Empty Mile
Jahre – rechte Winkel, schmucklose, kahle Mauern und Fenster, die einfach nur aus eingepassten Glasscheiben bestanden. Der Boden der Empfangshalle bestand aus grauem Linoleum, das gezeichnet war von dunklen Laufspuren und Abdrücken hier und da, wo man zu lange zu schwere Sachen abgestellt hatte. Ein Ende wurde vollständig von einem Tresen eingenommen. Dahinter war ein schmaler Bereich für Mitarbeiter sowie eine Mauer mit einem großen Rolltor in der Mitte und einer flachen Holztür an der Seite. Hinter dem Tresen hielt sich niemand auf. Überhaupt wirkte die ganze Örtlichkeit so verlassen, als wäre ich mitten in eine Brandschutzübung hineingeplatzt.
Auf dem Tresen sah ich einen Knopf, daneben ein aufgeklebtes Schild, dass Kunden läuten sollten. Ich drückte darauf und hörte irgendwo weit hinter der Wand ein Summen. Eine Minute später öffnete eine dicke Frau mit übergroßer Brille die Tür auf der Seite und ging zu ihrem Arbeitsplatz am Tresen, ohne mich zu beachten. Ich sagte ihr, dass ich etwas von Reginald Singh abholen wollte. Sie kritzelte den Namen mit Bleistift auf einen kleinen Zettel und schlurfte wieder zur Tür hinaus.
Nach einer Weile ging die Tür erneut auf, und ein Mann trat hinter den Tresen. Reginald Singh erwies sich als schlanker Fidschi-Inder. Er trug einen weißen Laborkittel und redete mit einer Stimme, der man anhörte, wie sehr er sich bemühte, jeglichen Akzent zu unterdrücken. Er stellte eine kleine, durchsichtige Plastikphiole vor mir auf den Tresen. Darin erblickte ich ein dünnes Plättchen goldfarbenen Metalls, das zu einem Halbrund gebogen worden war, damit es in das enge Röhrchen passte.
»John Richardson?«
Ich nickte und zeigte ihm meinen Führerschein.
»Ah, gut. Es ist immer schön, wenn man einen Vorgang ordentlich abschließen kann. Würden Sie bitte hier unterschreiben?«
Er öffnete einen Hefter, den er bis dahin unter den Arm geklemmt hatte, und reichte mir ein Formular zur Unterschrift. Als ich es zurückgab, schob er mir die Phiole herüber und lächelte. »Klein, aber fein.«
»Was ist das?«
Reginald Singh sah verwirrt aus.
»Die Probe. Haben Sie den Bericht nicht gelesen?«
»Das ist eine lange Geschichte. Mein Vater ist vor zwei Monaten verschwunden. Ich bin gerade dabei, in mancherlei Hinsicht reinen Tisch zu machen. Sie können gern das Polizeirevier in Oakridge anrufen und es sich bestätigen lassen.«
Reginald Singh sah etwas betroffen drein und schüttelte den Kopf. »Oh, nein, nein, nein. Sie haben sich ja ausgewiesen. Gold, Reinheitsgrad neunhundertdreißig.«
»Pardon?«
Er klopfte mit dem Zeigefinger gegen die Phiole. »Wir haben eine Probe Konzentrat erhalten – eine Mischung aus schwarzem Sand und Feingold, die die meisten Prospektoren mühelos durch Waschen zusammenbekommen. Die Aufgabe lautete, die Reinheit des enthaltenen Erzes zu bestimmen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das zu bewerkstelligen – Ionenanalyse, Fluoreszenzspektrometrie. Aber bei kleinen Proben ist die Feuerprobe meist ausreichend und für private Prospektoren auch am erschwinglichsten. Sie gilt als so akkurat wie jede andere Methode auch. Dieser Methode haben wir die Probe Ihres Vaters unterzogen. Wir haben den Gehalt – die Reinheit – dieser Probe mit neunhundertdreißig rein ermittelt.«
»Und das bedeutet?«
»Gold findet man stets in einer Legierung mit einer gewissen Menge Silber und anderen Metallspuren. Die Feinheit von Gold misst man auf einer Skala von null bis tausend. Als wir das Metall vom schwarzen Sand getrennt hatten, stellten wir durch unsere Messung fest, dass der Gehalt an reinem Gold bei neunhundertdreißig von tausend Teilen lag. Das entspricht etwa dem Durchschnitt der angespülten Goldvorkommen in Kalifornien.«
Ich nahm das Röhrchen und drehte es zwischen den Fingern, sodass das kleine Goldplättchen im Licht funkelte. »Also ist da auch Silber mit drin?«
»Nein, das ist reines Gold. Nach der Feuerreduktion lösen wir den Silbergehalt mit einer fünfzigprozentigen Salpetersäurelösung auf. Wir wiegen die Probe davor und danach, womit wir den Prozentsatz an Fremdmetallen bestimmen können. Kann ich Ihnen sonst noch helfen?«
»Erinnern Sie sich noch an den Besuch meines Vaters bei Ihnen?«
»Wie meinen Sie das?«
»Nun, hat er etwas über die Probe gesagt, woher er sie hatte? Hat er eine Bemerkung gemacht, oder ist Ihnen sonst etwas im Gedächtnis geblieben?«
»Oh, ich habe nicht mit Ihrem Vater gesprochen, ich habe nur
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