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Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen

Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen

Titel: Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Konrad
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Zivilisation, ist aber auch ein »guter Mensch«, denn er will die Natur bewahren. »Natur« bedeutet hier elementar, unverdorben, ursprünglich. Die Meta-Aussage solcher Texte ist häufig, dass die Zivilisation die Natur zerstört – deshalb muss der »edle Wilde« am Ende meistens sterben. Der eigentliche Protagonist ist oft ein weißhäutiger Aussteiger aus der Zivilisation. Ihn zeichnen Abenteuerdrang, körperliche Belastbarkeit und Widerstandsfähigkeit, Tierliebe und ein weitgehender Verzicht auf ein Liebesleben aus. Die mit diesem Bild verknüpften Empfindungen von Freiheit und Abenteurertum bedienen ein emotionales Klischee.
    Ein Bösewicht verdient einen schrecklichen Tod
    Das Gute wird belohnt, das Böse wird gerächt. Die Bestrafung des Bösen bedeutet zugleich den Sieg des Guten. Es ist das einfache literarische Strickmuster des Protagonisten, der nur positive Werte verkörpert, im Gegensatz zum Antagonisten, in dem sich das Negative sammelt.
    Dass der Bösewicht mit dem Tod bezahlen muss, ist ein Klischee. Er hat seine Strafe bekommen, und die Probleme, die er verursacht hat, sind durch sein Ableben beseitigt. Ein schrecklicher Tod kann die Rachegelüste des Lesers befriedigen, ohne dass er sich dafür schlecht vorkommen muss.
    Wie eindeutig gut oder böse sind Ihre Hauptfiguren? Wer stirbt? Warum? Lassen Sie den »edlen Wilden« überleben und den weißen Helden sterben! Lassen Sie den Bösewicht Erfolg haben! Lassen Sie die treue Frau mit einem anderen glücklich werden! Denken Sie an die zwei Cowboys, der Inbegriff von sauberer Männlichkeit, die ihre Liebe zueinander entdecken in »Brokeback Mountain«, ein erfolgreicher Film, der 2006 in den Kinos lief.
    In Literatur und Film sind die meisten Motive bereits umgekehrt worden, aber die Umkehrung eines Klischees bedeutet noch nicht seine Aufhebung. Besser ist es, seine Charaktere gar nicht erst in klischeehafte Muster verfallen zu lassen.
    Ob es sich um ein emotionales Motiv oder um ein emotionales Klischee handelt, wird Ihnen die Beschäftigung mit den einzelnen Motiven zeigen: Manches werden Sie als Klischee ablehnen, anderes wird Ihnen als Motiv wertvoll erscheinen, das Sie literarisch nutzen möchten. Klischeehaft wird es vor allem dann, wenn Sie die ganze Handlung Ihrer Erzählung an solchen Motiven orientieren. Sie können an strategisch geeigneten Orten mit Klischees spielen, sollten Sie aber auch genauso gezielt durchbrechen.
    Wenn beide, Form- und Stoffklischees, zusammentreffen, ist der Kitsch kaum zu vermeiden. Deshalb gilt es, sowohl die sprachliche Umsetzung wie auch die Wahl des Stoffes kritisch zu bedenken. Besonders das Ende einer Geschichte beeinflusst, ob Sie einem emotionalen Klischee folgen.
Anregung
Umgekehrte Klischees verarbeiten
    Kehren Sie ein Ihnen vertrautes Klischee einmal um. Beispiele:
    •Ein Psychopath wird zum Lebensretter.
    •Ein Mönch kommt mit dem Verzicht auf Sex gut zurecht.
    •Ein Sportler resigniert wegen seiner Mittelmäßigkeit nicht.
    Formen Sie aus einem vorgegebenen oder selbst gewählten Beispiel eine Geschichte.

Gefühle in Fiktion
und Wirklichkeit
    Die Gefühle der Figuren im literarischen Werk sollen überzeugen wie im wirklichen Leben. Während uns jedoch in unserem eigenen Leben unmittelbare Ereignisse erschüttern wie die Trennung vom Geliebten, der Verlust des Arbeitsplatzes, der Tod eines Kindes, berühren uns die gleichen Ereignisse bei anderen Menschen weniger stark.
    Gegenstände können Gefühle auslösen, ein Fotoalbum, ein Lieblingslied, eine Postkartensammlung, ein Schmuckstück. Solche Symbole erinnern an andere Menschen und an bestimmte Situationen. Alles, was weniger nah am eigenen Erfahrungsbereich ist, löst weniger starke Emotionen aus. Auf den Schlaganfall des Nachbarn regieren wir mit Mitleid, aber wir verzweifeln nicht. Das Erdbeben in einem anderen Erdteil macht uns betroffen und nachdenklich, aber wir geraten nicht in Panik und empfinden den Verlust nicht so, als wäre unser eigenes Haus zerstört.
    Ähnlich ist es mit den Symbolen: Das alte Silberkettchen oder der Besteckkasten, der bei der Haushaltsauflösung einer unbekannten Verstorbenen zurückbleibt, lassen Sie vielleicht Respekt vor dem Leben und der Würde der Person empfinden, aber für Sie haben die Stücke längst nicht die Bedeutung wie für ihre ehemalige Besitzerin.
    Diese Kluft zwischen eigenen und fremden Gefühlen kann die Literatur überbrücken. Ein literarischer Text ist gelungen, wenn der Leser die

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