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Empty Mile

Empty Mile

Titel: Empty Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Stokoe
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Farbe hat. Von Mittag bis Abend hatte ich sechzig Gramm in der Pfanne. Die Goldkonzentration ist nicht sehr hoch, aber es ist Gold! Es ist Gold! Das Umland bietet hinreichend Anlass für Optimismus. Flussaufwärts sehe ich über den Baumkronen eine hohe Felsformation, wo es ganz sicher Quarzvorkommen gibt. Sie ist stark erodiert und kann ihre Mineralien nur in den Fluss abgegeben haben, der so dicht daran vorbeiführt. Vor mir macht der Fluss eine Biegung; ich sehe den weiteren Verlauf nicht, bin jedoch sicher, dass ich mich an den Ausläufern eines enormen Vorkommens befinde. Und von den Heerscharen, die über dieses Land schwärmen, bin ich der Einzige, der hier schürft. Was wird der morgige Tag bringen? Ich reise weiter. Wenn mir das Glück hold ist, finde ich die Masse dieses Vorkommens. Wenn mir das Glück hold ist.
     
    Und am Tag danach:
    16 . März 1849
    Ein halber Tag Reise, ein halber Tag Auswaschen. Die Erde ist fruchtbarer, und ich spüre die Aufregung, die ein Jäger empfinden muss, wenn er sich seiner Beute nähert. Ich weiß es. Möglicherweise lacht mir schon morgen, ein Stückchen flussaufwärts, das Glück. Glück hatte ich freilich heute Abend schon. Als ich gerade das Abendessen zubereitete, kam ein Trapper des Weges. Zum Glück hatte ich meine Arbeit schon beendet und das Werkzeug außer Sichtweite verstaut. Er reist mit Biberpelzen und Dörrfleisch flussabwärts, und ich denke, er glaubte mir, als ich log, ich wäre auf der Suche nach Land für eine Farm. Ich kaufte ihm etwas Fleisch ab, und wir aßen gemeinsam. Ich bat ihn um eine Beschreibung des Flussabschnitts, der vor mir liegt. Es gebe, sagte er, ein auffälliges landschaftliches Merkmal, das alle kennen, die durch dieses Gebiet reisen, und das nur wenige Stunden von dieser Stelle entfernt liegt – einen ungewöhnlichen Abschnitt des Flusses mit einer ausgeprägten Biegung, die den Namen Cooper’s Bend trägt. Dort sei der Fluss recht breit und träge, sagte er, mit einem Bett aus Kies und Sand. Obwohl ich mich einsam fühle und nach Gesellschaft sehne, war ich froh, als er seine Reise flussabwärts fortsetzte, denn ich hätte meine Euphorie kaum länger verbergen können. Die Stelle, von der er sprach, muss genau die sein, nach der ich gesucht habe. Alles deutet darauf hin. Die Beschaffenheit des Umlandes, die geringe Strömung des Flusses, die Art seines Bettes. Welche Schätze müssen dort verborgen sein! Ich breche bei Morgengrauen auf. Er möchte mit den Männern ins Geschäft kommen, denen ich vor fünf Tagen begegnet bin, und könnte erwähnen, dass er mich hier gesehen hat. Prospektoren sind ein misstrauisches Volk; manche dürften die Geschichte von der Farm leicht durchschauen.
     
    Dieser Eintrag endete am unteren Rand der letzten Seite des Buchs. Die Schilderung hatte mich so sehr gefesselt, dass ich Enttäuschung verspürte, weil er das Ende der Suche nicht zu Papier gebracht hatte. Ich hielt das aufgeschlagene Buch einen Moment in Händen und fragte mich, was aus dem Mann geworden sein mochte, und dabei fielen mir die unebenmäßig gezackten Streifen auf. Es sah aus, als hätte jemand drei Seiten herausgerissen.
    Ich stellte das Buch wieder in das Regal.
    »Die letzten Seiten fehlen.«
    »Tatsächlich? Das ist mir nie aufgefallen. Aber, wie gesagt, ich habe seit Jahren keinen Blick mehr hineingeworfen.«
    »Was ist aus ihm geworden?«
    Sie lachte. »Was aus meinem Ururgroßvater geworden ist?«
    »Ich weiß nicht einmal, wer er war.«
    »Genau. Nach allem, was ich weiß, soll er irgendwann ziemlich vermögend gewesen sein. Aber ob das vom Gold kam oder nicht, kann ich nicht sagen.« Sie sah sich müde in dem Zimmer um. »Ich weiß nur, dass der Wohlstand nicht lange gehalten hat. Unsere Familie lebt hier in der Gegend, seit Nathaniel der Fluss heraufgekommen ist, aber große Sprünge hat niemand von uns machen können.«
    »Haben Sie je von einem Ort namens Cooper’s Bend gehört? Den erwähnt er in seinem Tagebuch.«
    »Ja, aber es leben nicht mehr viele Leute, die die Gegend noch unter diesem Namen kennen.«
    »Wo liegt sie?«
    »Genau hier. Der Abschnitt des Flusses am unteren Ende vom Land Ihres Vaters. Er trug den Namen Cooper’s Bend, bis die Leute ihn irgendwann nur noch Empty Mile nannten – nachdem der Abschnitt leer geschürft war, nehme ich an.«
    Ich lehnte mich auf dem Stuhl zurück und schloss die Augen einen Moment. Ich war in der Hoffnung hergekommen, ich könnte herausfinden, weshalb mein Vater das

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