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Enders

Enders

Titel: Enders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lissa Price
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stand.
    »Der Raum hier ist ideal zum Nachdenken«, sagte er. »Und für persönliche Gespräche.« Er zog eine Schublade auf und holte zwei Supertruffles hervor. »Du siehst aus, als könntest du so etwas gebrauchen.«
    Er schob mir eine der Pralinen zu, sorgsam darauf bedacht, mich nicht zu berühren.
    »Worüber wolltest du mit mir reden?«, fragte er, während er seine Schokolade auswickelte.
    »Keine Sorge, es hat nichts mit dir und deinem Arm zu tun.« Ich spielte mit meiner Supertruffle. »Sondern mit einer seltsamen Begegnung, die ich hatte. In meinem Kopf. Dein Vater hat sich für meinen Vater ausgegeben.«
    Hyden senkte die Brauen. »Wann war das?«
    »An dem Tag, als die Body Bank zerstört wurde. Die Stimme klang genau wie mein Vater. Sogar unseren Geheimcode verwendete sie. Es muss der Old Man gewesen sein, nicht wahr?«
    »Ich traue ihm alles zu. Es ist nicht schwer, eine Stimme nachzuahmen. Er musste nur eine Sprechprobe in den Pages finden und sie entsprechend extrapolieren. Es war eine Möglichkeit, an dich heranzukommen.«
    Er überlegte einen Moment. »Was war dein Vater von Beruf?«
    »Erfinder. Er gehörte dem Team an, das die Handleuchte entwickelte.« Ich holte meine Supertruffle aus der Umhüllung.
    Hyden beugte sich vor. »Die Handleuchte? Gute Arbeit. Was hat er sonst noch entwickelt?«
    »Ich weiß nicht. Er sprach nur ungern darüber. Wenn wir ihn ausfragen wollten, winkte er meist lachend ab und sagte, sein Job sei total langweilig. Und dann redete er über Holos und alte Filme. Die liebte er über alles. Er hat seine Eltern nie gekannt. Und meine Mutter verlor die ihren durch einen Verkehrsunfall. Dann, als sie ungefähr dreißig war, bekam sie mich. Aber sie …«
    Ich unterbrach mich und musste einen Weinkrampf unterdrücken. Hyden wartete, bis ich mich wieder beruhigt hatte. »Sie fiel den Sporen zum Opfer.«
    »Das tut mir leid.«
    Ich zuckte die Achseln, um besonders gefasst zu wirken. »Man weiß nie, was kommt, nicht wahr?«
    Die Schokolade hinterließ einen bitteren Geschmack auf der Zunge.
    »Ich sah die Spore auf ihren Arm fallen«, sagte ich leise. »An dem Tag endete die Welt für mich.«
    »Das kann ich gut verstehen.«
    Einen Moment lang trafen sich unsere Blicke.
    »Hasst du die Enders?«, fragte ich. »Von Redmond mal abgesehen.«
    »Ich hasse sie, aber nicht alle. Nur diejenigen, die für die neuen Regeln und Gesetze verantwortlich sind. Diejenigen, die den Starters verbieten, selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, und sie stattdessen in staatlichen Einrichtungen einsperren. Sie begreifen nicht, dass sie den Jugendlichen ohne Angehörige damit jede Chance nehmen.« Er schüttelte den Kopf. Dann sah er mich forschend an. »Du musst sie doch hassen, nach allem, was sie dir angetan haben. Ihretwegen musstest du nach dem Tod deiner Eltern auf der Straße leben.«
    »Nicht alle«, wiederholte ich seine Worte und rollte das Papierförmchen der Supertruffle zu einer Kugel zusammen. »Einige von ihnen … Ich weiß, dass die weniger Reichen unter ihnen auch von Ängsten geplagt waren. Sie wurden immer älter, und sie brauchten die Jobs der Starters, um einigermaßen über die Runden zu kommen.«
    »Was sind deine Pläne, Callie Woodland?«
    »Ich will meine Familie zurück.«
    »Das wird nicht möglich sein, leider. Du musst aus dem, was dir geblieben ist, eine neue Familie aufbauen.« Er zuckte die Achseln. »Das müssen wir alle. Du hast zum Glück noch deinen Bruder.«
    Tyler. Er war der Einzige, der mir das Grübeln austreiben konnte. Das ständige Nachsinnen über die Stimme, die sich wie mein Vater angehört hatte.
    »Ich will, dass er friedlich aufwächst«, sagte ich. »Dass er ein sicheres Zuhause hat. Dass er nicht befürchten muss, von deinem Vater oder sonst wem entführt zu werden. Ich will, dass dieser Chip aus seinem Kopf entfernt wird. Das wäre ein Anfang.«
    »Ich weiß nicht, ob uns das je gelingen wird.« Er starrte die Tischplatte an. »Vielleicht musst du dich mit kleineren Schritten begnügen. Mit einem sicheren Tag nach dem anderen.«
    »Nein. Ich werde erst zufrieden sein, wenn ich weiß, dass wir keine Metallos mehr sind.«
    In Hydens Augen las ich, dass er diese Möglichkeit ausschloss.
    »Du glaubst nicht daran, dass wir unsere Freiheit zurückbekommen werden.«
    »Ich habe kein Wort gesagt.«
    »Du hast ja keine Ahnung, wie man sich mit so einem Fremdkörper im Gehirn fühlt – mit diesem Ding, das einem Monster wie deinem Vater erlaubt, in

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