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Enders

Enders

Titel: Enders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lissa Price
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Speisekarte. Kleine Holo-Animationen illustrierten die einzelnen Gerichte. Ein Sandwich wirbelte durch den Schirm und verbreitete den Duft von gebratenem Schinken. Ein gelangweilter Ender stand mit verschränkten Armen hinter der Theke und wartete darauf, dass Emma ihre Wahl traf.
    Eine zotteliger roter Kater sprang auf einen der leeren Tische. Ich streichelte ihn so lässig wie möglich, während Hyden die Hände tief in die Taschen schob und sich im Gästeraum umsah. Emma und ich trugen immer noch unsere Disco-Fummel und wirkten in dieser Umgebung mehr als overdressed.
    Der Kassier musterte Hyden und mich. Dann senkte er den Blick und sagte etwas zu Emma.
    Sie murmelte eine Antwort und ging dann auf den Hinterausgang zu.
    »Toilette?«, raunte ich Hyden zu.
    »Ich glaube eher, dass sie heimlich abhauen will.«
    Wir folgten Emma durch einen Kordelvorhang in einen dunklen Korridor. Ihre Schritte waren deutlich zu hören. Als wir an der Küche vorbeikamen, beschlich mich plötzlich ein tiefes Misstrauen. Etwas stimmte hier nicht. Die Küche war leer. Keine Konserven, keine Gurkengläser, kein Brot auf Schneidbrettern. Emma öffnete eine Tür am Ende des Korridors und ging nach draußen. Wir folgten ihr und standen plötzlich in einem stockdunklen Raum.
    Lichter flammten auf, grellweiße Lichter, die mich eine Sekunde lang blendeten. Ich blinzelte, und allmählich sah ich die Welt wieder schärfer, wenn auch durch das Prisma dieses gleißenden Lichts. Wir befanden uns in einem Raum von der Größe einer Lagerhalle. Maschinen, Computer und Geräte, deren Zweck mir verborgen blieb, säumten die Wände.
    Wir waren in die furchterregendste Überraschungsparty aller Zeiten geraten. Emma und eine Handvoll Enders erwarteten uns mit gezogenen Waffen. Einer der Männer hatte einen großen Fleck seitlich am Hals, der meine Aufmerksamkeit fesselte …
    Ein silbernes Leoparden-Tattoo. Der Mann, der Reece Sekunden vor ihrem Tod angesprochen hatte. Die übrigen Männer, die uns umringten und ihre Gewehre auf unsere Beine gerichtet hielten, trugen eine Art dunkler Uniform.
    Mir schlug das Herz bis zum Hals.
    Einer der Militärs riss meine Handtasche an sich, drehte mir die Arme auf den Rücken und legte mir Handschellen an. Ein anderer fesselte Hyden auf die gleiche Weise.
    »Was geht hier vor?«, fragte ich. »Wer sind Sie?«
    Ich sah mich nach Hyden um. Sie leerten seine Taschen aus und nahmen ihm das Handy ab. Sein Gesicht war schweißbedeckt. Ich wusste, dass Berührungen für ihn die reinste Folter waren, aber er ließ sich nichts von seiner Schwäche anmerken, als ihn einer der Enders abtastete.
    »Keine Waffen«, meldete der Uniformierte.
    »Untersucht sie ebenfalls«, befahl der Typ mit dem Leoparden-Tattoo. »Keiner soll mir nachsagen, dass ich Männer und Frauen nicht gleich behandle.«
    Der Uniformierte tastete mich ab und nickte. »Alles in Ordnung, Sir.«
    »Sie können uns nicht in Gewahrsam nehmen. Wir sind Minderjährige unter gesetzlicher Vormundschaft.« Erst nachdem ich das gesagt hatte, kamen mir Zweifel, ob das auch für Hyden galt. Schließlich lebte er getrennt von seinem Vater.
    Der Leoparden-Mann trat vor. »Wenn das der Wahrheit entspräche, hättet ihr dieses Mädchen nicht durch die ganze Stadt verfolgt.« Er deutete auf Emma. »Stattdessen würdet ihr mit euren liebenden Großeltern im warmen Wohnzimmer sitzen und Talent-Shows gucken. Aber ihr treibt euch hier herum, weil ihr Metallos seid. Habe ich recht?«
    Ich warf Hyden einen verblüfften Blick zu, doch der sah nur starr geradeaus. Ich hatte das Gefühl, dass er schon des Öfteren festgenommen und verhört worden war. Bei dem Vater konnte ich mir das durchaus vorstellen.
    »Du hast uns in eine Falle gelockt.« Ich funkelte Emma wütend an.
    Sie stand mit versteinerter Miene da. Ehe sie antworten konnte, donnerte jemand mit der Faust gegen die Tür. Der Leoparden-Mann nickte, und einer der schwarz gekleideten Enders öffnete. Ich stieß einen erstickten Schrei aus, als ich sah, wer auf der Schwelle stand.
    Michael.
    Er schien so erleichtert, mich zu sehen, dass er mich mit einem strahlenden Lächeln bedachte. »Callie!«
    »Nein, Michael! Flieh!«
    Aber es war zu spät. Er war in den Raum getreten wie ein ahnungsloses Reh, das auf eine von Jägern umstandene Lichtung hinausstolperte. Einer der Enders legte Michael Handschellen an, während er noch zu begreifen versuchte.
    Ich schloss die Augen.
    Hyden und ich saßen auf harten Metallstühlen, die

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