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Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen

Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen

Titel: Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Konrad
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    Hier ein paar Tipps, wie Sie Kitsch vermeiden:
    -Authentizität
Schreiben Sie nicht, was man in dieser Situation angeblich zu fühlen habe, sondern horchen Sie in sich hinein, was Sie wirklich fühlen.
    -Originalität
Suchen Sie nach eigenen, ursprünglichen Begriffen, um ein Gefühl auszudrücken, verwenden Sie keine Phrasen.
    -Verknappung
Weniger ist mehr. Wenn sie ein gefühlsbesetztes Symbol nur andeuten, geben Sie dem Gefühl des Lesers mehr Raum, als wenn sie es umständlich ausbreiten.
    -Ambivalenz
Jedes Gefühl verweist auch auf das Gegenteil: die Sympathie auf die Abneigung, die Hoffnung auf die Verzweiflung. Schildern Sie deshalb Gefühle nicht zu einseitig.
    -Relativität
Wenn Sie einen insgesamt kritischen und reflektierten Text schreiben, wird man ihn auch dann nicht als Kitsch verwerfen, wenn Sie ein paar emotionsstarke Motive einbauen.
    -Vermeiden Sie sprachliche und emotionale Klischees!
Anregung
Nachruf auf ein Haustier
    Lesen Sie das Gedicht »Auf meinen am 15. November 1890 dahingegangenen Papagei« von Friederike Kempner (1836-1904). Unterstreichen Sie die Formulierungen, die Sie für besonders kitschig halten. Schreiben Sie ein Nachruf auf ein Haustier in modernem Text. Versuchen Sie dann, einen Text über den Verlust eines Haustieres zu schreiben, der nicht kitschig ist.
    Allgeliebter Vogel Du,
    Gingest auch zur ewigen Ruh
    Liebenswürdig zahm und zart
    Und von selten geistiger Art!
    Warst mir zweiundzwanzig Jahr,
    Was kein Anderer mir war,
    Steter Freund, ach lebenslang,
    Nehme meinen heißen Dank.
    Mancher hat Dich arg betrübt,
    Weil Du allgemein beliebt,
    Gönnte diesen Trost mir nicht,
    – Das ist Wahrheit im Gedicht –
    Nochmals Dank für Deine Treu!
    Lebe dorten auf, auf‘s neu –
    Jeder Geist er lebet fort,
    Glücklich sei an jedem Ort!

Emotionale Klischees
    Sprachliche Klischees sind abgedroschene Phrasen. Sie werden häufig angewandt, um Gefühle zu beschreiben:
    »Er errötete« – Er war verlegen
    »Sie zitterte wie Espenlaub« – Sie hatte Angst
    »Seine Hände zitterten« – Er war nervös
    »Ihr Herz schlug bis zum Hals« – Sie war sehr aufgeregt
    »Sein Puls raste« – Er war sehr aufgeregt
    »Sie schmolz dahin« – Sie war von seinen Worten/Zärtlichkeiten sehr berührt
    »Er zögerte« – Er konnte nicht sofort reagieren
    »Ihre Augen wurden feucht« – Sie war gerührt
    »Seine Halsschlagader trat hervor« – Er war zornig Weitere Bezeichnungen für Emotionen, die sehr häufig verwendet werden, sind: »Sie war überwältigt« – »Er grinste bis über beide Ohren« – »Sie überkam eine Woge aus Dankbarkeit« – »Seine Nackenhaare sträubten sich« – »Ein Schauer lief ihr über den Rücken« – »Seine Schultern bebten« – »Sie sah in ihrem Leben keinen Sinn mehr«
Anregung
Umformulieren
    Diese Liste ließe sich noch weiter fortsetzen. Versuchen Sie einmal, für die Gefühlsbeschreibungen in Anführungszeichen neue Ausdrücke zu finden!
    » Emotionale Klischees« sind abgegriffene emotionale Konstellationen. Dem Motiv liegt oft eine Tradition zu Grunde, die längst nicht mehr unserer Zeit entspricht. Solche Stoffklischees sind an Charaktere gebunden und an die Interaktion zwischen Charakteren. Einige Beispiele:
    Die ewige einzige, wahre Liebe
    Diesem Motiv liegt das Klischee zugrunde, dass wahre Liebe nur mit einem einzigen Menschen möglich ist. Ein Mann und eine Frau entdecken durch ein Schlüsselerlebnis ihre Liebe zueinander oder sie merken, dass sie »füreinander bestimmt« sind. Diese Bestimmung wird auf verschiedene Proben gestellt. Entweder gibt es am Schluss ein Happy End und die Partner finden eine erfüllende Beziehung, oder aber es kommt zur Trennung. Nun trauern sie aber bis an ihr Lebensende umeinander. Der Tod wird zur Erlösung, dem/der Geliebten wieder nahe zu sein. Das Motiv findet sich auch im Beispiel der Frau, die ihr Leben lang auf den einen Mann wartet. Die Verbindung von »wahre Liebe« und »hält ewig« ist ein emotionales Klischee.
    Die große Freiheit
    Zu diesem Klischee gehört das Motiv vom »edlen Wilden«. Hier liegt die unhaltbare Prämisse zu Grunde, dass der von der Zivilisation unverdorbene Mensch ein schlichtes Gemüt, aber einen guten Charakter hat. Karl Mays »Winnetou« oder Daniel Defoes »Freitag« sind die prominentesten Vertreter. Der »edle Wilde« ist oft ein Held zweiter Klasse, der intellektuell etwas unterhalb des Haupthelden steht. Dieser beherrscht die Techniken der

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