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Empty Mile

Empty Mile

Titel: Empty Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Stokoe
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er arbeitete, in ein großes Marmeladenglas mit Schraubverschluss, das er auf einen Felsen in der Nähe stellte. Die Falter starben unweigerlich, doch das schien Stan nicht zu stören, und er nannte das Glas seinen Kraftgenerator, den er tagsüber häufig einmal berührte, in die Höhe hielt oder sich an die Stirn presste und dabei tief einatmete.
    Wir drei rasierten uns nicht mehr, und da meine Kleidung nach fünf Minuten Arbeit am Fluss sowieso durchnässt und verdreckt war, trugen wir bald Tag für Tag dieselben Sachen, ohne sie zu waschen. Manchmal brachte Stan seinen batteriebetriebenen Kassettenrekorder mit, dann arbeiteten wir zu den Klängen schmalziger Tanzmusik, aber sonst hörte man fast ausschließlich Wasser plätschern, Schaufeln in Sand eintauchen und in regelmäßigen Abständen den Dieselmotor des Baggers.
    Wir bargen täglich mindestens fünf Unzen aus unserem verborgenen Flusslauf. Manchmal sank der Gehalt der Erde ab, dann fanden wir nach mehreren Stunden so gut wie nichts in unseren Rinnen. Aber Gareth musste mit dem Schaufelbagger einfach ein Stück weiter nach links oder rechts ausweichen, und schon stießen wir erneut auf Gold. Auf diese Weise gelang es uns nach und nach, den ursprünglichen Flussverlauf zu rekonstruieren und uns ein ungefähres Bild von der Verteilung des Goldes an seinen Ufern zu machen. Und je klarer unser Bild von dem Fluss wurde, desto mehr stiegen auch unsere Erträge.
    Die ersten zehn Tage arbeiteten wir durch. Danach waren wir so erschöpft, dass wir einen Tag freinahmen, das Gold, das wir bis dahin gesammelt hatten, in einem Tiegel in Gareths Scheune einschmolzen und zu dem Prüfer in Burton brachten. Wir verließen das Büro von Minco mit einem Scheck über etwas mehr als vierzigtausend Dollar. Wir hatten ihnen rund fünfundfünfzig Unzen verkauft, doch sie berechneten eine Kommissionsgebühr, und unser Gold enthielt einen kleinen Prozentsatz an Silber. Damit sank der Preis pro Unze ein wenig, außerdem wurde eine Gebühr für die weitere Veredelung fällig, die das Gold auf die Standardreinheit von 995 bis 999 brachte.
    Das alles kam nicht unerwartet, daher fuhren wir nach Oakridge zurück, wo Gareth selbstzufrieden erklärte, dass wir bei dem Tempo in einem Jahr eine Viertelmillion Dollar verdienen würden. Ich nutzte seine gute Laune und rang ihm die Zusage ab, unsere Arbeitszeit auf die Wochentage zu beschränken und die Wochenenden freizunehmen. Das war nötig, wenn wir nicht an Erschöpfung zugrunde gehen wollten, bedeutete aber auch, dass Marla ihn zumindest an zwei Tagen in der Woche nicht zu sehen brauchte.
    Aber zwei Tage in der Woche reichten Marla da schon längst nicht mehr aus. Seit wir angefangen hatten zu schürfen, befand sie sich in einem Zustand konstanter Nervosität. Wenn sich Gareth irgendwo auf dem Grundstück aufhielt, verkroch sie sich, schloss sich in unserem Schlafzimmer ein und kam nur heraus, wenn sie kurz in die Küche oder zur Toilette oder zu ihrem Auto musste.
    Tatsächlich wurden die Belastungen, die die Arbeit in Empty Mile mit sich brachten, für uns
alle
immer größer und grausamer, sodass es nur noch eine Frage der Zeit zu sein schien, bis alles zusammenbrach – bis Marla Amok lief, Stan sich endgültig in seiner Welt der Falter und Superkräfte verlor und ich mich nicht mehr beherrschen konnte und Gareth zur Rede stellte wegen der Sache mit meinem Vater.
    Die ersten Risse zeigten sich an einem Sonntag im November, als Marla und ich vor dem Kaminfeuer auf der Couch saßen und Kaffee tranken und Bill Prentice anrief.
    Ich hatte nichts mehr von ihm gehört, seit wir den Mietvertrag für die Lagerhalle von Plantasaurus aufgelöst hatten, und die lange Zeit schien den brennenden Zorn, den er auf mich verspürte, ein wenig gemildert zu haben. Vielleicht glaubte er inzwischen auch selbst, dass Gareth die Schuld an dem Video traf. Ich wusste es nicht. Doch am Telefon klang seine Stimme beherrscht und auf eine müde Weise sachlich, als hätte er sich damit abgefunden, dass er sein Leben nie wieder auf den alten Kurs bringen könnte. Er kam ohne Umschweife zur Sache.
    »Der Anwalt, der die Geschäfte meiner Frau geregelt hat, hat mir kürzlich ihre Finanzunterlagen zur Verfügung gestellt.«
    »Okay.«
    »Aus denen geht hervor, dass ein gewisser Ray Richardson eine Zahlung an sie geleistet hat. Wissen Sie was darüber?«
    »Nein.«
    »Das ist doch sonderbar. Er war kein reicher Mann, und es ist eine Menge Geld. Eine

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