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Empty Mile

Empty Mile

Titel: Empty Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Stokoe
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ist brutal, ich weiß.« Er machte eine kurze Pause und fuhr danach etwas versöhnlicher fort. »Im Grunde geht es der Bank nur darum, dass die Schuld beglichen wird. Uns ist es gleichgültig, ob Ihr Vater die Raten bezahlt oder jemand anderes. Das könnte eine Option für Sie sein. Aber Sie sollten wissen, dass er für die Hypothek eine wesentlich kürzere Laufzeit als üblich gewählt hat – zehn Jahre. Möglicherweise wegen seines Alters. Infolgedessen sind die Raten auch proportional höher.«
    »Wir können unmöglich Zahlungen leisten, ganz gleich, wie hoch sie sind. Auf keinen Fall. Wir haben gerade eine kleine Firma gegründet und so gut wie kein Einkommen.«
    »Besitzen Sie Sicherheiten?«
    Ich wollte gerade Nein sagen, als mir einfiel, dass das Land in Empty Mile jetzt ja de facto mir gehörte. Ich sagte Peter, dass mein Vater es mir überschrieben hatte.
    Er nickte, dachte einen Moment nach und räusperte sich. »Okay. Angesichts der Situation mit Ihrem Vater können wir die Raten sicher ein paar Wochen aussetzen, damit Sie Zeit zum Nachdenken haben. Aber letztendlich läuft es auf eine von vier Möglichkeiten hinaus. Sie leisten die Ratenzahlungen; Sie leisten die Ratenzahlungen nicht, und die Bank lässt Ihr Haus zwangsversteigern; sie leisten die Zahlungen, bis Ihr Vater offiziell für tot erklärt wird, dann können Sie das Haus selbst verkaufen; oder Sie verkaufen das Land in Empty Mile, und wenn es genügend einbringt, zahlen Sie die Hypothek zurück und behalten das Haus.«
    »Herrgott.«
    Stan streckte den Arm aus und zupfte mich am Ärmel. »Wir müssen das Haus behalten, Johnny.«
    Peter zog ein unglückliches Gesicht. »Es ist eine schreckliche Situation. Aber wenn Ihr Vater nicht wieder auftaucht, sind die Möglichkeiten leider einfach begrenzt.«
    Er brachte uns zur Tür. Er öffnete sie und legte mir eine Hand auf den Rücken.
    »Mal sehen, was ich wegen des Aufschubs tun kann.«
    Dann standen Stan und ich wieder auf dem Bürgersteig, in Sonne und Wärme, unter Menschen, die an uns vorübergingen. Stan hob die Streichholzschachtel an die Nase und atmete tief ein.
    »Was ist das?«
    »Wir haben nicht genügend Kraft, Johnny.«
    »Lass sehen.«
    Er gab mir die Schachtel. Ich schob sie etwas weiter auf und sah zwei erschöpfte silber-braune Falter darin.
    »Sei nicht böse auf mich, Johnny, okay? Bitte?«
    Ich machte die Schachtel zu, gab sie ihm wieder, und dann arbeiteten wir einen weiteren Tag in unserer Lagerhalle.

[zurück]
    Kapitel Fünfzehn
    Hätte ich die finanziellen Sorgen nicht gehabt, hätte ich vermutlich Gareths erneute Bitte abgelehnt, eine Prostituierte zu ihrem Freier zu fahren. Plantasaurus kam zwar in Schwung, jeden Tag kamen neue Kunden hinzu, doch die Einnahmen deckten die Unkosten noch lange nicht ab. Unseren Bedarf finanzierten wir aus den schwindenden Reserven, die Stan und ich noch hatten. Hinzu kam die neue Belastung durch die Hypothek. Die Bank gestattete uns, dass wir einen Monat mit den Rückzahlungen aussetzten; bis dahin musste ich entweder die Raten bezahlen oder nachweisen, dass der Verkauf des Grundstücks in Empty Mile eingeleitet war. Als Gareth anrief und mir wieder fünfzig Dollar bot, wäre es dumm gewesen, das Geld abzulehnen.
    Gegen neun Uhr abends stieg ich in den Pick-up und fuhr zu Gareths Motel am Tunney Lake. Stan ließ ich im Wohnzimmer zurück, wo er fernsah. Er sagte, es würde ihn gruseln, zu Bett zu gehen, wenn niemand im Haus war, darum wollte er warten, bis ich wieder da wäre.
    Am See waren nur das Büro und die hinterste Hütte beleuchtet. Als ich vorfuhr, ging die Bürotür auf; Gareth kam auf die Veranda und wartete dort, während ich zu ihm ging. Im Licht der Deckenbeleuchtung sah ich, dass er lächelte.
    »Danke, dass du mir wieder hilfst, Alter.«
    »Kein Problem. Letzte Hütte?«
    Gareth lächelte unablässig weiter, schüttelte jedoch den Kopf. »Nee. Sie ist hier.«
    Er streckte die Hand nach jemandem im Büro aus. Doch wer immer es war, sie zierte sich offenbar, sodass er sich halb umdrehen und mehr Kraft aufwenden musste, damit er sie zur offenen Tür herausziehen konnte.
    Und da erfasste mich ein Gefühl, das ich zuletzt gespürt hatte, als ich Stan vor zwölf Jahren am Seeufer hatte liegen sehen – ein Gefühl, als würde mein Innerstes schlagartig aus meinem Körper entweichen. Im ersten Moment glaubte ich, es würde mir nicht gelingen, auf den Füßen zu bleiben. Denn die junge Frau, die jetzt neben Gareth stand, war

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