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Ende (German Edition)

Ende (German Edition)

Titel: Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Monteagudo
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schnüffelt daran und beißt schließlich vorsichtig, fast ängstlich hinein, als bemühe er sich, möglichst kein Aufsehen zu erregen.
    «Windhunde sind eine merkwürdige Rasse», sinniert Amparo.
    Das gräuliche Tier ist schlank, sehnig, hat eine spitze Schnauze, ein gewölbtes Rückgrat, einen breiten, kugelförmigen Brustkasten und flachen Bauch. Der lange, fadenförmige Schwanz ist scheu zwischen den Beinen versteckt, schmiegt sich an den Bauch.
    «Das ist ein Rennhund!»
    «Die sind größer, als ich dachte.»
    «Da ist noch einer!»
    Weil sie abgelenkt waren, haben sie den zweiten Hund nicht bemerkt, der geräuschlos herangeschlichen ist und sich neben seinen fressenden Artgenossen gestellt hat. Er ist von gleicher Rasse, gleicher Statur, weist die gleichen Merkmale auf. Nur sein Fell ist anders: bräunlich, fast ockerfarben. Sanft und scheu nähert er sich dem Sandwich, aus dem der andere Stücke herausbeißt. Plötzlich schnappt er sich – wie unbeabsichtigt, wie nebenbei, mit einer fließenden Bewegung – ein mittelgroßes Stück, das auf den Boden gefallen ist. Der andere Hund gibt seine Zurückhaltung auf, sträubt das Fell, knurrt leise, fletscht die Zähne.
    Der zweite Hund weicht zurück, bleibt einige Schritte entfernt stehen, erwartungsvoll, begierig auf einen weiteren Bissen, darauf lauernd, dass noch einmal etwas für ihn abfällt. María und Ginés haben ihre Fahrräder wieder an die Zapfsäulen gelehnt, Amparo steht einige Schritte entfernt. Alle drei betrachten die Szene schweigend, fasziniert von der seltsamen Anatomie der Tiere, von ihrer extremen Schlankheit, die etwas Stilisiertes, fast schon Groteskes hat, fasziniert auch von der wiegenden Leichtigkeit ihrer Bewegungen.
    Da zieht etwas am Rand ihres Blickfelds ihre Aufmerksamkeit auf sich: ein weiterer Windhund, diesmal ein schwarzer, der die Pfoten auf den Rand des Mülleimers gestützt hat. Mit seiner schmalen Schnauze durchwühlt er ausgehungert die Reste. Die Art, sich zu recken, die Hinterläufe zu spannen, hat etwas Komisches, aber auch Unheimliches.
    «Er hat das Brötchen gewittert, das du weggeworfen hast», vermutet Ginés.
    «Ich mag diese Tiere nicht», sagt Amparo stirnrunzelnd. «Sie machen mir Angst.»
    «Sie suchen nach was zu fressen», erklärt Ginés.
    «Im Laden ist doch genug», bemerkt María.
    «Schon, aber verpackt», erwidert Ginés.
    «Dann lasst uns reingehen und … Au!»
    María ist erschrocken, weil etwas ihre Hand berührt hat, etwas Feuchtes, Warmes: Es ist eine Schnauze, eine Zunge, die nicht zu einem der Tiere gehört, die sie gerade gesehen haben, sondern zu einem weiteren Hund, dessen ebenfalls schwarzes Fell von einem weißen Fleck durchzogen ist. Panisch rennt Amparo weg, entfernt sich von den anderen.
    «Wo willst du hin?», fragt María. «Die tun dir nichts. Er hat mich nur geleckt, weil meine Hand nach dem Sandwich riecht.»
    «Das sind reinrassige Tiere», ruft Ginés, immer noch in Bann gezogen von ihrer schlanken, muskulösen Gestalt, von ihrem langgezogenen, spitzen Kopf, aus dem die Augen leicht hervortreten, als fänden sie in dem schmalen Schädel nicht genügend Platz.
    «Wo kommen die alle her?», kreischt Amparo wie ein Teenager, während María lächelnd mit dem Windhund spielt, der ihre Hand geleckt hat. Der Hund scheint mehr an dem Spiel als an dem Streicheln interessiert zu sein, denn er entwindet sich der Hand, als María sie ihm auf den Kopf zu legen versucht, nur um sie anschließend wieder zu suchen, als wollte er sie für das Zurückweisen der Zärtlichkeit mit einem Kitzeln entschädigen.
    «Und warum sind es so viele?»
    Tatsächlich sind weitere Tiere aufgetaucht: braune, cremefarbene, schmutzig weiße, getüpfelte, graue, in allen Schattierungen. Es ist nicht klar, wo sie – mal einzeln, mal in kleinen Rudeln – herkommen, aber es werden immer mehr. Irgendwann lohnt sich das Zählen nicht mehr, und wenn anfangs jeder Hund durch seine Eigenart überrascht hat, verblüfft jetzt nur noch die schiere Zahl, die große Meute athletischer, scheuer, sanft sich bewegender Tiere.
    «Die müssen von einer Hunderennbahn entwischt sein», vermutet Ginés, «oder von einem Tiertransporter. Vielleicht hat der Stromausfall zu einem Unfall geführt und …»
    Ginés verstummt und sieht María erstaunt an. Sie lächelt, ist umringt von vier oder fünf Hunden, deren Köpfe sich ihren Händen entgegenrecken, angelockt von dem, was schon ihre Artgenossen angelockt hat.
    Ginés reißt

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