Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enders Schatten

Enders Schatten

Titel: Enders Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
Vom Netzwerk:
Rackhams Sieg zu studieren, nur noch intensiver und störrischer als zuvor. Und weil Wiggins Armee täglich kämpfte und jeden Kampf gewann, gingen jetzt auch die anderen Kommandanten und viele Zugführer und normale Soldaten in die Bibliothek, schauten sich die gleichen Vids an, versuchten sie zu begreifen und zu sehen, was Wiggin sah.
    Dumm, dachte Bean. Wiggin sucht nicht nach etwas, was er hier in der Kampfschule benutzen kann – er hat eine mächtige, vielseitige Armee geschaffen und wird vor Ort herausfinden, was er mit ihr machen kann. Er studiert diese Vids, weil er herausfinden will, wie er die Schaben schlagen kann. Er weiß nun, dass er ihnen eines Tages gegenüberstehen wird. Die Lehrer würden nicht das gesamte System hier in der Kampfschule auf den Kopf stellen, wenn wir der Krise nicht näher kämen, wenn sie Ender Wiggin nicht schon bald bräuchten, um uns vor der Invasion der Schaben zu retten. Also studiert Wiggin die Schaben und sucht verzweifelt nach einer Vorstellung davon, was sie wollen, wie sie kämpfen, wie sie sterben.
    Warum sehen die Lehrer nicht, dass Wiggin mit seiner Ausbildung hier fertig ist? Er denkt nicht einmal mehr über die Kampfschule nach. Sie sollten ihn rausholen und in die Taktikschule schaffen oder was immer die nächste Stufe seiner Ausbildung ist. Stattdessen drängen und ermüden sie ihn.
    Und uns ebenfalls. Wir sind müde.
    Das sah Bean besonders bei Nikolai, der sich mehr anstrengte als die anderen, um Schritt zu halten. Aber wenn wir eine gewöhnliche Armee wären, dachte Bean, wären die meisten von uns wie Nikolai. Und viele sind es tatsächlich – Nikolai ist nicht der Einzige, dem man die Müdigkeit anmerkt. Soldaten lassen beim Essen Besteck oder Tabletts fallen. Mindestens einer hat ins Bett gemacht. Wir streiten uns mehr, als dass wir trainieren. Unsere Hausaufgaben leiden darunter. Jeder hat seine Grenzen. Selbst ich, der genetisch veränderte Bean, die Denkmaschine, brauche Zeit zum Auftanken und bekomme sie nicht.
    Bean schickte sogar Colonel Graff eine Nachricht darüber, eine boshafte kleine Notiz, die nur erklärte: »Es ist eine Sache, Soldaten auszubilden, und eine andere, sie auszulaugen.« Er erhielt keine Antwort.
    Es war später Nachmittag, noch eine halbe Stunde bis zum Abendessen. Sie hatten an diesem Morgen bereits ein Spiel gewonnen und nach dem Unterricht trainiert, obwohl die Zugführer auf Wiggins Vorschlag hin ihre Soldaten hatten früh gehen lassen.
    Die meisten in der Drachenarmee hatten gerade geduscht und zogen sich wieder an, und einige hatten sich bereits davongemacht, um im Spielezimmer oder in der Bibliothek die Zeit totzuschlagen. Niemand gab mehr wirklich etwas auf die Hausaufgaben, aber einige erledigten sie zumindest noch der Form halber.
    Dann erschien Wiggin in der Tür, mit dem neuesten Befehl.
    Ein zweiter Kampf. Am gleichen Tag.
    Â»Das hier ist heiß, und wir haben keine Zeit«, verkündete Wiggin. »Sie haben Bonzo etwa vor zwanzig Minuten Bescheid gegeben, und wenn wir zum Tor kommen, sind sie mindestens schon fünfzehn Minuten drin.«
    Er schickte die vier Soldaten aus, die am nächsten an der Tür schliefen – alle jung, aber keine Frischlinge mehr, sie waren jetzt Veteranen – , um die zurückzuholen, die nach draußen gegangen waren. Bean zog sich rasch an; er hatte gelernt, es allein zu tun, aber nicht ohne sich viele Witze anhören zu müssen, dass er der einzige Soldat war, der sogar das Anziehen trainieren müsse, und es dauerte immer noch seine Zeit.
    Während sie sich anzogen, erklangen Beschwerden darüber, dass es ihnen langsam zu dumm wurde. Die Drachenarmee sollte ab und zu eine Pause haben. Fly Molo war der Lauteste, aber selbst Crazy Tom, der für gewöhnlich über alles lachte, war verärgert. Als er sagte: »Noch keine Armee in der Schule hat am gleichen Tag zwei Kämpfe hinter sich gebracht!«, entgegnete Wiggin: »Es hat auch noch niemand die Drachenarmee geschlagen. Sollte das hier deine große Chance sein zu verlieren?«
    Selbstverständlich nicht. Keiner hatte vor zu verlieren. Sie wollten sich nur beschweren.
    Es dauerte eine Weile, aber schließlich waren sie alle im Flur zum Kampfraum versammelt. Das Tor stand bereits offen. Ein paar Verspätete zogen noch ihre Blitzanzüge an. Bean stand direkt hinter Crazy Tom, also konnte er in den Raum hineinschauen. Helles

Weitere Kostenlose Bücher