Endlich bei dir in Virgin River (German Edition)
hatte keine Ahnung gehabt, wann es so weit sein und wie es ablaufen würde, aber insgeheim hatte sie gehofft, es würde noch ein wenig Zeit ins Land gehen.
Ihre Tochter Rosie war jetzt dreieinhalb und so naseweis wie alle Kinder in diesem Alter. Erst vor Kurzem hatte sie
die
Frage gestellt: „Wo ist denn unser Daddy?“ Seltsam, dass sie nach
unserem
Daddy fragte, aber bisher kannte sie dieses Familienleben ja nicht – ihr war bisher gar nicht aufgefallen, dass kein Daddy da war. Im Kindergarten gab es natürlich auch Kinder, deren Eltern getrennt waren, aber im Gegensatz zu Rosie schienen sie alle zu wissen, wo ihre Daddys und Mommys waren. Die meisten wurden auch abwechselnd von einem der beiden Elternteile abgeholt.
Und Rosie hatte nicht gefragt,
wer
ihr Daddy war, sondern
wo
.
„Er ist bei der Air Force und fliegt ein sehr schnelles Flugzeug“, hatte Franci erklärt. „Damit fliegt er um die ganze Welt. Das ist ein sehr wichtiger Beruf, deshalb hat er sehr wenig Zeit.“
„Oh“, war Rosies Reaktion gewesen. Wahrscheinlich verstand sie nicht viel mehr als die wichtige Information, dass Franci offensichtlich den Aufenthaltsort ihres Papas kannte. Das schien ihr fürs Erste zu genügen. Doch Franci war klar, dass in ein paar Monaten, vielleicht auch erst in ein, zwei Jahren, wenn Rosies Welt größer geworden war, sie noch viel mehr wissen wollen würde: „Wie heißt er?“ oder „Warum kommt er uns nicht besuchen?“ Und auch: „Wieso bist du nicht verheiratet?“ Dies zu beantworten war schon schwieriger. Das war auch ein Grund dafür, warum Franci vor all dem zurückscheute – sie wusste nicht, wie sie Rosie behutsam verständlich machen sollte, dass ihr Daddy einfach nichts mit ihnen zu tun haben wollte. Aus dem einfachen Grund, weil Vatersein nicht in seinen Plänen vorgesehen war.
Ihrer Mutter erzählte Franci nichts von Rosies Frage, denn ihre Mutter hatte sie schon oft darauf angesprochen, was sie gedenke, auf solche Fragen zu antworten. Vivian war von Anfang an nicht begeistert von Francis Handlungsweise gewesen. „Gut“, hatte sie gesagt, „Heirate ihn nicht. Stell keine Erwartungen an ihn. Sei nicht enttäuscht von seinem Verhalten. Aber eins sollte dir bewusst sein: Er hat ein Recht darauf zu erfahren, dass er ein Kind hat.“
Unter anderen Umständen wäre Franci einer Meinung mit ihr gewesen. „Aber Mom, in diesem Punkt war er absolut unnachgiebig! Er will keine Kinder. Er will nicht mal heiraten!“
„So was kann sich ändern, wenn erst mal ein Kind auf dem Weg ist“, hatte ihre Mutter ihr entgegengehalten.
„Genau“, argumentierte Franci. „Deshalb möchte ich das alleine durchziehen, zumindest fürs Erste. Denn ich möchte nur dann den Mann heiraten, von dem ich ein Baby bekomme, wenn er mich genauso liebt wie ich ihn und er unser Kind genauso sehr möchte wie ich. Kapierst du das nicht?“
„Natürlich kapiere ich das. Aber, ob du willst oder nicht, wenn du ungeplant schwanger wirst, hast du auch eine Verantwortung dem anderen Elternteil gegenüber. Du musst es ihm sagen. Und dann kannst du dich auf seine Reaktion einstellen. Aber sagen musst du es ihm.“
„Das werde ich auch. Irgendwann“, hatte Franci geantwortet. Sie stimmte mit ihrer Mutter ja auch eigentlich darin überein, ihn zu informieren, dass er Vater wurde. Nur war sie emotional nicht in der Lage gewesen, Sean an ihrer Seite zu haben, als sie von ihrer Schwangerschaft erfuhr. Und auch als Rosie noch ein Baby war, fühlte sie sich nicht stark genug. Sie war immer davon ausgegangen, dass sie irgendwann – die vier Jahre waren so schnell vergangen – einen Weg finden würde, sich mit der Realität auseinanderzusetzen, ohne dass sie ihr Leben komplett auf den Kopf stellen musste. Sie wusste, was passieren konnte. Vielleicht wollte Sean von Rosie überhaupt nichts wissen – was ihr sehr wehtun würde. Im besten Fall würde man sich auf ein Besuchsrecht einigen, und dann würde Rosie auch Zeit mit ihm verbringen. Am Ende sogar mit Seans neuer Familie – denn eines Tages fand er vielleicht die Frau, für die er willens war, sein Singledasein aufzugeben und Verantwortung zu übernehmen. Franci hatte Angst davor, von Rosie getrennt zu sein. Und auch davor, Sean regelmäßig zu sehen. Ihn glücklich mit einer anderen Frau zu sehen wäre die reinste Tortur für sie.
Sie hätte sich doch mit ihm auf einen Kaffee verabreden sollen, als sie sich in Arcata begegnet waren. Sie hätte ihn nicht einfach so abblitzen
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