Endlich Single: schon verliebt
Leben zu. Max ist der Einzige mit einem Hauch Verständnis, denn er fürchtet, als gestresster Promiarzt ende ich wie Dad.”
“Und das wäre schlecht.”
“Das wäre schrecklich.” Alex nahm ihr die Milchtüte ab. “Mein Vater ist ein großartiger Arzt, nur seine menschlichen Qualitäten lassen erheblich zu wünschen übrig. Für ein ernsthaftes Vater-Sohn-Gespräch müsste ich schon mit Herzrhythmusstörungen aufwarten. Weißt du, wer mich großgezogen hat? Max’ Mutter, Melanie. Meine Mutter hat die Ehe mit Dad eingetauscht gegen einen Job als Assistenzärztin in Denver. Da Dad zu beschäftigt war, nahm Melanie neben Stella auch noch mich unter ihre Fittiche.”
“Melanie muss eine wundervolle Frau sein.”
“Eher verantwortungsbewusst.”
Das klang schrecklich. Armer Alex, dachte Nina.
Er straffte die Schultern. Anscheinend merkte er ihr die Betroffenheit an. “Beruhig dich. Als Kind genießt du deine Freiräume. Mom glänzte durch Abwesenheit und Dad …” Bei der Erinnerung schüttelte er den Kopf. “Eines Tages saßen wir alle zusammen, es muss irgendein Feiertag gewesen sein. Ich hatte eine Meinungsverschiedenheit mit Melanie. Dad schimpfte: ‚Tu gefälligst, was deine Mutter dir sagt!’. Melanie sah ihn nur an. ‚Ich bin nicht seine Mutter’. ‚Was?’ fragte Dad verdutzt. ‚Er ist Alices Sohn!’. Mein Vater hatte es vollkommen aus dem Gedächtnis gestrichen. Dem Himmel sei Dank für Melanie. Ohne sie wäre ich heute ein Fall für den Psychiater.” Plötzlich legte er die Hand auf den Magen, einen leicht grünlichen Ausdruck im Gesicht.
“Das sei dahingestellt. All diese Kekse auf den vielen Alkohol! Und du nennst dich Arzt!”
Ihre Warnung fruchtete wenig. Nach kurzem Nachdenken schob er auch die andere Kekshälfte in den Mund. “Muss die Milch sein. Aber man braucht Milch zu Schokokeksen. Liegt wahrscheinlich daran, dass sie entrahmt ist. Vollmilch hätte meinen Magen imprägniert.”
Auch Nina beherrschte unerbittliche Blicke. “Wie alt, sagtest du, bist du? Zehn?” Vorsichtshalber entfernte sie die Kekspackung aus seiner Reichweite.
“Als Mutter musst du ein wahrer Drachen sein.”
“Was zu beweisen wäre.”
“Bin ich gerade ins Fettnäpfchen getreten?”
“Nein. Ich wollte keine Kinder. Ich bin einfach nicht der mütterliche Typ.”
“Interessant.” Alex nutzte ihre Unachtsamkeit und ergatterte einen weiteren Keks. “Ich wollte auch nie welche. Genauso wenig wie Stella. Und Max reicht es, ständig Babys auf die Welt zu helfen. Liegt wahrscheinlich an unserer lausigen Kindheit. Was ist deine Entschuldigung?”
“Ich bin die Älteste von sechs Geschwistern. Ich musste bereits meine Brüder und Schwestern aufziehen. Ich habe mein Soll erfüllt.”
“Keine Mom?”
“Ich habe eine Mutter.” Ein äußerst unerquickliches Thema. “Sie ist nicht an Kindern interessiert. Sie gebar sie. Ab dann übernahmen wir.”
Er nickte mitfühlend. “Karrierefrau.”
“Partylöwin. Wir hatten Geld, wir hatten bloß keine Eltern.”
“Später gingst du aufs College und wurdest Lektorin? Das ergibt keinen Sinn. Entweder müsstest du so enden wie deine Mutter oder als ihr genaues Gegenteil.”
“Heißt es nicht, deinen Vater heiraten oder sein Gegenteil?”
“Derselbe Unterschied. Also wurdest du zum Gegenteil deiner Mutter?”
“Nein.” Nina legte den angebissenen Keks ab, da ihr eine unangenehme Erkenntnis dämmerte. “Nein, ich wurde zur Kopie meiner Mutter. Ich heiratete einen Anwalt, widmete mich dem oberflächlichen High Society-Leben und wurde das dekorative Anhängsel meines Mannes. Du liebes bisschen, ich wurde tatsächlich ein schwacher Abklatsch meiner Mutter! Kein Wunder, dass die Scheidung so gut tat. Dieses Leben war ihr Leben. Jetzt lebe ich meins.” Sie nahm ihren Keks, biss hinein und fühlte sich noch befreiter als zuvor. “Junge, das erklärt eine Menge!”
“Beispielsweise?”
“Wieso willst du das wissen?”
“Ich habe dich gerade in meine Familiengeheimnisse eingeweiht. Zeit für die Revanche.”
“Ich habe keine Geheimnisse gehört.”
“Okay.” Alex nickte, ein Bild der Vernunft. “Mein Vater ist Alkoholiker. Er trinkt nicht vor oder während seiner Schicht, dennoch behalten wir ihn im Auge. Meine Stiefmutter hat sich vor Jahren aus einer Aufputschmittelabhängigkeit befreit und leidet nun unter starkem Übergewicht, das auf ihr Herz schlägt. Meine Mutter ist manisch-depressiv, und ich danke Gott jeden Tag für Lithium.
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