Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Empty Mile

Empty Mile

Titel: Empty Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Stokoe
Vom Netzwerk:
»Hi, Rosie.«
    Rosie trat von einem Fuß auf den anderen, als wäre sie müde. »Bist du extra hergekommen?«, fragte sie.
    »Ich wusste nicht, dass du hier wohnst.«
    Millicent sah mit zusammengekniffenen Augen über die Wiese. »Ist das dein Vater da drüben?«
    Stan nickte. »Ja, er hat gerade das Grundstück gekauft.«
    »Oh, ich kenne ihn. Er hätte herkommen und Hallo sagen müssen.«
    Rosie streckte Stan die Hand entgegen. »Du kannst reinkommen, wenn du möchtest.«
    Stan drehte sich um und sah mich erwartungsvoll an. »Geht das klar, Johnny?«
    »Sicher, aber nicht zu lange.«
    Stan und Rosie gingen ins Haus; Millicent winkte mich auf den Stuhl neben sich.
    Sie nahm eine kleine Glaskugel vom Schoß auf. Die Oberfläche war in dreieckigen Facetten geschliffen; als sie auf der Handfläche der alten Frau lag, leuchteten winzige Regenbogen zitternd auf der trockenen Haut. Sie bewegte die Hand ein wenig und lächelte, als die Regenbogen tanzten.
    »Sehen Sie sich das an. Man sollte nicht meinen, dass Licht so viele verschiedene Farben verbirgt, was? Und man muss den Stein nur aus dem richtigen Winkel ansehen. Wunderschön, finden Sie nicht? Meine Rosie hat von Ihrem Bruder gesprochen. Sie tanzt gern mit ihm. Ist er ein wenig behindert?«
    »Er hatte als Kind einen Unfall, aber er ist er nicht behindert.«
    »Nur ein wenig … anders? Rosies ist auch ein wenig anders. Allerdings war es bei ihr kein Unfall. Das Leben hat ihr einfach so übel mitgespielt, bis sie keine Freude mehr daran hatte. Sie lebt bei mir, seit sie neun ist. Heute verdient sie ihr Geld mit Putzen.«
    »Was ist mit ihren Eltern?«
    »Ihre Mutter war heroinabhängig. Abends, wenn sie sich ihre Dosis gespritzt hatte, saß sie gern auf dem Fenstersims und genoss die frische Brise. Sie lebten in einem Mietshaus. Eines Abends ist sie einfach aus dem Fenster gestürzt. Rosie musste es mitansehen. Ihr Vater fing an zu trinken, und nach sechs Monaten stieg er in sein Auto und kam nie wieder zurück.«
    Sie legte die Glaskugeln und den Schal auf einen kleinen Tisch neben ihrem Stuhl und stand auf.
    »Die meisten Leute würden bestimmt sagen, dass es nicht gut ist, wenn jemand wie Stan und Rosie eine Freundschaft anfangen. Von wegen: Das kann doch kein gutes Ende nehmen. Aber in meinem Alter weiß man, dass Glück ohnehin nur etwas Vorübergehendes ist. Wenn sie eine Weile so tun können, als wären sie nicht anders als der Rest der Welt, freut mich das für sie.«
    Sie ging ins Haus; ein paar Minuten später kamen Stan und Rosie heraus.
    »Rosie hat die Stereoanlage eingeschaltet. Wir haben einen Tanz geübt.«
    Stan sah erhitzt und aufgeregt aus. Rosie lehnte sich auf das Verandageländer und ließ den Blick über die Wiese schweifen. Sie seufzte, und es sah aus, als würden ihre Lider schwer.
    »Hörst du den Wind in den Bäumen? Ich kann ihn hören. Manchmal wünschte ich mir, er würde mir so durch den Kopf wehen, damit meine Gedanken sich entwirren. Wie bunte Bänder.«
    Stan sah unsicher drein. »Ich muss jetzt gehen, Rosie.«
    Sie riss sich von der Landschaft los, gab ihm einen Kuss auf die Wange und verschwand wieder im Haus. Stan verabschiedete sich, als die Tür gerade ins Schloss fiel.
    Wir stiegen von der Veranda hinab und liefen zum Auto zurück. Stan war schweigsam; ich fragte mich, ob die ganze Sache zu viel für ihn gewesen sein mochte.
    »Ist alles gut gelaufen? Magst du sie immer noch?«
    »Klar doch. Ich hoffe, sie hält mich nicht für einen Blödi.«
    »Hat nicht so ausgesehen, als sie sich verabschiedete.«
    »Ja, ich weiß! Im Haus, als wir getanzt haben, hat sie mich auf die Lippen geküsst. Davon ist mir ganz schwindelig geworden.«
     
    Mein Vater setzte uns beim Haus ab und fuhr weiter in die Stadt, um noch zu arbeiten. Stan und ich fuhren mit dem Pick-up zum Gartenzentrum und sahen uns die Lagerhalle an, die wir gerade gemietet hatten. Bill Prentice war nicht da, als wir eintrafen, doch Rachel, die Geschäftsführerin, hatte die Schlüssel und eine Empfehlung für einen Pflanzengroßhändler in Sacramento für uns.
    Die Lagerhalle stand seitlich des Gartenzentrums am Ende eines kurzen weißen Kieswegs. Sie bestand aus Wellblech und hatte gleichermaßen gewellte Oberlichter aus Fiberglas auf jeder Seite des Dachs. Vom Eingang aus war die Aussicht so schön wie vom Gartenzentrum selbst – eine Hangwiese, eine Baumreihe, der Fluss auf der anderen Straßenseite und die bewaldeten Hügel bis in die Ferne.
    Stan und ich schlossen

Weitere Kostenlose Bücher