Enders Schatten

befruchteten Eier, die sorgfältig verändert worden waren. Sie haben Antons Schlüssel benutzt. Sie wollten, dass diese Kinder zur Welt kamen. Sie wollten sehen, zu was sie heranwachsen würden.«
    Â»Wenn Sie das alles schon wissen, wieso sind Sie dann hier? Alles, was ich weiß, steht bereits in den Dokumenten, die Sie gelesen haben müssen.«
    Â»Nicht alles«, entgegnete Schwester Carlotta. »Geständnisse interessieren mich nicht. Logistik interessiert mich nicht. Ich will wissen, was aus den Babys geworden ist.«
    Â»Sie sind alle tot«, sagte er. »Wir haben sie umgebracht, als wir kurz davor standen, entdeckt zu werden.« Er starrte sie mit bitterem Trotz an. »Ja, Kindermord. Dreiundzwanzig Morde. Aber da die Regierung nicht zugeben konnte, dass es diese Kinder je gab, wurde ich auch nie dafür zur Rechenschaft gezogen. Gott jedoch wird mich vor seinen Richterstuhl stellen und ein Urteil fällen. Sind Sie deshalb hier? Hat er Ihnen diese Freigabe erteilt?«
    Â»Sie machen über so etwas Witze? Ich will nur wissen, was Sie herausgefunden haben.«
    Â»Ich habe nichts herausgefunden. Es war nicht genug Zeit; sie waren immer noch Babys.«
    Â»Sie hatten sie beinahe ein Jahr. Sie haben sich entwickelt. Alle andere Forschung, seit Anton diesen Schlüssel gefunden hat, war theoretisch. Sie haben die Babys aufwachsen sehen.«
    Ein müdes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Es ist genau wie mit diesen medizinischen Verbrechen der Nazis. Sie verachten, was ich getan habe, aber Sie wollen dennoch die Ergebnisse wissen.«
    Â»Sie haben ihr Wachstum überwacht. Ihre Gesundheit. Ihre intellektuelle Entwicklung.«
    Â»Wir standen kurz davor, mit der Beobachtung der intellektuellen Entwicklung zu beginnen. Das Projekt hatte selbstverständlich kein Budget, und wir hatten nicht viel mehr als einen sauberen, warmen Raum und gerade genug, um für ihre körperlichen Bedürfnisse zu sorgen.«
    Â»Dann eben ihre Körper. Ihre motorischen Fähigkeiten.«
    Â»Sie waren klein«, sagte er. »Sie kommen klein zur Welt und wachsen langsam. Sie waren alle klein und untergewichtig.«
    Â»Aber sehr gescheit.«
    Â»Sie krabbelten sehr früh, machten erheblich früher präverbale Geräusche als normal. Mehr wissen wir nicht. Ich habe sie selbst nicht oft gesehen. Ich konnte es mir nicht leisten, entdeckt zu werden.«
    Â»Wie lautete Ihre Prognose?«
    Â»Prognose?«
    Â»Wie sahen Sie die Zukunft dieser Kinder?«
    Â»Tot. Das ist jedermanns Zukunft. Wovon reden Sie?«
    Â»Wenn diese Kinder nicht umgebracht worden wären, Doktor Volescu, was wäre geschehen?«
    Â»Sie wären selbstverständlich weiter gewachsen.«
    Â»Und später?«
    Â»Es gibt kein Später. Sie wachsen weiter.«
    Sie dachte einen Augenblick darüber nach, versuchte, die Information zu verdauen.
    Â»Ja, Schwester, Sie haben ganz richtig verstanden. Sie wachsen langsam, aber sie hören nie auf. Das ist es, was Antons Schlüssel leistet. Er schließt ihren Geist auf, weil das Gehirn nie aufhört zu wachsen. Aber der Rest auch nicht. Das Cranium dehnt sich weiter aus – es ist nie vollständig geschlossen. Arme und Beine werden länger und länger.«
    Â»Wenn Sie also Erwachsenengröße erreichen … «
    Â»Es gibt keine Erwachsenengröße. Es gibt nur die Größe zum Zeitpunkt des Todes. Man kann nicht ewig so weiterwachsen. Es gibt einen Grund, wieso die Evolution einen Ausschalter in die Wachstumskontrolle langlebiger Körper einbaut. Man kann nicht ewig weiterwachsen, ohne dass ein Organ schließlich aufgibt. Für gewöhnlich das Herz.«
    Die Konsequenzen erschreckten Schwester Carlotta. »Und wie ist die Wachstumsrate? Bei den Kindern, meine ich? Wie lange dauert es, bis sie die normale Größe für ihr Alter erreichen?«
    Â»Ich bin davon ausgegangen, dass sie die anderen zweimal einholen würden«, antwortete Volescu. »Einmal kurz vor der Pubertät, und dann wären ihnen die normalen Kinder wieder eine Weile voraus, aber schließlich würden sie langsam und stetig das Rennen gewinnen. Mit zwanzig wären sie Riesen, und dann würden sie sterben, beinahe mit Sicherheit vor ihrem fünfundzwanzigsten Lebensjahr. Haben Sie eine Ahnung, wie riesig sie sein würden? Also war es vielleicht eine Gnade, dass ich sie getötet habe.«
    Â»Ich