Enders Schatten
ungerecht!« Ein greinendes Baby? »Schwester Carlotta fehlt mir so sehr. Ich wünschte, ich wäre wieder in meinem Zimmer in Rotterdam.« Ehrgeizig? »Ich werde die besten Ergebnisse erzielen. Ich werde es allen hier schon zeigen!«
Am Ende beschloss er, subtiler vorzugehen.
Was würde Achilles tun, wenn er an meiner Stelle wäre? Selbstverständlich ist er nicht klein, aber mit seinem schlimmen Bein ist es beinahe genauso. Achilles wusste immer, wie man abwartet und ihnen nicht zeigt, was in einem vorgeht. Und genau das werde ich auch tun. Einfach abwarten und sehen, was passiert. Erst wird niemand mein Freund sein wollen. Aber nach einer Weile werden sie sich an mich gewöhnen, und wir werden uns kennen lernen. Als Erstes werden sich die Schwächeren mit mir anfreunden, aber das ist kein Problem. Man baut seine Bande in erster Linie auf Loyalität auf. Das hat auch Achilles getan, er hat auf Loyalität gesetzt und seine Leute zum Gehorsam ausgebildet. Man arbeitet mit dem, was man hat, und führt es weiter.
Sollten sie das erst mal verdauen. Sollten sie doch denken, er versuche, die Kampfschule in das StraÃenleben zu verwandeln, das er kannte. Sie würden es glauben. Und inzwischen würde er so viel wie möglich darüber herausfinden müssen, wie die Kampfschule funktionierte, und eine Strategie entwickeln, die zu der Situation passte.
Dimak kam ein letztes Mal herein, bevor das Licht ausging. »Eure Pulte funktionieren noch weiter, wenn das Licht aus ist«, sagte er, »aber wenn ihr sie benutzt, obwohl ihr eigentlich schlafen solltet, werden wir das wissen, und wir werden auch wissen, was ihr tut. Also sollte es lieber etwas Wichtiges sein, oder ihr landet auf der Schweineliste.«
Die meisten verstauten ihre Pulte; ein paar lieÃen sie trotzig drauÃen. Bean war es gleich. Er hatte andere Dinge, über die er nachdenken musste. Morgen oder übermorgen würde noch genug Zeit für das Pult sein.
Er lag in der Beinahe-Dunkelheit â offenbar brauchten die Babys hier ein wenig Licht, um auf dem Weg zum Klo nicht über ihre eigenen FüÃe zu fallen â , lauschte den Geräuschen rings umher und fand heraus, was sie bedeuteten. Ein leises Flüstern, ein Zischen nach Ruhe. Das Atmen von Jungen und Mädchen, als einer nach dem anderen einschlief. Ein paar gaben ein leises Kinderschnarchen von sich. Aber unter all diesen menschlichen Geräuschen war auch noch das Rauschen des Belüftungssystems und hin und wieder ein Klicken und entfernte Stimmen zu hören, Geräusche der Spannung auf einer Station, die sich ins Sonnenlicht und wieder heraus drehte, und von Erwachsenen, die bis tief in die Nacht hinein arbeiteten.
Hier fielen gewaltige Kosten an, für Tausende von Kids und Lehrer und Personal. Sie waren bestimmt so hoch wie für ein Schiff der Flotte, und all das nur, um kleine Kinder auszubilden. Die Erwachsenen verwickelten die Kinder ununterbrochen in ein Spiel, aber für sie war es eine ernste Sache. Dieses Programm zur Ausbildung von Kindern war nicht nur das Ergebnis einer etwas ausgeuferten pädagogischen Theorie, obwohl Schwester Carlotta wahrscheinlich recht hatte, wenn sie sagte, dass viele Leute es dafür hielten. Die IF würde die Schule auf diesem Niveau nicht aufrechterhalten, wenn sie nicht wirklich brauchbare Ergebnisse erwartete. Waren diese Kinder, die sich hier durch die Nacht schnarchten, seufzten und flüsterten, wirklich so wichtig?
Sie erwarten Ergebnisse von mir. Das hier ist nicht einfach eine Party, die man aufsucht, um sich den Bauch vollzuschlagen und auf der man dann tut, was man will. Sie wollen uns allen Ernstes zu Kommandanten machen. Und da die Kampfschule schon eine Weile existiert, verfügen sie wahrscheinlich über Beweise, dass es funktioniert â Kids, die bereits mit der Schule fertig sind und sich danach gut geschlagen haben. Das darf ich nicht vergessen. Was auch immer das hier für ein System sein mag, es funktioniert.
Ein anderes Geräusch. Kein regelmäÃiges Atmen. Abgerissene Atemzüge. Hin und wieder ein Keuchen. Und dann ⦠ein Schluchzen.
Weinen. Ein Junge weinte sich in den Schlaf.
Im Nest hatte Bean gehört, wie einige Kinder sich in den Schlaf weinten. Sie weinten, weil sie Hunger hatten, verletzt oder krank waren oder froren. Aber worüber mussten diese Kinder hier weinen?
Ein zweites Schluchzen gesellte sich zu dem ersten.
Sie
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