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Empty Mile

Empty Mile

Titel: Empty Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Stokoe
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offensichtlich im Schlafzimmer des Hauses.
    An einem Ende dieses Zimmers lagen Balkontüren hinter zugezogenen Vorhängen, davor ein großes Bett mit weißer Decke und ein großer, weißer Teppich. An einer Wand stand ein Schreibtisch nebst Stuhl, an der anderen ein Großbildfernseher, dessen Bildschirm nur Schnee zeigte, während er ein Geräusch wie Brandung von sich gab.
    Patricia Prentice lag auf der Bettdecke. Sie trug ähnliche Kleidung wie an dem Tag, als ich sie mit meinem Vater gesehen hatte – einen knielangen Rock, eine aprikosenfarbene Bluse, schwarze Ledersandalen, von denen eine von ihrem Fuß gefallen war. Es sah aus, als wäre sie an diesem Morgen aufgestanden und hätte sich besonders schick angezogen.
    Als sie sich auf das Bett legte, hatte sie dies möglicherweise ganz entspannt getan, hatte sie sich mit auf der Brust verschränkten Armen und an den Knöcheln überkreuzten Beinen elegant hingelegt. Vielleicht … doch jetzt sah sie alles andere als entspannt aus. Sie lag zusammengekrümmt auf der Seite, die Kleidungsstücke waren verschoben, als hätte sie einen Fieberanfall gehabt. Ihre Zunge sah geschwollen und dunkel aus und ragte obszön zwischen den gefletschten Zähnen heraus. Eine Lache von milchweiß Erbrochenem überzog ihren Hals und die untere Gesichtshälfte. Die Rückseite ihres Rocks war nass.
    Auf dem Nachttisch neben dem Bett sah ich eine stattliche Sammlung Halcion-Tablettenpäckchen und eine leere Flasche Whiskey. Unter der Flasche lag ein Notizzettel mit einer handschriftlichen Zeile darauf:
Ich habe so lange gewartet, wie ich konnte.
    Als meine Mutter bei dem Autounfall starb, hatte mein Vater darauf bestanden, dass der Sarg geschlossen wurde, um mir und Stan den Anblick ihrer Verletzungen zu ersparen. Ich hatte noch nie eine Tote gesehen, hätte aber jedem versichern können, dass Patricia Prentice tot war und keine Hoffnung auf Wiederbelebung bestand. Dennoch tastete ich an ihrem Hals nach einem Puls. Ihre Haut fühlte sich zu kalt und zu fest an; sie zu berühren, kostete mich Überwindung.
    »Sollen wir Mund-zu-Mund-Beatmung machen, Johnny?« Stan rieb sich mit den Händen hastig über die Brust, seine Stimme zitterte.
    »Sie ist tot. Das würde nichts nützen.«
    »Sie hat sich umgebracht.«
    »Sieht ganz danach aus. Die Tabletten und so.«
    »Arme Frau.« Stans Stimme brach, er wischte sich mit den Handrücken die Nase ab. »Es wird schlimm für Bill.«
    Wir schwiegen eine Weile, bis ich genügend Mut aufbrachte, um zu telefonieren. Als ich gerade nach dem Hörer greifen wollte, stöhnte Stan und hielt sich die Ohren zu.
    »Der Fernseher, das Geräusch ist schrecklich.«
    Neben dem Bett lagen zwei Fernbedienungen auf dem Boden. Ich hob beide auf und drückte die Aus-Taste auf einer davon. Der DVD -Player unter dem Fernseher ging auf. Dem elektronischen Rauschen auf dem Bildschirm folgte Schwärze; es wurde still. Ich drückte auf die zweite Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus.
    »Danke, Johnny. Ich bin ganz wirr im Kopf geworden. Sie muss sich einen Film angesehen haben.«
    Da ich mich fragte, was jemand ansehen mochte, während er sich umbrachte, warf ich einen Blick auf die DVD in der Schublade des Players, aber es handelte sich um eine selbst gebrannte, auf die lediglich ein kleiner Smiley aufgeklebt war. Ich ließ sie, wo sie war.
    »Kann ich rausgehen, Johnny?«
    »Ja, warte draußen. Ich komme gleich nach.«
    Ich griff zum Telefon, rief im Gartenzentrum an, ließ mir Bills Handynummer geben und rief ihn an. Als er abnahm, gab ich mir große Mühe, taktvoll zu sein, aber letztendlich konnte ich es nicht leichter für ihn machen. Er stieß einen Schrei aus und ließ das Telefon fallen. Ich wartete lange, hörte aber nichts mehr, daher legte ich auf und rief die Polizei. Danach ging ich hinaus und setzte mich mit Stan auf einen großen Zierstein am Rand der Einfahrt. Stan sah blass und erschüttert aus. Ich legte ihm einen Arm um die Schultern.
    »Ich verstehe nicht, wie jemand so etwas tun kann, Johnny. Ich verstehe nicht, wie so etwas überhaupt möglich ist.«
    »Sie muss sehr unglücklich gewesen sein.«
    »Können wir nach Hause?«
    »Noch nicht. Wir müssen warten.«
    Stan lehnte sich an mich und legte mir den Kopf auf die Schulter. Ein paar Minuten später hielt Bills BMW SUV mit quietschenden Reifen vor uns. Er sprang aus dem Auto und rannte ins Haus. Sein Gesicht wirkte hager, und er brüllte uns im Vorübergehen an.
    »Wo ist sie? Wo ist

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