Emmas Story
auf ein Messgerät starren, von dem ich auf rein gar nichts schließen kann. »Und sonst? Wie war das Treffen mit ihr? Warst du bei ihr zu Hause?«
»Ist ja sehr interessant!«, sage ich laut zur Badezimmertür.
Draußen lacht Irmgard. »Ja, aber ihr müsst aufpassen. Das kann zu einer fixen Idee werden. Ich gucke da wirklich jeden Morgen und jeden Abend drauf. Ist schlimmer als eine Waage.«
Armin und ich wechseln einen Blick, der erkundet, ob wir vielleicht Maßgebliches nicht von einander wissen. Stellt sich womöglich eine(r) von uns morgens und abends auf eine Waage?
Wir schütteln beide den Kopf.
»Sie sammelt immer noch all diesen Müll.«
»Müll?«
»Hab ich dir doch erzählt. Füller und Federn und Stofftiere und Spielfilme und so. Ihre ganze Wohnung ist damit voll gestopft.«
»Die Wanne ist erst letztes Jahr eingebaut worden. Sie ist einfach klasse. Super gemütlich«, ertönt von draußen Irmgards Stimme.
Wir blicken beide auf die Badewanne, die aussieht wie eine normale Badewanne.
»Wenn man dich so hört, könnte man meinen, dass du Lu immer noch nicht besonders gut leiden kannst«, bemerkt Armin und zählt an den Fingern ab: »Sie ist unordentlich. Sie kann nicht gescheit mit Messer und Gabel umgehen. Sie ist niemals pünktlich. Sie bringt keinen Satz grammatikalisch richtig raus …«
»Du hast noch was vergessen«, helfe ich ihm nach, ohne ihm auch nur in einem Detail widersprechen zu wollen. »Sie ist so übertrieben hilfsbereit, dass sie einfach viel zu leicht ausgenutzt werden kann, und sie merkt es dann nicht einmal. Sie geht auch noch darin auf. Stell dir vor: Sie hat geheiratet. Ich meine, sie ist eine eheähnliche Partnerschaft eingegangen. Mit einer Brasilianerin, die sie gar nicht kannte. Nur, weil die gern hier in Deutschland leben will. Einfach so.«
Armin greift in den Duschvorhang.
»Moment mal! Lu ist verheiratet mit einer Frau?«
Ich nicke und weise ihn darauf hin, dass sich bereits ein Haken am oberen Ende löst. Armin lässt den Vorhang los.
»Die Waschbeckenamaturen könnten mal erneuert werden, finde ich. Das solltet ihr aber am besten mit Stövers selbst besprechen. Die sind in Ordnung. Die machen so was auch mal nebenbei.«
»Heißt das, was ich denke, dass es heißt?«, will Armin ahnungsvoll wissen.
»Wenn du wissen willst, ob Lu lesbisch ist … ja, ist sie«, sage ich und öffne die Badezimmertür wieder.
Irmgard steht direkt davor und strahlt uns an. »Gefällt’s euch?«
Ich nicke.
»Ich glaube, ihr werdet den Stövers auch gefallen«, schätzt Irmgard uns mit einem Blick von oben nach unten ein. »Ihr seid irgendwie so … natürlich.«
Ich lächele sie herzlich an.
»Da wäre dann noch das Herzstück der Wohnung«, sagt Irmgard mit der Stimme einer Märchentante. »Die Wohnküche!« Damit reißt sie die letzte Tür auf und lässt uns eintreten.
»Das ist ja wirklich ein Hammer!«, stößt Armin mit abwesendem Blick hervor.
»Sagenhaft, nicht?«, freut sich Irmgard.
»Lu und … also, das muss ich jetzt erst mal sortieren!«, murmelt Armin. »Das ist ja ein hammerharter Zufall. So was gibt’s doch nicht.«
»Hab ich damals auch gedacht, als ich die Wohnung sah!«, beteuert Irmgard.
In dem Moment klingelt das Telefon.
Unsere Gastgeberin ist für ein paar Sekunden im Zwiespalt. Doch dann sagt sie freundlich: »Ihr wollt euch sicher noch in Ruhe umsehen. Ich schau nur mal fix, wer das ist«, und sprintet in die kleine Diele zum Telefon.
»Diese Frau, mit der sie … na ja, sie sind nicht wirklich ein Paar, aber irgendwie ja doch, jedenfalls sieht sie gar nicht aus wie eine Brasilianerin. Ich habe sie auf dem Schwoof gesehen. Sie ist blond. Hellblond. Ich glaube, sie nutzt Lus Gutmütigkeit nur aus, um sich hier ein schönes Leben zu machen. Unglaublich, wie man so kurzsichtig sein kann, das nicht zu merken.« Ich schüttele den Kopf.
In der Küche ist der Herd mitten in den Raum gesetzt und grenzt direkt an den großen, fest einbauten Tisch, an dem bestimmt 10 Leute Platz hätten. Dieser Raum ist wirklich schön. Tatsächlich ein Herzstück.
Armin streicht mit dem Finger über die Kupferpfanne, die von einem schmiedeeisernen Gestänge von der Decke baumelt, genau wie diverse andere Töpfe und Kochutensilien.
»Wenn sie wirklich so scheußlich ist, wie du immer sagst, wieso hast du sie dann eigentlich eingeladen, mit dir zu dieser tollen Besichtigung zu gehen?«, will er mit scheinheiliger Miene wissen.
Zur Probe setze ich mich an den
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