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Empty Mile

Empty Mile

Titel: Empty Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Stokoe
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die Analyse durchgeführt. Einer meiner Kollegen hat den Auftrag angenommen. Ich kann ihn holen, wenn Sie möchten.«
    Ich sagte, das wäre nett, woraufhin Reginald Singh in den Haupttrakt zurückkehrte. Kurze Zeit später erschien ein junger Mann mit blondem Haar, das er schon länger nicht mehr gewaschen hatte. Bevor er etwas sagte, legte er einen durchsichtigen Plastikbeutel, der offenbar Sand und Kies enthielt, auf den Tresen.
    »Das gehört noch Ihnen. Ich bin noch nicht lange hier, und als Ihr Vater …« Er sah mich fragend an; ich nickte. »Als Ihr Vater hierherkam, brachte er uns die Probe, die Sie bereits haben, um sie auf ihre Reinheit prüfen zu lassen. Und er brachte uns das hier«, er nickte zu dem Beutel, »um den prozentualen Anteil des Vorkommens zu ermitteln. Ich habe sie aus Versehen angenommen. Wir untersuchen keine Proben, die nicht wenigstens auf Konzentrat raffiniert wurden. Meine Schuld, tut mir leid.«
    »Wissen Sie, ob er erwähnte, woher diese Proben stammen?«
    »Ein heikles Thema bei Prospektoren. Die hüllen sich da gern in Schweigen. Wenn man Gold findet, erzählt man natürlich keinem, woher es stammt. Nein, er hat nicht gesagt, woher er die Probe hatte. Das hier«, er zeigte auf die Tüte, »sieht nach Flussgeröll aus.«
    »Hat er sonst noch etwas gesagt – irgendwas?«
    »Ich erinnere mich nur noch, dass ein anderer Mann dabei war, etwa in Ihrem Alter. Daran erinnere ich mich deshalb, weil der junge Mann etwa eine Woche, nachdem Ihr Vater die Proben abgegeben hatte, wieder herkam und sie mitsamt den Ergebnissen abholen wollte. Aber Ihr Vater hatte den Antrag allein unterschrieben, daher durften wir ihm aus rechtlichen Gründen nichts sagen und schon gar nicht die Proben mitgeben. Er war deswegen ziemlich sauer.«
    Ich zeigte ihm das Foto von Gareth in meinem Handy. »Ist er das?«
    »Das ist er.«
    Im Pick-up verstaute ich das Röllchen in der Tasche und warf den Beutel mit der Erde auf den Beifahrersitz. Am Spätnachmittag traf ich in Oakridge ein und holte Stan in der Lagerhalle ab. Als er den Beutel mit dem Flussgeröll sah, hatte er tausend Fragen. Ich zeigte ihm das Goldplättchen, erzählte ihm während der Fahrt alles über die Proben und versuchte, seine sofortige Schlussfolgerung zu entkräften, dass mein Vater eine Goldmine gefunden hätte.
    Wir wollten den Abend bei Marla verbringen, um zusammen zu essen und um Marla zu helfen, die restlichen Sachen zu verpacken, bevor sie nach Empty Mile zog. Aber vorher fuhr ich noch in dem Maklerbüro vorbei, wo mein Vater gearbeitet hatte, um mich für den Geschenkkorb zu bedanken. Während der Fahrt hatte Stan den Beutel mit der Probe auf dem Schoß, die er einmal herumdrehte und glatt strich. Ich hörte, wie er einen kleinen Freudenschrei ausstieß, drehte mich zu ihm um und sah, wie er auf einige kleine, verblasste rosa Blütenblätter in der Erde zeigte.
     
    Das Maklerbüro befand sich, wie fast alle Geschäfte in der Altstadt, in einem umgebauten zweigeschossigen Holzhaus, das im neunzehnten Jahrhundert vielleicht eine Stadtvilla oder eine Art Kaufhaus gewesen war. Ein großes Schaufenster mit Fotografien von Immobilien im Raum Oakridge zierte die Vorderseite. Ich kannte Rolf Kortekas, den Inhaber, gut genug, dass ich einfach so reinschneien und Hallo sagen durfte. Er war Holländer und als Kind in die Staaten gekommen – ein Einwanderer, wie mein Vater. Doch im Gegensatz zu meinem Vater hatte er es gewissermaßen zu etwas gebracht. Ich ließ Stan im Wagen sitzen und ging hinein.
    Rolf war an diesem Nachmittag allein im Büro. Als ich eintrat, stand er von seinem Schreibtisch auf und breitete die Arme aus.
    »Johnny. Mein Gott, was soll ich sagen? Kann ich dir irgendwie helfen? Setz dich, setz dich!«
    Ich sagte ihm, dass ich nur gekommen war, um mich für das Geschenk zu bedanken. Wir unterhielten uns ein paar Minuten über meinen Vater und dessen Verschwinden; danach fragte ich Rolf, ob er sich erklären könne, weshalb mein Vater das Land in Empty Mile gekauft hatte.
    »John, ich habe deinen Vater immer sehr geschätzt. Aber ich kann nicht sagen, dass ich ihn gut kannte, obwohl er so lange für mich gearbeitet hat. Ich weiß, dass er das Grundstück gekauft hat, habe aber keine Ahnung, warum. Dein Vater gehörte nicht zu den Leuten, die andere ins Vertrauen ziehen.«
    Das Büro war so dekoriert, dass es einem Grundstücksamt um die Jahrhundertwende glich. Die Holzwände waren in einem erdigen Braunton gestrichen, an denen

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