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Enders

Enders

Titel: Enders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lissa Price
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hervor, die kaum größer als meine Handfläche waren.
    »Was ist das?«, fragte ich.
    Er warf mir die Päckchen zu. »Fang auf!«
    Ich gab eines davon an Michael weiter und las einen langen chemischen Namen, mit dem ich nichts anfangen konnte. Nachdem ich die Umhüllung aufgerissen hatte, kam ein feuchtes Tuch zum Vorschein.
    »Wisch dir damit zuerst das Gesicht ab, vor allem die Nase, und danach Hals, Hände, Füße – jedes Fleckchen bloßer Haut. Und vor allem deine Wunde am Kopf. Dann sollte sie wieder steril sein.«
    Ich presste das kühle Tuch an meine Wange. »Fühlt sich gut an.«
    »Es neutralisiert die Restanhaftungen der meisten Gase.«
    Michael fuhr sich mit dem Tuch über das Gesicht. »Welchen Schaden würde das Zeug anrichten?«
    Hyden schüttelte den Kopf. »Das willst du nicht wirklich testen, oder?«
    Er begann sich ebenfalls das Gesicht zu reinigen, und ich ahmte seine Bewegungen nach. Als ich das benutzte Tuch zusammenfaltete, drückte er auf einen Knopf, und in unseren Türen klappte ein kleiner Abfallbehälter auf.
    »Der arme Redmond«, sagte ich nach einer Weile.
    »Er hätte niemals für Brockman gearbeitet. Ich bin überzeugt, dass er bei einer Gefangennahme freiwillig aus dem Leben geschieden wäre.«
    Ich fühlte mich total ausgehöhlt. Es war wie damals, als sie uns aus dem besetzten Bürogebäude vertrieben und uns nichts blieb, nicht einmal die Fotos unserer Eltern. Unvermittelt packte mich eine verzweifelte Sehnsucht nach meinem kleinen Bruder. Ich hatte nur noch den Wunsch, ihn an mich zu ziehen und ganz lang festzuhalten.
    »Ich muss zu meinem Bruder«, sagte ich.
    »Damit führst du die Leute meines Vaters direkt zu eurem Chalet.«
    »Er hat recht«, sagte Michael.
    »Es ist mir egal, ob er recht hat. Sie spüren uns ohnehin auf oder nicht? Ich will Tyler sehen.«
    Hyden beachtete mich nicht weiter, sondern schaltete den Scanner ein.
    »Was machst du da?«, wollte ich wissen.
    »Scannen.« Das klang, als hätte ich eine überflüssige Frage gestellt.
    Er schaltete auf Autopilot und nahm die Hände vom Lenkrad.
    »Ist das jetzt wirklich der rechte Zeitpunkt zum Scannen?«, fragte Michael.
    »Ich versuche herauszufinden, ob wir ihre Signale auffangen können«, erklärte Hyden, während er den Airscreen aktivierte. »Da sie alle unsere Metallos haben, müsste das Ding hier eigentlich wie ein Christbaum leuchten.«
    »Du meinst, wir könnten sie zurückholen?«
    »Das war mein Gedanke«, sagte Hyden.
    Ich beobachtete den Monitor, und auch Michael beugte sich von der Rückbank vor, um nichts zu verpassen.
    Aber nirgends im Koordinatensystem zeigte sich ein Signal. Nach einer Weile weitete Hyden das Suchgebiet aus. Immer noch nichts.
    Schließlich hieb er mit der Faust gegen den Airscreen und setzte ihn damit vorübergehend außer Gefecht.
    »Die sind zu raffiniert.« In seiner Stimme schwang eine gewisse Bitterkeit mit. »Die haben ähnliche Schutzvorkehrungen wie wir getroffen.« Er seufzte. »Verschwunden.« Er boxte auf das Lenkrad ein. »Ich hatte die Verantwortung für all diese Kids.«
    »Und was machen wir jetzt?«, fragte ich.
    »Ich weiß es nicht. Ins Labor können wir jedenfalls nicht zurück.«
    Er schaltete den Autopilot wieder aus, und wir fuhren ein paar Meilen weiter. Ich bemerkte, dass Michael auf der Rückbank eingeschlafen war, und hielt das für eine gute Gelegenheit, mit Hyden unter vier Augen zu sprechen.
    »Kannst du die Trennwand betätigen?«, flüsterte ich und deutete auf den Spalt zwischen Sitzlehnen und Rückbank.
    Hyden beobachtete Michael kurz im Rückspiegel und drückte dann auf einen Knopf. Lautlos fuhr eine Plexiglasscheibe bis zum Wagenhimmel hoch.
    »Was möchtest du mir erzählen?«, fragte Hyden, sobald wir ungestört waren.
    »Weißt du noch, im Staatsarchiv, als dein Vater auf meinen Chip zugriff – da hat er etwas völlig Neues getan. Etwas, das mich zutiefst erschreckt hat.«
    »Was denn?«
    »Er schaffte es, meinen Körper zu steuern.«
    »Inwiefern?«
    »Er bewegte meinen kleinen Finger auf und ab. Gegen meinen Willen.«
    »Warum erfahre ich das jetzt erst?«
    »Weil wir bisher keine ruhige Minute zum Reden fanden.«
    »Aber das zeigt, dass er Fortschritte macht. Ich muss so etwas wissen.«
    »Jetzt weißt du es.« Ich rieb mir die Schläfen. »Aber da ist noch eine Sache, die ich dir bisher nicht erzählen konnte.«
    »Ja?« Er sah mich mit zusammengekniffenen Augen an.
    »Als ich ihn beschuldigte, die Stimme meines Vaters nachzuahmen,

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