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Emmas Story

Emmas Story

Titel: Emmas Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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gleichen Schicksal zu weihen.«
    Armin hustet einmal kurz, aber es klingt nicht wie eine Erkältung. Es klingt, als hätte er sich an einer ganzen Menge Rotz verschluckt.
    »Armin? Alles o. k.?«
    »Ne!«, heult mein bester Freund in den Apparat. »Nix ist o. k. Der Blödmann macht mich noch total fertig!«
    Herrje. Ist es schon wieder so weit?!
    »Hat er wieder ein Treffen abgesagt?«, rate ich.
    »Und das, wo wir doch unseren dritten Jahrestag haben!«, weint Armin.
    Ich seufze.
    »War das letztes Jahr nicht auch so?«
    Als Antwort bekomme ich nur ein Schluchzen.
    Es ist ein echtes Kreuz mit der Liebe.
    Wenn sie dich in der falschen Kombination erwischt, hast du nichts als Scherereien mit ihr.
    Als Armin sich vor drei Jahren auf einen One-Night-Stand mit dem verheirateten Rolf einließ, hatte ich gleich so eine dunkle Ahnung.
    Aber er hat nicht auf mich gehört.
    Wie denn auch, wenn das eigene Herz sagt: ›Triff dich noch einmal mit ihm! Nur noch einmal!‹ und dann wieder und wieder. Immer angefacht von den Versprechen, die da lauten: ›Wenn die Kleine ihren Kindergartenplatz hat, dann trenn ich mich von meiner Frau!‹ oder ›Wenn meine Frau diese Weiterbildung gemacht und wieder beruflich Fuß gefasst hat, dann …‹ oder ›Wenn fest steht, in welche Schule die Kleine gehen wird, dann …‹ oder, oder, oder.
    Drei Jahre. Nur Scherereien, ich sag es ja.
    »Ich hatte uns einen Tisch im Versailles reserviert. Blumen am Tisch. Hab eine neue Uhr für ihn. Das wäre nicht mal aufgefallen, weil er sich selbst schon länger eine kaufen wollte. Sogar neue Bettwäsche hab ich besorgt, in Dunkelrot, seiner Lieblingsfarbe. Und dann schickt er eine sms, dass er nicht kommen kann, weil sie ihre Eltern übers Wochenende eingeladen hat und …«
    Armin bricht ab und schluchzt hilflos.
    Ich wäre gern bei ihm, um ihn in den Arm zu nehmen. Weil wir fast gleich groß sind, geht das gut. Ich kann meinen besten Freund prima trösten. Weil er das auch zulässt. Und weil es dann viel leichter ist, zu sagen, was ich sagen muss.
    »Und das hat er heute Morgen erst erfahren?«, frage ich. Rein rhetorisch natürlich.
    »Sie hat es ihm wahrscheinlich gerade erst gesagt. Du weißt doch, dass sie ständig solche Aktionen macht, wo sie selbst was plant und ihm erst in letzter Sekunde davon erzählt«, erklärt Armin mir zum ungezählten Male.
    »Ich weiß, dass Rolf immer behauptet, dass Karin das tut.« Ich spreche absichtlich ihren Namen aus.
    Für Armin ist sie immer nur sie. Eine unbekannte Größe, ihm nur durch ein paar Fotos bekannt, die im Leben seines Geliebten eine – immer noch viel zu große – Rolle spielt, auch wenn die beiden im Grunde gar keine funktionierende Beziehung mehr leben und erst recht keinen Sex mehr miteinander haben. Nun ja, auch wenn Rolf behauptet, dass sie keinen Sex mehr haben.
    Letzteres darf ich vor Armin nicht mehr laut aussprechen. Denn wann immer ich das in der Vergangenheit getan habe, kam es zu den wenigen Situationen zwischen uns, in denen wir an einem freundschaftsgefährdenden Streit nur um Haaresbreite vorbeigeschrappt sind.
    »Jedenfalls kann er jetzt nicht weg«, resümiert Armin mit kratzigem Hals. »Ich habe ein wunderbares freies Wochenende zur Verfügung und kann mit dir auf Tour gehen. Hast du schon was ausgemacht? Ich hätte Lust auf was richtig Verschrobenes, ein renoviertes Fachwerkhaus mit angrenzendem Atelier oder so was. Außerdem dachte ich, könnten wir doch heute Abend zusammen rausgehen. Wie wäre es mal wieder mit dem Mirage? Da waren wir schon Ewigkeiten nicht. Die sollen da jetzt so Käfige stehen haben, in denen Gogos tanzen. Für mich ist das ja verschenkt, aber vielleicht wär’ das ja was für dich? Oder wir überreden Hannelore, dass sie für uns mal ihr blödes Rommé aufgibt und wir ein paar andere Spiele machen können. Ich könnt noch schnell in die Bücherei flitzen und uns welche ausleihen …«
    Auch das kenne ich schon.
    Jedes Mal, wenn Armin von seinem Geliebten sitzen gelassen wird, verfällt er in zweckgebundenen, alarmierend optimistischen Aktionismus.
    Ich glaube, er ist dann einfach so verzweifelt, dass er nicht in der Lage ist, den Tag allein mit sich zu verbringen. Vermutlich würde er jede Sekunde an die verlorenen Momente denken, sich schrecklich sehnen und innerlich keine Ruhe finden.
    »Armin?«, unterbreche ich ihn in seiner Aufzählung von Ideen, die ihm helfen würden, diesen furchtbaren Tag rasch vorbeigehen zu lassen, ohne einen einzigen

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