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Enders Schatten

Enders Schatten

Titel: Enders Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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seiner Kehle gespürt hatte. Dennoch, Wiggin war der Kommandant, und Bonzos Taktik war dumm gewesen, und es machte Spaß, das laut auszusprechen.
    Â»Ich hätte ein Bewegungsmuster vor dem Tor aufrechterhalten«, antwortete Bean laut, sodass jeder Soldat ihn hören konnte – selbst die Salamander, die immer noch an der Decke klebten. »Man hält niemals still, wenn der Feind genau weiß, wo man steckt.«
    Wiggin wandte sich Major Anderson zu. »Wenn Sie schon schummeln, warum bringen Sie dann der anderen Armee nicht bei, intelligent zu schummeln?«
    Anderson war immer noch ruhig und ignorierte Wiggins Ausbruch. »Ich schlage vor, dass du deine Armee wieder beweglich machst.«
    Wiggin verschwendete diesmal keine Zeit mit Ritualen. Er drückte gleichzeitig die Knöpfe, die beide Armeen auftauten. Und statt sich aufzustellen, um eine förmliche Niederlageerklärung entgegenzunehmen, rief er sofort: »Drachenarmee weggetreten!«
    Bean war ziemlich nahe am Tor, aber er wartete bis beinahe zum Schluss, sodass er und Wiggin den Kampfraum gemeinsam verließen.
    Â»Sir«, sagte Bean, »du hast Bonzo gerade erniedrigt, und er ist … «
    Â»Ich weiß«, meinte Wiggin. Er eilte weiter und wollte nichts davon hören.
    Â»Er ist gefährlich!«, rief Bean ihm hinterher. Vergebliche Liebesmühe. Wiggin wusste entweder schon, dass er den falschen Schläger provoziert hatte, oder es war ihm egal.
    Hatte er es absichtlich getan? Wiggin war stets beherrscht und hatte immer einen Plan. Aber Bean konnte sich keinen Plan vorstellen, der es erforderlich machte, Major Anderson anzuschreien und Bonzo Madrid vor seiner gesamten Armee zu beschämen.
    Warum sollte Wiggin etwas so Dummes tun?
    Es war beinahe unmöglich, an Geometrie zu denken, obwohl am nächsten Tag ein Test bevorstand. Der Unterricht war jetzt vollkommen unwichtig geworden, und dennoch schrieben sie weiter Klassenarbeiten und machten ihre Hausaufgaben oder auch nicht. In den letzten paar Tagen waren Beans Noten nicht mehr perfekt gewesen. Nicht, dass er die Antworten nicht wusste oder zumindest gewusst hätte, wie man zu den richtigen Antworten kam. Es war eher so, dass sein Geist sich Dingen zuwandte, die wichtiger waren – neuen Taktiken, die einen Feind überraschen könnten, neuen Tricks, die die Lehrer vielleicht anwenden würden, um die Situation im Kampfraum zu verändern, der Frage, was in dem großen Krieg wohl geschah, dass das System auf solche Weise zerfiel, was auf der Erde und in der IF passieren würde, sobald die Schaben besiegt waren. Falls sie sie besiegen konnten. Es war schwierig, sich in einer solchen Situation noch für Raummaße, Flächenmaße, Gewichte und die Ausdehnung von Festkörpern zu interessieren. Bei einem Test am Tag zuvor, in dem es darum gegangen war, die Schwerkraftprobleme in der Nähe von Planeten- und Sternenmassen auszuarbeiten, hatte Bean schließlich aufgegeben und geschrieben:
    2 + 2= π ∙ ∙ 2+n
    Wenn Sie den Wert von n kennen, beende ich diesen Test.
    Er wusste, dass die Lehrer alle wussten, was los war, und wenn sie weiter so tun wollten, als wäre der Unterricht wichtig, dann sollten sie eben, aber er brauchte nicht mitzuspielen.
    Gleichzeitig wusste er, dass die Probleme der Schwerkraft für jemanden, dessen einzige Zukunft wahrscheinlich in der Internationalen Flotte lag, wichtig waren. Er brauchte auch eine gute Grundlage in Geometrie, da er eine ziemlich genaue Vorstellung davon hatte, was in Mathe noch auf ihn zukommen würde. Er würde kein Ingenieur, Artillerist, Raketenwissenschaftler oder sogar Pilot werden. Aber er musste wissen, was sie wussten, sogar besser, oder sie würden ihn nie genug achten, um ihm zu folgen.
    Heute nicht mehr, nur darum geht’s mir, dachte Bean. Heute Abend ruhe ich mich aus. Ich kann auch noch morgen lernen, was ich lernen muss. Wenn ich dann nicht zu müde bin.
    Er schloss die Augen.
    Er öffnete sie wieder. Er öffnete seinen Spind und holte sein Pult heraus.
    Auf den Straßen von Rotterdam war er müde gewesen. Erschöpft von Hunger, Mangelernährung und Verzweiflung. Aber er war weiterhin wachsam geblieben. Er hatte weiter nachgedacht. Und daher war er imstande gewesen, am Leben zu bleiben. In dieser Armee wurden alle müde, was bedeutete, dass es mehr und mehr dumme Fehler geben würde. Bean war der Letzte, der es sich leisten konnte, dumm

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