Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)
jedenfalls keine von diesen überbehütenden Müttern, stimmt doch, CJ?«
»Bis auf dein komisches Übernachtungsverbot«, sagt CJ.
Sogar ich erlaube meinen Kindern, bei Freunden zu übernachten. Jeder hat wohl seinen persönlichen kleinen Wahn.
»Worüber habt ihr euch denn gestritten, du und Jamie?«, fragt CJ.
»Der Streit hat heute Morgen angefangen, als ich ihr gesagt habe, dass sie nicht beim Freund ihrer Freundin Mimi zu dem Katy-Perry-Konzert nächste Woche mitfahren darf.«
Summer grinst. »Also, ich liebe ja Katy Perry.«
»Dieser Schlampe verdanke ich es, dass ich keinen Lippenbalsam mit Kirschgeschmack mehr benutzen kann«, lamentiert Helen. »Sarah singt dieses dämliche Lied in einer Tour.«
»Alle singen es«, sagt CJ. »Deswegen werden sie noch lange nicht lesbisch.«
»Und falls doch?«, frage ich und schaue dabei Helen an.
»Wie alt ist denn dieser Freund?«, fragt Virginia.
»Siebzehn, er hat gerade erst den Führerschein gemacht. Warum kapiert sie das nicht?«
»Sie kapiert es sehr wohl«, sagt Helen und legt mir einen Arm um die Schulter. »Sie kapiert, dass du ein Kontrollfreak bist.«
»Warum erlaubst du es ihr nicht?«, fragt CJ. »Der große Bruder eines Mädchens aus Jorjas Clique hat auch schon einen Führerschein. Das erspart es mir, sie überall hinfahren zu müssen.«
»Wie schön für Jorja. Das ist gefährlich, CJ«, sage ich und schüttele Helens Arm ab. »Einfach nur gefährlich.«
»Ist das nur mein Eindruck, oder machst du dir viel zu viele Sorgen?«, fragt CJ in die Runde.
Ich spreche nicht aus, was ich denke. Nämlich: »Dafür machst du dir nicht genug Sorgen. Wenn du irgendwann einmal lange genug die Zunge aus dem Hals deines Liebhabers nehmen würdest, um tief Luft zu holen und dir die Facebook-Seite deiner Tochter anzuschauen, würdest du dir jede Menge Sorgen machen.« Und damit meine ich nicht einmal die Fotos, auf denen sie offensichtlich betrunken ist.
»Das ist allerdings nur ein Scheingefecht. In Wirklichkeit geht es um Borneo. Jamie will für drei Wochen da hin«, erkläre ich.
»Borneo ist fantastisch«, sagt Virginia.
»Wie kommt sie ausgerechnet auf Borneo?«, fragt CJ.
»Es gibt da so ein Jugendförderprogramm – soziale Verantwortung, interkultureller Austausch und so weiter –, an dem auch andere Kinder aus ihrer Schule teilnehmen. Sie reisen in den Dschungel, arbeiten an einem Entwicklungsprojekt mit und steigen auf den Mount Kinabalu.«
»Was für eine wunderbare Möglichkeit für sie.« War ja klar, dass Virginia das sagen würde.
»Sechstausend Kilometer weit weg. Zweiundzwanzig Tage lang. Sie werden die ganze Zeit über keinen richtigen Kontakt zur Außenwelt haben. Und sie brauchen ungefähr zwanzig Impfungen dafür.«
»Sie würde doch nicht auf eigene Faust losziehen, oder?«, wirft Maeve ein. »Das ist sicher eine gut organisierte Reise mit qualifizierten Begleitpersonen, nicht?«
Ich nicke. »Aber ich werde nicht dabei sein.«
»Du kannst nicht immer bei ihr sein«, sagt Helen. »Irgendwann musst du sie loslassen.«
Natürlich hat sie recht. Ich versuche ja auch gar nicht, Gott in allen Einzelheiten vorzuschreiben, was Er zu tun hat. Aber Er soll schon wissen, dass ich Ihm über die Schulter schaue. Zum Beispiel letztes Jahr, als Aaron uns angefleht hat, Rugby spielen zu dürfen. Mir entfuhr als Erstes ein »Nur über meine Leiche«. Er war am Boden zerstört. Alle seine Freunde spielten Rugby. Nur Schwule würden nicht spielen, erklärte er uns. Er werde sterben, sich vor einen Zug werfen, uns niemals verzeihen und nicht mehr leben wollen, wenn wir es ihm nicht erlaubten.
Ich versuchte, ihm vor Augen zu führen, wie sein Leben aussehen würde, falls er sich dabei das Genick brechen sollte. Wie mein Leben dann aussähe. Die einschneidenden Folgen für seine Freizeitgestaltung und sein Liebesleben. Ich schlug stattdessen Fußball vor. Tennis, Tischtennis, Schach. Ebenso gut hätte man Romeo sagen können: »Vergiss Julia – andere Mütter haben auch hübsche Töchter.«
Aaron weinte, tobte und bettelte. Ab da wurde mein Leben ziemlich unangenehm, weil er nicht Rugby spielen durfte.
Frank merkte irgendwann sogar an, dass wir ihn damit womöglich seiner Männlichkeit beraubten. Ich werde mit Sicherheit reichlich negatives Feedback, Vorwürfe und Schuldzuweisungen von meinen Kindern bekommen, wenn sie alt genug sind, um ihren Bericht über meine miserablen Leistungen als Mutter abzugeben. Eines werde ich mir allerdings auf
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