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Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Titel: Empfindliche Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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Schutz gesucht. Und wie die da unten wüten können, wissen wir ja alle« – tröstend strich er über das Leder –, »nicht dass es dem Leder was ausgemacht hat, stimmt’s? Zweihundert Jahre im Salzwasser waren genau das Richtige für dich, hmm?«, fuhr er fort, als redete er mit einem Schoßtier. »Die Mineralstoffe in der Umhüllung werden auch ihren Teil beigetragen haben, denk ich mir.«
    Aber wenn Jeb seinen Sermon auch an Suzanna richtete, wusste Kit doch, dass er es war, zu dem er eigentlich sprach – dass es Kits Verwirrung und Ohnmacht und Beklemmung war, mit der er spielte, und, ja, auch Kits Angst, eine wilde Angst, deren Ursprung er im Moment kaum klar zu benennen gewusst hätte.
    »Und verdienen Sie damit Ihren Lebensunterhalt, Jeb?«, erkundigte Suzanna sich. Die Anstrengung schlug jetzt durch und ließ sie dogmatisch klingen. »Vollzeit? Sie machen das nicht schwarz oder im Nebenjob oder finanzieren damit Ihr Studium? Es ist kein Hobby für Sie, sondern Ihr Leben? Das ist meine Frage.«
    Über solch gewichtige Fragen musste Jeb eine Weile nachsinnen. Seine kleinen braunen Augen wandten sich hilfesuchend Kit zu, verweilten auf ihm, ehe sie sich enttäuscht abwandten. Schließlich seufzte er und schüttelte den Kopf, als wäre er uneins mit sich selbst.
    »Na ja, ein paar Alternativen hätte ich wohl schon gehabt, wenn ich drüber nachdenke«, räumte er ein. »Kampfsport? Gut, das machen sie heutzutage alle. Personenschutz vielleicht«, schlug er nach einem weiteren langen Blick auf Kit vor. »Reicher Leute Kinder morgens zur Schule bringen und abends wieder abholen. Sehr lukrativ, heißt es. Leder dagegen« – wieder streichelte er tröstend über die Haut –, »für gutes Leder hatte ich schon immer was übrig, so wie mein Vater auch. Da geht nichts drüber, sag ich immer. Aber ob es mein Leben ist? Leben ist das, was einem unterm Strich bleibt« – und neuerlich starrte er Kit an, noch durchdringender jetzt.
    ***
    Das Tempo schien plötzlich angezogen zu haben, alles steuerte geradewegs auf die Katastrophe zu. Suzannas Blick wurde fahrig. Hektische Flecken waren auf ihren Wangen erschienen. Mit unnatürlicher Geschwindigkeit wühlte sie in den Herrenbrieftaschen, unter der fadenscheinigen Begründung, dass Kit schließlich irgendwann Geburtstag habe. Hatte er, aber erst im Oktober. Als er das einwendete, versicherte sie ihm mit einem überfröhlichen Lachen, wenn sie ihm eine kaufte, würde sie sie schön säuberlich in ihrer Schublade wegschließen.
    »Und die Stickerei, Jeb, ist die von Hand gemacht oder mit der Maschine?«, fragte sie im nächsten Atemzug und griff impulsiv wieder nach der Schultertasche, die sie ganz zu Anfang befingert hatte; Kits Geburtstag schien vergessen.
    »Handgemacht, Ma’am.«
    »Und diese sechzig Pfund, die sind als Verhandlungsbasis gedacht, ja? Ist das nicht etwas sehr teuer?«
    Jeb, wieder an Kit gewandt:
    »Günstiger kann ich’s nicht machen, Paul«, sagte er. »Manche von uns haben zu kämpfen, ohne dynamische Pension und alles.«
    War das Hass, was Kit in Jebs Augen zu sehen meinte? Wut? Verzweiflung? Und was sah Jeb in Kits Augen? Verwirrung? Oder den stummen Appell, ihn vor Suzanna nicht noch einmal Paul zu nennen? Doch Suzanna, ob sie es nun gehört hatte oder nicht, hatte auf jeden Fall genug gehört.
    »Also, ich nehme sie«, erklärte sie. »Sie ist genau das Richtige, wenn ich meine Einkäufe in Bodmin mache, meinst du nicht auch, Kit? Sie ist geräumig, und sie hat sinnvolle Unterteilungen. Schau, sie hat sogar ein kleines Seitenfach für meine Kreditkarte. Eigentlich finde ich sechzig Pfund gar nicht viel dafür. Du, Kit? Nein, natürlich nicht!«
    Und mit diesen Worten tat sie etwas so Unglaubliches, so Aufreizendes, dass es kurzfristig alles andere aus seinem Hirn verdrängte: Sie stellte ihre eigene, völlig brauchbare Handtasche auf den Tisch, nahm, um darin besser nach ihrem Portemonnaie kramen zu können, den Zylinder ab und drückte ihn Jeb in die Hand. Hätte sie sich die Bluse aufgeknöpft, hätte das in Kits aufgewühlter Wahrnehmung nicht provozierender wirken können.
    » Ich zahle, jetzt sei doch nicht albern«, widersprach er so heftig, dass es nicht nur Suzanna erschreckte, sondern auch ihn selbst. Und zu Jeb, der als Einziger unerschüttert blieb: »In bar , nehme ich doch an? Sie akzeptieren nur Bares« – anschuldigend –, »keine Schecks oder Karten oder sonstige Schönheitsmittelchen?«
    Schönheitsmittelchen? – was

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