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Empty Mile

Empty Mile

Titel: Empty Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Stokoe
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bestimmt etwas wird. Vielleicht sind sie hier, um uns die Kraft zu bringen.«
    »Alter, du machst mir Angst.«
    »Vielleicht sind sie Kraftmagneten.«
    »Stan …«
    »Könnte doch sein, Johnny. Man kann nie wissen.«
    »Das sind keine Magneten, das sind Falter. Insekten.«
    Stan achtete nicht auf mich, sondern hob die Hand zum Licht. Einer der Falter, der eine größere Schleife als die anderen flog, berührte seinen Finger und verweilte einen Sekundenbruchteil, ehe er wieder in seinen irren Orbit einschwenkte. Danach sah Stan eine ganze Weile so aus, als hätte er ein wunderbares Geheimnis entdeckt.
    In dieser Nacht ging er mit seinem Superman-Kostüm zu Bett. Er bat mich, dass ich das Fenster öffnete und das Licht anließ.
    »Ich wünschte, es gäbe einen Mottenmann, Johnny, einen Mottenmann mit Mottenkräften und so. Dann könnte ich mir sein Kostüm zulegen.«
    »Und was für Superkräfte sollte der haben?«
    »Kopfunter an der Decke gehen können? Fliegen?«
    »Ich weiß nicht. Jedes Mal, wenn er ein Licht sieht, müsste er da hinrennen …«
    Stan verdrehte die Augen. Als ich das Zimmer verließ, schaltete ich ganz automatisch das Licht aus, doch er gab einen Aufschrei von sich, und so schaltete ich es wieder ein. Als ich das zweite Mal hinausging, sah er zu der Glühbirne.
     
    Am Morgen, als Marla zur Arbeit gegangen war und Stan und ich uns auf unseren Arbeitstag vorbereiteten, kam die Post. Unter dem üblichen Mist von Supermärkten und vom Elektronikgroßhandel befand sich ein Fensterumschlag. Ich öffnete ihn, während sich Stan oben im Bad die Zähne putzte und sein Haar mit Brylcreem bändigte. Es war ein Formbrief von einer der Banken in der Stadt, an meinen Vater adressiert, und darin stand, dass die Hypothekenrate für das Haus überfällig wäre.
    Zweierlei schoss mir durch den Kopf. Erstens, dass es sich um einen Irrtum handeln musste. Soweit ich wusste, war das Haus meines Vaters schuldenfrei. Als meine Mutter starb, bekam er von der Lebensversicherung genug, dass er die gesamte Schuld etwa ein Jahr vor meiner Rückkehr nach Oakridge abbezahlt hatte. Das hatte er mir in einer E-Mail geschrieben, als ich noch in London war. Das Zweite war die Erkenntnis, dass ich jetzt ganz allein für Stan, für das Haus, in dem er wohnte, sein Essen und seine Kleidung verantwortlich war, ob die Bedrohung wegen der Hypothek nun zutreffen mochte oder nicht … Mein Vater war nicht mehr da, um Stans Überleben in dieser Welt zu gewährleisten.
    Ich rief bei der Bank an und bekam noch am Vormittag einen Termin bei einem Kundenberater. Bevor Stan und ich in die Stadt fuhren, steckte ich noch verschiedene Dokumente in einen Schnellhefter aus Pappe – unsere Kopie der Vermisstenanzeige, die Kontenangaben meines Vaters, seinen Pass, eine Erklärung von Detective Patterson, in der er sein Verschwinden bescheinigte …
    Die Bank war klimatisiert. In dem Kabuff, zu dem man uns führte, stand in einer Ecke ein kleines Aquarium mit einem Goldfisch darin. Stan und ich setzten uns auf Kunststoff-Polsterstühle vor dem Schreibtisch eines Bankangestellten mit einem Namensschild am Hemd, auf dem stand, dass er Kreditberater war und Peter hieß.
    Ich zeigte ihm den Inhalt meines Schnellhefters, um ihm zu zeigen, dass ich ein Recht auf die Informationen hätte, um die ich ihn bat, und als er Patterson angerufen und sich alles hatte bestätigen lassen, überprüfte er ein paar Minuten die Unterlagen in seinem Computer. Stan saß kerzengerade auf seinem Stuhl. Häufig warf er mir besorgte Blicke zu. Er hatte eine Hand auf dem Oberschenkel liegen. Zwischen zwei Fingern hielt er aus irgendeinem Grund eine Streichholzschachtel. Ich sah, dass er sie einen winzigen Spalt geöffnet hatte.
    Peter schaute von seinem Computer auf und machte ein ernstes Gesicht. »Es stimmt, dass Ihr Vater das Haus abbezahlt hatte. Aber vor zwei Monaten nahm er eine Hypothek darauf auf, damit er ein Grundstück an einem Ort am Swallow kaufen konnte, der Empty Mile heißt. Das Haus war die einzige Sicherheit, die er hatte.«
    »Wie viel?«
    »Zweihundertfünfzigtausend Dollar.«
    »Wir schulden Ihnen zweihundertfünfzigtausend Dollar?«
    »Ihr Vater.«
    »Aber er ist verschwunden, möglicherweise lebt er gar nicht mehr. Wie können Sie da erwarten, dass er eine Hypothek zurückzahlt?«
    »Wir sind eine Bank, das ist unser Geschäft. Wir verleihen Geld in der Erwartung, dass es zurückgezahlt wird.«
    »Aber das bedeutet, wir verlieren das Haus.«
    »Es

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