Empty Mile
Mechaniker, der ein rostiges Stück Bremsleitung zur Begutachtung in die Höhe hielt …
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Kapitel Einunddreißig
In den nächsten zwei Wochen kaufte ich jede Zeitung, die ich in die Finger bekam – den
Oakridge Banner,
die Lokalzeitung von Burton, selbst den
San Francisco Chronicle,
den eines der Geschäfte in Oakridge mit einem Tag Verspätung verkaufte. Der
Banner
brachte in einer Ausgabe eine kurze Meldung über Jeremy Tripps Tod, die Zeitung von Burton brachte im Lauf der Woche zwei kurze Artikel über den Unfallhergang und später über das Opfer, danach nichts mehr. Keine Zeitung sprach von etwas anderem als einem Unfall – es war nur ein weiterer Todesfall auf einer gefährlichen Landstraße. Im
San Francisco Chronicle
wurde der Unfall natürlich überhaupt nicht erwähnt.
Kein Polizist kam nach Empty Mile, um mich zu verhören oder festzunehmen. Die lokalen Rundfunksender brachten keine Berichte über mögliche Fremdeinwirkung, niemand in der Stadt munkelte, dass irgendetwas an dem Unfall faul wäre. Aber ich hatte solche Angst, doch noch erwischt zu werden, dass ich irgendwann nicht anders konnte – ich musste mir Gewissheit verschaffen.
Ich dachte mir, wenn die Polizei jemandem mitgeteilt hätte, dass Jeremy Tripps Tod Fragen aufwarf, dann seiner Lebensgefährtin Vivian. Also fuhr ich am Montag der zweiten Woche nach dem Unfall nach Oakridge und suchte sie in der Lagerhalle von Plantagion auf, unter dem Vorwand, mir ein paar Säcke Blumenerde für Plantasaurus auszuborgen.
Sie hatten die Halle nach Stans Feuer gründlich gesäubert, aber noch lag ein feuchter Brandgeruch in der Luft, und hier und da sah man an den Wänden Rußspuren. Vivian saß am Empfang hinter ihrem Schreibtisch und machte einen gelangweilten Eindruck. Wir plauderten ein wenig, und sie sagte mir, dass sie Ende der Woche als Geschäftsführerin aufhörte. Einer der Mitarbeiter würde das Geschäft übernehmen und leiten, bis irgendwelche Erben eine endgültige Entscheidung trafen.
»Ich habe nur Jeremy einen Gefallen getan. Ohne ihn habe ich keinen Grund, hier zu sein. Ich brauche meine Energie für andere Dinge.«
»Wir haben von dem Unfall gelesen. Was ist passiert?«
Sie zuckte die Achseln. »Das Übliche. Er ist zu schnell gefahren und hat die Kontrolle über den Wagen verloren. Hat sich den Schädel an der Windschutzscheibe eingeschlagen. Wenigstens scheint es schnell gegangen zu sein.«
»Muss ein schwerer Schlag für dich gewesen sein.«
Sie zog die Mundwinkel nach unten und zuckte die Achseln. »Ach, es war nur eine Affäre.« Nach einer Pause fuhr sie fort. »Gareth hat mich gleich angerufen. Er dachte wohl, dass wir uns jetzt wieder zusammentun würden. Dieser Kindskopf.«
»Nicht?«
»Großer Gott, nein. Denk nur an den geplanten Straßenbau. Wir stehen in der Sache in zwei verfeindeten Lagern. Ich meine, ich habe den Stadtrat fast davon überzeugt, das Projekt endgültig aufzugeben. Ich habe eine Menge Unterschriften gesammelt.«
Ich nahm ein paar Säcke Blumenerde mit, um meinen Besuch zu rechtfertigen, und ließ sie weiter die Schubladen ihres Schreibtischs ausräumen.
Und das war’s. Ich war der festen Überzeugung gewesen, dass nach der Nacht im Wald nichts mehr so sein würde wie früher, doch tatsächlich versank sie im Dunkel der Vergangenheit, ohne eine einzige Welle zu erzeugen. Es schien unmöglich, dass man mit so einer monströsen Tat, der Ermordung eines Menschen, ungestraft davonkommen könnte, aber genau so war es. Stan, Marla und ich blieben ungeschoren und konnten unser armes, unglückliches Leben in Empty Mile ungestört weiterleben.
Mein Besuch bei Plantagion zerstreute nicht nur meine Angst vor einer Verhaftung, sondern veranlasste mich auch zu dem Entschluss, Plantasaurus von seinem Leiden zu erlösen. Die Firma hatte solchen Schaden genommen, dass sie nicht mehr zu retten war. Wir hatten zu viele Kunden verloren, unsere Ersparnisse waren aufgebraucht, und wir hatten unseren Pflanzenvorrat immer noch nicht auffrischen können. Da ich jetzt wusste, dass Plantagion auch nach Jeremy Tripps Tod weitermachen würde, wäre es idiotisch gewesen, den Kampf fortzusetzen.
Ich setzte mich mit Stan zusammen und erklärte ihm, dass wir den Laden aufgeben müssten. Er hatte geahnt, dass das kommen würde, und nickte nur und sah zu Boden. Im Lauf der Woche fuhren wir zu Vivian und übergaben ihr die Liste unserer verbliebenen Kunden. Plantagion war unsere Konkurrenz, einer der Gründe,
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