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Enders

Enders

Titel: Enders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lissa Price
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an.
    »Hey, Daphne.«
    Sie musterte mich mit gelangweilter Miene. »Kennen wir uns?«
    »Mehr oder weniger«, erwiderte ich. »Wir waren beide bei Prime unter Vertrag.«
    »Ach.« Ihre Augen weiteten sich. »Die Body Bank. Ich mag gar nicht mehr an diese blöde Klitsche denken.«
    »Geht mir genauso.« Dann beschloss ich, einen kleinen Vorstoß zu wagen. »Aber manchmal kocht alles wieder hoch. Das lässt sich leider nicht ändern. Wenn mich die Erinnerungen packen …«
    »Die Erinnerungen deiner Mieterin?« Sie nickte und nahm einen Schluck von ihrem Glitzerwasser. »Ich sehe mich immer wieder auf einem Drahtseil über eine Schlucht balancieren. Dabei war ich Turnerin und keine Seiltänzerin. Das hätten die nie zulassen dürfen! Ich leide im Gegensatz zu meiner Mieterin unter einer ausgeprägten Höhenangst.«
    »Kann ich nachvollziehen«, sagte ich. »Aber vielleicht werden uns die Chips ja irgendwann entfernt.«
    »Ich würde ein Messer nehmen und das Ding eigenhändig herausschneiden, wenn ich wüsste, dass ich das überlebe.«
    Eine furchtlose Turnerin.
    »Wie geht es dir, seit du nicht mehr für Prime arbeitest?«, erkundigte ich mich. »Kommst du einigermaßen klar?«
    »Ich versuche, mein Geld zusammenzuhalten.«
    Ihre Kleidung wirkte neu, sie sah gesund aus, und sie hatte die strenge Einlasskontrolle des Club-Personals bestanden. Was immer sie jetzt tat, sie hatte Erfolg damit.
    »Seit wann kommst du hierher?«, fragte ich.
    »Noch nicht lange. Ich erfuhr von diesem Club erst, nachdem ich bei Prime ausgestiegen war.«
    Das hieß, dass sie wohl keine große Hilfe bei der Suche nach meinem Vater war. Aber sie gehörte zu den wenigen Metallos, die wir vielleicht vor Brockman retten konnten.
    »Komm, ich mach dich mit meinem Freund bekannt«, sagte ich.
    Ich brachte sie zu Michael. Nachdem die beiden ins Gespräch gekommen waren, ließ ich sie allein und suchte den Barkeeper auf – die Person, die für gewöhnlich alle Gäste in einem Club kannte. Wie alle Angestellten war er ein weißhaariger Ender, ein schlanker, hochgewachsener Mann mit einem freundlichen Gesicht. Ein Gesicht, das mir ebenfalls vertraut vorkam. Vielleicht von meinem ersten Besuch im Club, als Helena mich gemietet hatte? Nein, aus einer von Helenas Erinnerungen. Der Erinnerung an den Abend, als sie dem Barkeeper Emmas Holo gezeigt hatte. Daher kannte ich seine Züge.
    Ich nahm am Tresen Platz, bestellte ein Wasser und zeigte ihm den Holo-Frame von meiner Familie, den wir von der Haustür abgelöst hatten. »Kennen Sie den Typen da?«
    »Einen Middle vergisst man nicht so leicht«, meinte er, während er ein Glas polierte. »Es kommen nur noch so wenige.«
    Mein Herz schlug schneller, aber ich versuchte ruhig zu bleiben. »Sie haben ihn hier gesehen?«
    Er nahm den Bilderrahmen in die Hand und betrachtete ihn einen Moment lang sehr genau. Dann sah er mich an. »Lady, warum interessiert Sie das? Sie sind seine Tochter?«
    »Ja.«
    Er beugte sich zu mir herunter und musterte meine Züge. »Ihre Augen sagen alles.« Er legte das Geschirrtuch weg. »Kommen Sie mit!«
    Ich war nicht sicher, was das werden sollte, aber ich wartete, bis er um den Tresen herumkam, und folgte ihm durch den Club zu einer Seitentür. Sie führte in den Bereich hinter der Bühne, mit unverputzten Wänden und nackten Betonböden. Er winkte mich in ein kleines, nüchternes Büro und schloss die Tür hinter uns.
    Er ging in die Hocke und nahm einen Schlüssel, der an seinem Gürtel befestigt war. Dann sperrte er einen niedrigen Aktenschrank auf und holte etwas von ganz hinten hervor. Er schloss den Schrank wieder ab und stand auf.
    »Nehmen Sie«, sagte er. »Na los.«
    Er überreichte mir einen kleinen grauen Stick, etwa einen halben Zentimeter breit und fünf Zentimeter lang.
    »Was hat das zu bedeuten?«
    »Ich weiß es nicht.« Er setzte sich. »Es stört Sie doch nicht, wenn ich meine Beine ein wenig entlaste, oder? Das nächtelange Stehen an der Bar geht an die Substanz.«
    »Kein Problem.« Ich lehnte mich gegen die Schreibtischkante.
    »Ihr Vater kam oft hierher, müssen Sie wissen.«
    »Warum?«
    »Keine Ahnung. Er bestellte einen Scotch und sah sich das Treiben an. Beobachtete die Leute.«
    Ich starrte den Stick an und fragte mich, was das alles sollte.
    »Eines Nachts, vor etwa einem Jahr, als Ihr Vater wieder an der Bar saß, warf er einen Blick über die Schulter und sah einige Männer durch den Saal näher kommen.«
    »Enders?«
    Er nickte. »Aber sie sahen

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