Empty Mile
Er
triumphiert,
er hat sein Ziel erreicht. Warum sollte er ihn dann noch töten? Dafür gibt es keinen Grund. Und wie krank Gareth auch immer sein mag, normalerweise tut er nichts ohne Grund.«
Marlas Überlegungen klangen plausibel, ich konnte nichts dagegen einwenden. Warum sollte Gareth meinen Vater töten? Wenn er durch Pat seine Rache bekommen hatte, wozu den Aufwand betreiben? Darauf wusste ich keine Antwort.
Ich war verunsichert. Marla hatte meine Theorie so vehement und so schnell vom Tisch gefegt, dass ich mir plötzlich sehr einsam vorkam, obwohl wir dicht nebeneinander auf der bequemen Couch vor dem Kamin saßen. Angesichts ihrer Gefühle für Gareth hätte ich eigentlich erwartet, dass sie empfänglicher für meine Überlegungen gewesen wäre. Da sie ihn so sehr hasste, hätte jede halbwegs plausible Erklärung geradezu reflexartig ihre Zustimmung finden müssen, und allmählich beschlich mich das Gefühl, dass ihre Einwände nicht ganz so aufrichtig waren, wie es zunächst den Anschein hatte.
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Kapitel Zweiunddreißig
Unser Goldabbau nahm schon bald Fahrt auf. Gareth nahm eine Hypothek auf seine Hotelanlage auf, woraufhin wir einen Bauunternehmer in Burton anheuerten, der mit Planierrauben und einem Trupp Arbeiter anrückte. Als sie fertig waren, hatten wir einen Streifen aufgewühlter Erde, rund zwanzig Meter breit und zweihundert Meter lang. Die kräftigeren, älteren Bäume auf beiden Seiten unseres verborgenen Flusslaufes blieben stehen und bildeten mit ihren dunklen Stämmen solide Mauern, die der Stelle das Aussehen einer natürlichen Kathedrale verliehen. Der Erdaushub bildete haushohe Hügel am Ende der Wiese. Wenn man von der Blockhütte nach unten sah, wirkten diese Hügel zerklüftet und unheilvoll, als wären sie Vorbereitungen für einen Stellungskrieg, der in Kürze ausgefochten werden sollte.
Wir mieteten uns einen Schaufelbagger. Gareth, der schon einmal Drainagen um seine Hotelanlage herum angelegt hatte, steuerte ihn zwischen den Bäumen hindurch und stellte ihn in der Mitte des freigeräumten Geländes ab. Wir schienen gut gerüstet, um dem Stück Land, das uns reich machen sollte, zu Leibe zu rücken.
Während der gesamten Vorbereitungen ließ Gareth Marla in Ruhe, besuchte Empty Mile nur, um sich zu vergewissern, wie die Arbeiter vorankamen, und betrat die Blockhütte ausschließlich, wenn sie nicht zu Hause war. Aber am ersten Tag, als wir mit Schürfen anfingen, änderte sich das.
Er traf ein, als die Sonne gerade die östlichen Hügel erklomm und der Tau auf der Wiese sich in dünnen Bodennebel auflöste. Marla war noch nicht zur Arbeit gefahren, darum ging ich mit Stan und unserer Ausrüstung hinaus, als Gareth mit seinem Jeep vorfuhr, und hoffte, wir könnten ihn schnappen und gleich mit ihm zum Fluss runtergehen.
Aber Gareth hatte andere Pläne. Er wollte mit uns frühstücken. Als ich ihm sagte, dass das nicht infrage käme, lächelte er und ahmte die Bewegung nach, als würde er ein Rohr schwingen. Mir blieb keine andere Wahl. Wir gingen in die Hütte und nahmen am Tisch Platz. Stan aß eine zweite Schüssel Cornflakes. Gareth trank Kaffee, aß Toast und gab sich übertrieben gut gelaunt.
Wenn Marla durch die Hütte ging, um ihre Sachen für die Arbeit zusammenzusuchen, folgte er ihr mit Blicken und versuchte sie, wann immer er konnte, in ein Gespräch zu verwickeln. Sie antwortete ihm nicht und gab sich große Mühe, so zu tun, als wäre er gar nicht da, aber ich sah ihrem verkniffenen Gesicht und den geröteten Wangen an, dass es ein schwerer innerer Kampf für sie war. Sie ging, ohne etwas zu essen oder sich zu verabschieden. Als sie zur Tür hinaustrat, sah ich etwas in Gareths Augen. Nur einen Moment, aber es entging mir trotzdem nicht – eine gekränkte Zärtlichkeit, eine Sehnsucht nach etwas, das er für immer verloren hatte.
Kurze Zeit später gingen Stan, Gareth und ich die Wiese hinunter und zwischen den Bäumen hindurch zu dem wartenden Schaufelbagger, der nach der Nacht im Freien kalt und vom Tau beschlagen war. Gareth klopfte auf das Motorgehäuse, dann stemmte er die Hände in die Hüften und wandte sich an uns, als wären wir Mitglieder einer Bande.
»Jetzt ist es so weit, Jungs. Packen wir es an.«
Unser Plan sah vor, dass wir mit dem Schaufelbagger die neunzig bis hundert Zentimeter Erde über dem alten Flussbett abtrugen und dann die eigentlichen Ablagerungen darunter aushoben. Wir hatten zwei Waschrinnen, eine aus der Ausrüstung
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