Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)
Aufenthaltsort oder seine aktuellen Tätigkeiten zu informieren. Vielleicht ist das sogar klug von ihm. Je weniger ich weiß, desto besser.«
»Machst du dir keine Sorgen um ihn, wenn du nicht weißt, was er tut und wo er ist?«
»Ha! Wenn dein Sohn den Führerschein macht, gibst du offiziell sämtliche Illusionen von Kontrolle auf, und glaube mir, es sind Illusionen. Dann bleiben nur noch Gebete und Beruhigungsmittel, und ich bete nun mal nicht. Aber wie ich meinen Studenten immer sage, wenn sie sich nicht genügend auf eine Prüfung vorbereitet haben: ›Ihr müsst einfach darauf vertrauen, dass ihr genug getan habt, um durchzukommen.‹«
»Hast du eine Ahnung, wann er zurück sein wird?«
»Wie den meisten Männern ist ihm Nörgelei ein Greuel. Und sich erkundigen und nörgeln sind enger miteinander verwandt, als wir glauben. Außerdem – je länger es sich hinauszögert, umso besser. Er ist fest entschlossen, nach seiner Rückkehr eine Laufbahn beim Militär zu beginnen.«
Sie wendet mir das Gesicht zu, um meine Reaktion zu beobachten. Es gelingt mir wohl nicht sonderlich gut, mein Entsetzen zu verbergen. Ich kenne Jonah nicht, trotzdem will ich nicht, dass er zum Militär geht.
»Lass das nicht zu, Maeve.«
Aus dem Blick, den sie mir zuwirft, spricht die strapazierte Geduld, die man von Erwachsenen in der Auseinandersetzung mit Teenagern kennt. »Vielleicht ist dir ja eine Möglichkeit bekannt, wie man einem dreiundzwanzigjährigen Mann etwas ausreden könnte? Er ist erwachsen. Und anscheinend möchte er genau das tun. Für sein Land kämpfen.« Ich glaube, ein leichtes Zittern in ihrer Stimme zu hören, beschwören könnte ich es jedoch nicht.
»Aber Maeve …«
Sie unterbricht mich. »Wenn er den Sinn seines Lebens darin sieht, in Afghanistan zu kämpfen – tja …« Sie seufzt. »Ab einem gewissen Punkt hat man schlicht keinen Einfluss mehr. Man muss sich aus der Anwesenheitsliste austragen und akzeptieren, dass dieser Auftrag abgeschlossen ist.«
»Weiß er denn, wie du dazu stehst?«
»Das habe ich ihm gesagt.«
»Ich erlaube Aaron nicht mal Kriegsspiele am Computer.«
»Jungen sind sehr geschickt darin, Regeln zu umgehen, die ihnen nicht gefallen. Und diejenigen, die das nicht tun, sind Langweiler. Sie werden irgendwann Buchhalter und machen anderer Leute Steuererklärung. Wir wollen immer Kinder, die auf das hören, was wir sagen. Doch so werden sie nur zu überangepassten Erwachsenen. Obwohl wir nicht den besten gemeinsamen Start ins Leben hatten, ist Jonah ein großartiger Mensch geworden. Ich freue mich darauf, hin und wieder bei einem Glas Wein seine Gesellschaft zu genießen.«
Maeve zupft einige tote Blätter aus dem trockenen Bassin des kleinen Springbrunnens. Ich will mich auch darauf freuen, hin und wieder bei einem Glas Wein Aarons Gesellschaft zu genießen. Ja, ich kann es sogar kaum erwarten. Aber bis dahin – lügt er mir frech ins Gesicht.
Kinder sind geschickt darin, ihre Geheimnisse zu wahren, das ist mir klar. Aaron spielt diese Computerspiele hinter meinem Rücken. Ich weiß genau, was er treibt. Als ich zum ersten Mal so etwas wie Tücke bei ihm erkannte, war ich aufrichtig schockiert und fühlte mich beinahe verraten. Wie damals, als ich zum ersten Mal bei meinen Kindern schlechten Atem roch – und begriff, dass ihr lieblicher Morgenatem nur ein Werbefilmchen für ein nicht vorhandenes Produkt war. Unsere Kinder erlauben uns leider nicht, an unserer Vorstellung festzuhalten, sie seien makellos.
»Ich werde diese Spiele in meinem Haus nicht dulden, Maeve«, sage ich. Es war nicht meine Absicht, ihr gegenüber so streng zu klingen. Schließlich spielt sie diesen Mist nicht. Sie ist auch nicht das Kind, das ich zu erziehen versuche.
»Ich weiß zu viel über Tabus. Ich halte ein ganzes Seminar darüber. Sie bewirken, dass Verbotenes überproportional interessant erscheint. So etwas wie gelassene Gleichgültigkeit ist deutlich wirkungsvoller als ein striktes Verbot, wenn du wirklich erreichen möchtest, dass er sich nicht damit befasst.«
Ich trete nach einer verschrumpelten Zitrone auf dem Boden. Etwas kreiselt heiß und gereizt in meinem Bauch. Ich merke, dass ich ärgerlich bin. Auf Maeve, weil sie Jonah nicht davon abhält, zum Militär zu gehen. Auf Jonah, weil er zum Militär will. Auf Aaron, weil er brutale Computerspiele spielen will. Auf Jamie, weil sie nach Borneo fahren will und mich zwingt, es ihr zu verbieten.
»Und, hast du Jonah
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