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Ende einer Welt

Titel: Ende einer Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Anet
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Kräuter, denen man eine Schicht
in Fett getränkter Flechten unterlegte. An Pflöcken
aufgehängt wurden Fische über dem Feuer
geräuchert, die im Hintergrunde der Hütte angesammelt
als Vorrat für die schwere Winterszeit dienten. In der
heißen Asche des Feuers wurden genießbare Wurzeln
aufbewahrt.
    An den Wänden der Hütte sah man allenthalben
urwüchsig, aber gut gezeichnete und durch Farben belebte
Nachbildungen von Tieren, denen plastische Wirkung durch die
außerordentlich kunstreiche Ausnutzung der Vertiefungen und
Erhebungen des Felsens gegeben war. Hier und da war ein kleineres
Tierbild in den Felsen selbst eingeschnitten. Unter diese Bilder
befestigte man Opfergaben, um das dargestellte Tier in guter Stimmung
zu erhalten. Vor einem Bison hing ein Büschel Gras und
Würmer vor dem offenen Rachen eines Lachses.
    Ein Bächlein, das einer Höhle entsprang,
rieselte den Fels entlang. Die Einwohner hatten es in fünf
kleine Kanäle abgeleitet, die an den Hütten
vorbeiflossen, und vor jeder Wohnung waren diese Kanäle zu
einem in die Erde gegrabenen Becken verbreitert, das stets von frischem
Wasser durchspült wurde.
    Der Boden der Terrasse war mit Knochen und Asche in halber
Fußhöhe bestreut. Wolken von Staub aufwirbelnd,
sprangen hier die kleinen Kinder umher und suchten emsig nach
Holzstückchen, die sie ins Feuer warfen. Die
größeren waren in den nahen Wald gegangen, um
Tannenzapfen zu sammeln. Andere wieder brachten Zweige, die sie
längs der Felswand zu Stößen aufschichteten.
All dies ging natürlich nicht ohne Zank und Streit, Raufen und
Schreien ab, auch nicht ohne Püffe, mit denen ungeduldige
Mütter ihre Kinder bedachten. Doch auch Lachen und Spielen gab
es, Zärtlichkeiten und Scherze. Immerhin legten die Kinder
einen gewissen Ernst in diese Arbeit, der zeigte, daß sie sich
bewußt waren, dem gemeinsamen Wohl zu dienen.
    Mütter und Töchter saßen vor ihren
Hütten und waren damit beschäftigt, Pelze zu
bearbeiten und Felle für Kleider zuzuschneiden. Zum
Nähen verwendeten sie getrocknete Pflanzenfasern oder auch die
feinen Nervenstränge von Tieren, die erlegt worden waren, um
gegessen zu werden, und fädelten sie in kleine,
äußerst dünne Knochennadeln. Darum
mußte auch jedes Loch zuerst mit einem Steinpfriem in das Fell
gebohrt werden, bevor der Faden mit der dünnen Nadel
durchgezogen werden konnte. Die Arbeit ging auf diese Weise nur langsam
vorwärts, aber die Zeit hatte ja keinen Wert: Was heute nicht
fertig wurde, überließ man unbekümmert dem
nächsten Tag, und der bloße Gedanke, sich zu eilen,
wäre diesen Matronen ganz und gar unverständlich
gewesen.
    Andere Frauen richteten das Fleisch und die Kräuter
für die Mahlzeit her. Wieder andere zermahlten in
ausgehöhlten Steinen die schwarzen und roten Farben, die in
großer Menge verbraucht wurden, sei es für die
Wände der Hütten, für die Darstellungen der
Tiere auf den Felsen, oder um Gesicht und Körper bei den
zahlreichen Festen zu bemalen, zu denen die Mitglieder des Stammes sich
versammelten.
    Während Frauen und Mädchen arbeiteten,
blieben die Männer untätig am Rande der Terrasse
oder, wenn es kalt war, in der Nähe des Feuers sitzen. Sie
wachten nur über den guten Zustand ihrer Waffen, der Beile und
Spieße, Harpunen, Pfeile und Speere. Sie besuchten die
Nachbarn, um Angelegenheiten des Stammes mit ihnen zu besprechen, oder
sie waren im nahen Wald beschäftigt, Fallen auszulegen. In der
schlechten Jahreszeit faulenzten sie auf diese Art zwischen zwei
ausgedehnten Jagdzügen, von denen sie vollkommen
erschöpft, aber mit reicher Beute zurückkehrten, die
ihren Familien für mehrere Tage Nahrung bot.
    Seit undenklichen Zeiten bewohnte der Stamm diesen Talwinkel,
dessen zahlreiche, von der Natur selbst in die Felsen gegrabene
Schlupfwinkel sicheren Schutz gegen Kälte und Wind, Schnee und
Regen boten.
    Die ältesten Überlieferungen von Generation
zu Generation, in gleichen Ausdrücken vererbt, an denen man
nicht wagte, auch nur ein Wort zu ändern, gaben verwirrten
Bericht von einem früheren Leben in weit entfernten
Ländern, »in denen heiße Sonne
brannte«. Dann kamen große klimatische
Umwälzungen, und die Kälte zwang zur Flucht gegen
Süden »quer durch trostlose Länder, ohne
Bäume, durch Schnee und Eis, wo man oftmals gezwungen war,
mangels anderer Nahrung – schmachvoll unverwischbare
Erinnerung! – Ratten zu essen«. Der

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