran, dass er ja
tatsächlich nur wenige Jahre älter war als sie selbst. Die korrekten dunklen
Anzüge, die er sonst natürlich immer trug, und seine zurückhaltende,
professionelle Art hatten ihn älter erscheinen lassen als er wirklich war. Und
nun fand er sich plötzlich in einer derart schwierigen Situation wieder!
„Geh
dich ausruhen“, schlug sie ihm mit sanfter Stimme vor, „ich bleibe noch ein
wenig bei ihm!“
Antonio
nickte dankbar und ging. Emma wandte sich um und betrat leise Davides Zimmer.
Er
lächelte ihr schwach entgegen.
„Bist
ja immer noch hier!“
„Ja!“
Sie setzte sich und griff nach seiner Hand, doch er entzog sie ihr.
„Du
solltest lieber gehen, Emma, es ist schon spät! Du musst irgendwann auch mal
schlafen! Sei vernünftig, ja?“
Seine
Stimme klang sanft und sehr müde, sein Blick schien aus weiter Ferne zu kommen.
„Ich
bleibe noch ein bisschen, wenn es dir nichts ausmacht!“
Er
seufzte und wandte den Blick nicht von ihr.
„Weißt
du eigentlich“, begann er unvermittelt, „weißt du, dass ich meine Beine nicht
bewegen kann?“
Emma
erstarrte zu Eis. Hätte sie nicht gesessen, dann wären ihr jetzt vermutlich die
Knie eingeknickt, so schockierte sie diese unvorbereitete Frage.
Schließlich
brachte sie ein stummes Nicken zustande.
„Dann
ist es ja gut“, nun wandte er den Kopf und sah zur Decke. Und nach einer Pause
zusammenhanglos: „Ich finde trotzdem, du solltest jetzt gehen!“
Emma
griff wieder nach seiner Hand und dieses Mal ließ er es zu, dass sie seine
Handfläche an ihre Wange legte, so wie er es oft getan hatte.
„Es
ist nur vorübergehend, Davide!“ sie klang beschwörend, aber vermutlich wenig
überzeugend, dachte sie, denn er gab ihr keine Antwort, sondern starrte nur
weiter zur Decke. Immerhin entzog er ihr seine Hand nicht, so wie vorhin. „Es
geht vorüber“, wiederholte sie ziemlich fantasielos ihren Widerspruch, „du
wirst sehen! Du wirst schneller wieder auf den Beinen sein, als du eine Firma
kaufen kannst!“
Das
entlockte ihm nun tatsächlich ein halbherziges Lächeln und er wandte den Blick
wieder zu ihr. In seinen Augen lag beinahe so etwas wie ein warmes Funkeln.
„Du
hast wohl keine Ahnung, wie schnell ich Firmen kaufen kann!“, versuchte er
halbherzig, ihren Spaß zu kontern.
„Nein,
hab ich wirklich nicht!“, gab Emma lächelnd zu.
„Macht
nichts“, beschwichtigte er sie, „du wirst es schon noch sehen. - Und jetzt
möchte ich, dass du gehst, Emma, ja? Antonio hat mir erzählt, dass du morgen arbeitest,
also überfordere deinen Visagisten lieber nicht!“
Sie
wandte den Kopf und küsste seine Handfläche, ehe sie einen Moment lang das
Gesicht darin barg.
„Ich
könnte anrufen, dass ich nicht komme …!“ begann sie erstickt.
„Nein!“
unterbrach er sie beinahe heftig, und für einen Moment erinnerte sie seine
Stimme an seine frühere, alles beherrschende Dominanz. Es schien ihn viel Kraft
gekostet zu haben, denn als er weiterredete, klang er wieder flach und müde. „Du
solltest einfach so weitermachen, als wäre nichts passiert, verstanden?“
„Wie
du willst, Davide!“
Dann
stand sie folgsam auf, küsste ihn sanft auf die unversehrte Wange und ging.
Am
Montagmorgen kam Emma ihn besuchen, ehe sie nach Monselice aufbrach. Für sie
fügte es sich ganz wunderbar, dass die Aufnahmen auch in dieser Woche noch im
Studio stattfanden, so konnte sie es problemlos einrichten, Davide morgens vor
der Abfahrt zu sehen.
Sie
hatte schlecht geschlafen und wirr geträumt und auch als sie am Morgen
aufgewacht war, blieben trübe Selbstvorwürfe ihre Begleiter. Sie war sehr früh
dran,
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