Enders Schatten

gefährdet, sabe? Du planst deine Strategie für ein Spiel und weißt nie, ob deine Pläne nicht einem Soldaten der feindlichen Armee weitererzählt werden, sobald du sie erwähnst, sabe?«
    Sabe, sabe, sabe. Bean hätte am liebsten zurückgeschrien: Si, yo se, aber er durfte nicht ungeduldig werden. Außerdem war das alles faszinierend. Bean bekam einen ziemlich guten Eindruck davon, wie dieses Kriegsspiel das Leben in der Kampfschule formte. Es gab den Lehrern nicht nur Gelegenheit zu sehen, wie die Kids mit Befehlen zurechtkamen, sondern auch, wie sie auf unfähige Kommandanten wie Bonzo reagierten. Offensichtlich hatte er beschlossen, Ender zum Sündenbock seiner Armee zu machen, aber Ender hatte sich das nicht gefallen lassen. Dieser Ender Wiggin hatte offenbar ebenso gut wie Bean begriffen, dass die Lehrer alle Fäden in der Hand hielten, und er hatte sie benutzt, um in den Übungsraum zu kommen. Er hatte sie nicht gebeten, Bonzo davon abzuhalten, auf ihm rumzutrampeln, er hatte sie um eine alternative Möglichkeit gebeten, sich auszubilden. Schlau. Die Lehrer waren sicher begeistert, und Bonzo konnte nichts dagegen tun.
    Oder doch?
    Â»Was hast du dagegen getan?«
    Â»Ich werde etwas tun. Ich hab die Schnauze voll. Wenn die Lehrer der Sache kein Ende machen, wird eben jemand anders es tun müssen, stimmt’s?« Bonzo grinste boshaft. »Jedenfalls würde ich an deiner Stelle nicht zu Ender Wiggins Freizeitübungen gehen.«
    Â»Steht er wirklich auf dem ersten Platz der Rangliste?«
    Â»Scheiß auf die Liste«, sagte Bonzo. »Was Loyalität angeht, ist er der Allerletzte. Es gibt nicht einen Kommandanten, der ihn in seiner Armee haben will.«
    Â»Danke«, entgegnete Bean. »Nur stinkt es mir jetzt, dass die Leute sagen, ich wäre wie er.«
    Â»Das ist doch nur, weil du so klein bist. Sie haben ihn zum Soldaten gemacht, als er noch viel zu jung war. Lass einfach nicht zu, dass sie das bei dir tun, und alles ist okay, sabe?«
    Â»Ahora sí«, sagte Bean. Er grinste Bonzo an.
    Bonzo lächelte zurück und schlug Bean auf die Schulter. »Du wirst es schon schaffen. Wenn du groß genug bist und ich hier noch nicht fertig bin, kommst du vielleicht zur Salamanderarmee.«
    Wenn sie dir auch nur einen weiteren Tag das Kommando über eine Armee lassen, dann nur, damit die anderen Schüler lernen können, wie man das Beste daraus macht, Befehle von einem höherrangigen Idioten entgegennehmen zu müssen. »Ich werde nicht lange Soldat sein«, versicherte Bean.
    Â»Du musst dich anstrengen«, riet Bonzo. »Das zahlt sich aus.« Wieder schlug er ihm auf die Schulter, dann ging er mit einem breiten Grinsen davon. Stolz, einem kleinen Jungen geholfen zu haben. Stolz, jemanden von seiner verzerrten Version der Geschichte mit Ender Wiggin überzeugt zu haben, obwohl er Ender mit Sicherheit nicht das Wasser reichen konnte.
    Und er hatte mit Gewalttätigkeit gegen die Kids gedroht, die in ihrer Freizeit mit Ender Wiggin übten. Das war gut zu wissen. Bean würde jetzt entscheiden müssen, was er mit diesen Informationen anfangen sollte. Ender warnen? Die Lehrer warnen? Nichts sagen? Hingehen und beobachten?
    Die Freizeit ging zu Ende. Der Spieleraum leerte sich rasch, als alle zu ihren Unterkünften rannten, weil jetzt unabhängiges Lernen auf dem Stundenplan stand. Mit anderen Worten: Hausaufgaben. Für die meisten Kids in Beans Gruppe gab es allerdings nichts zu tun – sie waren noch nicht im Unterricht gewesen. Also hatten sie an diesem Abend Zeit für das Fantasy-Spiel und ein paar Hänseleien, um die Hackordnung festzulegen. Auf dem Pult eines jeden erschien der Vorschlag, sie könnten Briefe an ihre Familie schreiben. Einige Kinder taten das auch. Und zweifellos nahmen alle an, dass Bean das Gleiche tat.
    Aber sie irrten sich. Bean loggte sich auf dem ersten Pult als Poke ein und entdeckte, dass es, wie er angenommen hatte, keine Rolle spielte, welches Pult er benutzte; Name und Passwort waren entscheidend. Er würde dieses zweite Pult nicht mehr aus dem Spind nehmen müssen. Unter dem Poke-Login schrieb er einen Tagebucheintrag. Das käme nicht unerwartet. »Tagebuch« war eine der Möglichkeiten, die auf dem Pult angeboten wurden.
    Was wollte er sein? Ein Jammerlappen? »Sie haben mich im Spieleraum immer wieder aus dem Weg geschubst, nur weil ich klein bin. Das ist