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Ende einer Welt

Titel: Ende einer Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Anet
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er ins Land gekommen? Denn ein Fremder war er sicher. Und wo verbarg er
sich?
    No blickte grübelnd auf den schicksalsschweren Fund.
Ein Unbekannter war da, vielleicht ganz in der Nähe,
vielleicht dort im Schilf, aus dem er gleich auftauchen konnte, um sein
Eigentum zurückzufordern ... No überlief ein kalter
Schauer.
    Am gleichen Abend brachte er seinen Fund dem
Häuptling. Boro und die Weisen, die sich mit den Alten
berieten, prüften ihn eingehend. Sie gelangten aber zu keinem
befriedigenden Ergebnis. Gleich No waren auch sie alle in
höchstem Maße von dem Gedanken beunruhigt,
daß fremde Menschen in ihrem Tale aufgetaucht sein
könnten. Man hatte hier im Frieden unter Menschen der gleichen
Rasse, deren Neigungen und Überlieferungen den eigenen
ähnlich waren, gelebt. Sollte diese Harmonie gestört
werden?
    Nach reiflicher Überlegung entschied Boro,
daß No mit drei anderen jungen Männern das Land den
Fluß entlang bis zu seiner Quelle ausforschen sollte. Er
wählte die besten Läufer des Stammes, denn wenn die
Notwendigkeit sich ergeben sollte, mußten sie sicher sein, in
der Flucht ihr Heil zu finden. Wenn sie aber nur auf vereinzelte
Unbekannte stießen, dann sollten sie trachten, deren Herkunft
und Absichten zu erfahren, größeren Ansammlungen
sollten sie ausweichen und jedenfalls so rasch als möglich
zurückzukehren, um über ihre Wahrnehmungen zu
berichten.
    Am nächsten Morgen schon brachen No und seine
Gefährten auf, und nicht gering war begreiflicherweise die
Erregung, mit der sie dem Verlauf dieser Expedition entgegenblickten,
die mit ihren gewohnten Jagdzügen so gar keine
Ähnlichkeit hatte. Ihren Frauen hatten sie von der Mission,
die ihnen anvertraut war, nichts gesagt. Bei den Leuten am Flusse
wurden bedeutsame Angelegenheiten nur zwischen Männern
besprochen.
    Der Morgen war klar und heiter. Sie folgten dem linken
Flußufer und achteten, während sie das taufrische
Gras niedertraten, wohl darauf, daß ihr Schatten kein dorniges
Gebüsch traf, das ihn hätte zerreißen
können. An diesem ersten Tage erfuhren sie nichts von ihnen,
die sie treffen sollten. Männer und Frauen, denen sie
begegneten, führten ihr geregeltes tägliches Leben,
ließen nichts als Klagen über das immer seltener
werdende Wild und über das Ausbleiben der Renntiere
hören. Nachts fanden sie bei ihnen bekannten Leuten ein Obdach.
    Zwei Tage noch folgten sie dem Flußlauf. Die
Landschaft zeigte jetzt einen geänderten Charakter. Das Tal
wurde offen, flach, unbewohnt. Es bot keinen Versteck. Sie begegneten
keinem Menschen. So weit von den Ihren entfernt, fühlten sie
sich beunruhigt. Nachmittags jagten sie lange ohne Erfolg. Erst gegen
den Abend bemächtigten sie sich nach vieler Mühe
eines wenige Monate alten Fohlens.
    Um es zu verzehren, ließen sie sich unweit des
Flusses am Fuße eines hohen Felsens nieder. Zur Linken
schützte sie ein Sumpf. Sie zündeten Feuer an und
beschlossen, da die Stelle sicher schien, die Nacht hier zu verbringen.
Schon wurde es dunkel, und sie unterhielten sich noch mit leiser Stimme
beim Flackern brennender Scheite. Als sie verstummten, lag eine
große, ganz ungewohnte Stille um sie, die nur das
Geräusch des Windes im Schilfe unterbrach. Die Luft lag wie
zusammengeballt über ihnen. Eine Eule und ein
Käuzchen beschrieben, vom hellen Schein der Flammen angelockt,
ihre Kreise hoch in der Luft und ließen sich manchmal fast auf
die kauernden Jäger fallen. Erschrocken flohen sie dann und
ihre klagenden, kurz abbrechenden Rufe klangen durch die Nacht.
    Die jungen Leute liebten diese Schreie der Eulen nicht, sie
hatten etwas zu Menschliches. Sicher hatten unglückliche
menschliche Seelen die Körper dieser Tiere zur Wohnstatt
erwählt und zwangen sie des Nachts, wenn alle anderen
Vögel des Waldes in den Zweigen der Bäume schliefen,
klagend durch das Dunkel zu kreisen. Die Bärensöhne
schonten diese Nachtvögel in abergläubischer Scheu,
und wenn sie aus dem Dunkel ihre lauten Stimmen vernahmen, so war es
ihnen ein sicheres Zeichen, daß böse Ereignisse
bevorstanden.
    No tauschte mit seinen Gefährten nur noch knappe
Worte. Die Pausen ihrer Gespräche wurden immer
länger, gerne hätten sie die Nacht schon
überstanden gehabt. Um rascher dem hellen Tag entgegenzugehen,
schlüpften sie in ihre Schlafsäcke, die
Müdigkeit überwand schließlich ihre Unruhe,
und sie versanken in tiefen Schlaf.
    Noch aus dem ersten

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