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Ende einer Welt

Titel: Ende einer Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Anet
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den Augen des versammelten Stammes
abgespielt, und die Haltung der Menge bewies, daß sie alle,
Männer, Frauen, Mädchen und selbst die Kinder,
begriffen hatten, daß sie Zeugen eines ganz
unfaßbaren, mit allen bisherigen Erfahrungen unvereinbaren
Auftrittes gewesen waren. In das Schweigen, das sich beklemmend
über das Land gesenkt hatte, dröhnten die Stimmen der
Weisen, die von der Häuptlingsterrasse ihre
Beschwörungsformeln herabbrüllten.
    Doch die drei fremden Jäger schienen dies in keiner
Weise auf sich zu beziehen. Unbekümmert um die Erregung, deren
Ursache sie waren, hatten sie sich auf einen Stein gesetzt, und ihre
Hunde lagen müde und satt neben ihnen im Grase. Mit
aufmerksamen Augen betrachteten diese Männer das Tal, das sie
nie vorher betreten hatten, mit kundigen Blicken prüften sie
die Hütten unter dem natürlichen Schütze der
sie überdachenden Felsen. Feindselige Absichten lagen ihnen
vollkommen ferne und, ihrer Kraft bewußt, kamen sie gar nicht
auf den Gedanken, daß dieses Volk sie als fremde Eindringlinge
mit grimmigen Gefühlen betrachten könnte.
    Allerdings jagten sie in einem Lande, das nicht ihnen
gehörte, aber ihr Schicksal wollte, daß sie darin dem
Beispiel ihrer Väter und Ahnen folgten. Seit längst
vergangenen Zeiten hatten diese mit ihren Frauen, ihren Kindern und
ihren Hunden das angestammte Gebiet verlassen, um in die Richtung der
sinkenden Sonne zu ziehen. Ihre Überlieferungen, die nicht
weiter als auf fünf, sechs Generationen
zurückreichten, berichteten, daß sie ihr
schönes und lange Zeit gastfreundliches Land hatten verlassen
müssen, weil die Vegetation zufolge böser
Einflüsse, deren Ursache man nicht kannte, allmählich
abstarb, und die einst üppigen Wiesen, auf denen Bisons und
Pferde gegrast hatten, sich in Sandwüsten verwandelten.
Seither führten sie auf der Suche nach günstigerem
Klima und wildreichen Jagden ein Nomadenleben.
    Durch weite, verödete Länder, die im Winter
vereisten und im Sommer von glühender Hitze versengt wurden,
waren sie gezogen. An Berge waren sie gestoßen, die bis zum
Himmel aufzuragen schienen, und die Ufer unüberwindlicher
Meere hatten ihre Schritte gehemmt. Manchmal verweilten sie ein volles
Menschenleben in günstiger Gegend, oft blieben sie nur einen
Monat lang in wüstenartigen Landstrichen. Und endlich war
dieses Volk, auf dreitausend Köpfe zusammengeschrumpft, bei
den Leuten vom Flusse, an den Grenzen der Welt, angelangt.
Unmöglich war es, noch weiterzugehen! Sümpfe sperrten
den Weg gegen Westen. So blieben sie in diesem Lande, dessen Klima
ihnen zusagte, und in dem sie Wild in ausreichender Menge fanden.
    Sie waren friedliebende Leute und suchten stets jeden Zwist
mit den Völkern, durch deren Gebiet sie zogen, zu vermeiden.
Vergossenes Blut verlangt nach steter Vergeltung. Im übrigen
war die Erde groß genug und wenig bevölkert. Jeder
konnte genügend Nahrung finden.
    Sie hielten sich für besser als alle anderen von der
Jagd lebenden Völker und bewiesen ihre Überlegenheit,
indem sie ihre gezähmten Hunde zeigten.
    Aus welcher Zeit aber stammte diese Eroberung der Tierwelt,
sicherlich die wertvollste, die dem Menschen jemals gelungen ist?
Keiner der Lebenden hätte dies sagen können. Die
heilige Überlieferung des Volkes versicherte, daß die
Seele des Stammvaters, eines Mannes von unerreicht gebliebener
Güte, nach dessen Tode den Körper eines
großen Hundes als Aufenthalt gewählt habe. Doch
erstaunlich war, daß dieser Stammvater, statt seinen
ehemaligen Untertanen zu schaden – wie es leider nur
allzuoft, trotz aller Versuche, die rachsüchtigen Seelen der
Abgeschiedenen zu versöhnen, der Fall ist! –,
gewillt war, ihnen aufs beste zu dienen. Einzig dastehend war ein
solcher Fall in der Geschichte der Völker, und die Leute vom
Hochtal – so nannten sie sich zur Erinnerung an ihre Heimat
– waren darauf nicht wenig stolz.
    In seiner neuen Gestalt hatte sich der Stammvater den Befehlen
jener unterworfen, deren Blutsbruder er blieb. Nachts bewachte er ihren
Schlaf, und warnte sein Bellen sie vor Feinden. Seiner einstigen
Beschäftigungen und Freuden gedenkend, begleitete er sie auf
die Jagd und trieb ihnen das Wild zu, oder er bezwang es im Wettlauf.
Zum Dank duldete man ihn beim Herdfeuer. Man behandelte ihn als Freund,
und er bewies seine Dankbarkeit und Liebe durch Sprünge,
Gebärden der Ergebenheit, durch den Blick, durch die

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