Ende Gelände
Schädeln und Knochen besteht. Die Kirche versprüht einen schauerlichen gotischen Scharm: Erbaut im 15. Jahrhundert, wurde sie später von einem halb blinden Mönch mit ausgegrabenen Überresten aus dem benachbarten Friedhof gefüllt. Die gegenwärtige Einrichtung stammt aus dem späten 19. Jahrhundert, als ein örtlicher Holzschnitzer das in die Jahre gekommene Interieur renovierte, wobei er verspielte Schädelketten, kunstvolle Wappen aus Arm-, Bein- und Rippenknochen und einen riesigen Kronleuchter schuf, der jeden einzelnen Knochen des menschlichen Skeletts enthält. Sedletz beherbergt bereits 40 000 Dauergäste und ist eine beliebte, aber doch exklusive Wahl für diejenigen, die gern gesehen werden.
BERÜHMTE LETZTE WORTE
»Das ist nicht Hamlet, wissen Sie. Es soll nicht in mein verdammtes Ohr!«
Eine passende, wenn auch verärgerte Bemerkung von einem der berühmtesten Shakespeare-Schauspieler, LAURENCE OLIVIER (1907–1989), als ihm seine Krankenschwester versehentlich Wasser über das Gesicht schüttete, als sie ihm etwas zu trinken geben wollte. Er bezieht sich dabei natürlich auf den Tod des alten Königs Hamlet, der von seinem Bruder ermordet wurde, indem dieser ihm im Schlaf Gift ins Ohr träufelte.
LASS SIE LACHEN
Wenn träges Trauern das Letzte ist, was Sie wollen – oder vielmehr, wenn es nicht das Letzte ist, was Sie wollen –, dann wäre vielleicht der Fröhliche Friedhof im rumänischen Sapanta etwas für Sie. Hier werden Szenen aus dem Leben der Verstorbenen auf handbemalten Grabsteinen in lebendigen Cartoons und bunten Reimen dargestellt. Die Devise der Gemeinde ist, dass man mit dem Tod die großartigen Dinge feiert, die danach auf einen zukommen. Da einem hier nie langweilig wird, überrascht es nicht, dass sich Sapanta zu einem beliebten Ziel für Tagestouristen und Verstorbene gleichermaßen entwickelt hat.
»Der frühe Vogel überfrisst sich und stirbt.«
JAMES THURBER, SCHRIFTSTELLER UND HUMORIST
DEM ALLTAG ENTFLIEHEN
Für Freunde der Abgeschiedenheit: Ihre Suche endet hier. Die abgeschiedenen Inseln von Tristan da Cunha (Bevölkerung: 260) sind der entlegenste bewohnte Ort der Erde und liegen in der Mitte des gigantischen Atlantischen Ozeans zwischen Afrika und Südamerika. Ausgeprägte Misanthropen sollten sich auf die zum Archipel Tristan da Cunha gehörende »unzugängliche« Inaccessible Island bringen lassen; doch leider bietet die Insel, wie der Name bereits vermuten lässt, keine offizielle Beerdigungsmöglichkeit. Besser, man macht seinen Frieden mit den sieben einheimischen Familien auf Tristan da Cunha und mit ihrem kleinen Friedhof auf der Hauptinsel The Settlement. Wem es gelingt, einen der heiß begehrten Plätze am Rande des Friedhofs zu ergattern, erwartet eine spektakuläre Aussicht auf den Ozean.
LOCKER BLEIBEN
Sind Sie mutig genug, mit den Igorot auf den Philippinen abzuhängen? Nur die härtesten Extremsportenthusiasten sollten sich für ein Grab im abgeschiedenen Echo Valley in Sagada entscheiden, wo die Särge nicht begraben, sondern an steilen Kalksteinwänden so hoch wie möglich aufgehängt werden. In einer seit mehreren Jahrtausenden bestehenden altehrwürdigen Tradition bauen sich die, die das eigene Ende nahen fühlen, einen stabilen Sarg, der dann – wenn es so weit ist – zwischen die anderen Mitglieder der Gemeinde hochgezogen wird. Die Igorot mögen abgeschieden leben, aber sie kennen das Motto der Immobilienscouts (»Die Lage ist alles«) und haben diesen haarsträubenden Markt wegen seiner Nähe zum Himmel erobert. Da der Zugang zum Echo Valley den Bewohnern vorbehalten ist, sind die Verbrechensstatistiken außerdem beneidenswert niedrig.
AUF ZUM LITERATURSALON
Bücherwürmer verbringen wahrscheinlich Stunden damit, sich die himmlische Zeit im Literatursalon nach dem Leben auszumalen. Sie überlegen, welche geschätzten Autoren sie mit Bonmots blenden und welchen sie mit treffenden Spitzen den Wind aus den Segeln nehmen. Nun, ihr Bibliophilen, der beeindruckendste Buchclub der Welt existiert wirklich, und zwar im Highgate Cemetery in London. Sobald man in den erlesenen Kreis dieses Friedhofs aufgenommen wurde, kann man mit George Eliot scherzen, mit Beryl Bainbridge plaudern, mit den Rosettis und mit Radclyffe Hall schwadronieren, mit Douglas Adams und den Liebsten von Charles Dickens die Gedanken schweifen lassen – und sogar den großen Bartträger Karl Marx höchstpersönlich treffen. Die Alteingesessenen sind eine umgängliche Truppe,
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