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Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)

Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)

Titel: Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Fedler
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Festungsmauer um ihre Verluste errichtet und befasst sich schlicht nicht mehr damit.
    Ich schreibe meiner Mutter jeden Abend, ehe ich ins Bett gehe, eine E-Mail. Sie will wissen, was der Zahnarzt gesagt hat, wie viel die Autowerkstatt für die Inspektion verlangt, wie Jamies Geografieklausur gelaufen ist und ob Aaron beim Basketballspiel Punkte erzielt hat. Wenn ich ihr mal einen Abend nicht schreibe, ruft sie mich am nächsten Tag an und fragt, ob alles in Ordnung sei. Mein Glück im alltäglichen Leben ist ihr so wertvoll, dass es in Geld nicht zu ermessen wäre. In einer Familie bekommt man manches geschenkt.
    »Wann hast du zuletzt mit deiner Mutter gesprochen?«, frage ich CJ.
    Sie zuckt mit den Schultern. »Weiß nicht.«
    »Sicher am Muttertag, oder?«, fragt Helen.
    »Oh, bitte«, stöhnt CJ abfällig. »Sie war echt eine miese Mutter. Ich verschwende keine fünfundzwanzig Cent darauf, sie am Muttertag anzurufen.«
    »Das ist jetzt nicht dein Ernst«, sage ich und hoffe, dass ich recht habe.
    »Mein voller Ernst.«
    »Wenn du dein ganzes Leben lang nicht beachtet und übersehen wurdest, ist es wirklich schwer, sich von einem kommerziellen Liebe-deine-Mutter-Tag zu einem Schwätzchen motivieren zu lassen.« Virginia ergreift für CJ Partei.
    »Ich habe meiner Mutter nichts zu sagen. Sie stand nie auf meiner Seite, hat sich nie um uns gekümmert. Nachdem ich zu Hause ausgezogen war, wollte ich ihr nie einen meiner Freunde vorstellen, weil sie immer nur eines interessiert hat: ›Ist er Christ?‹ Nicht etwa: Ist er ein guter Mensch? Sorgt er für dich? Bringt er dir morgens Kamillentee und massiert dir abends die müden Füße? All das war für sie völlig unwichtig«, erklärt CJ.
    »Klingt, als hätten unsere Mütter denselben Leitfaden gelesen«, bemerkt Virginia.
    »Aber jetzt, da …«, beginne ich.
    »Da sie stirbt, meinst du?«
    Virginia wirkt, als hätte sie nicht die Kraft für diese Unterhaltung, aber ich merke, wie sie sich bemüht. Dabei ist sie mir wirklich nichts schuldig.
    »Bis vor ein paar Wochen habe ich immer gehofft, dass wir uns irgendwann aussöhnen würden – ehe es zu spät ist. Aber ich habe in meinem Leben schon so viel Energie für sie aufgewendet, und es hat mir nichts gebracht. Siehst du die hier?« Sie deutet auf ihre Zahnspange. »Conrad hat mit dreizehn eine Zahnspange gegen seinen Kreuzbiss bekommen. Und ich? Ich musste warten, bis ich achtundvierzig bin und sie selbst bezahlen kann. Damit ich so richtig lächerlich wirke. In meinem Alter. Ein dicker Teenager zu sein war schon schlimm genug. Es gab nur eines, worin meine Mutter absolut zuverlässig war, und zwar mich zu enttäuschen.«
    »Du warst nie dick«, widerspricht Helen. »Pummelig vielleicht.«
    Summer legt Virginia eine Hand auf den Arm. Das ist eine sehr liebe Geste und aufrichtig, obwohl Summer Virginia kaum kennt. Virginia weiß offenbar nicht so recht, was sie davon halten soll.
    »Ach, scheiß auf sie, du schaffst es auch allein«, sagt CJ.
    Virginia hebt die Hand, CJ versucht sie abzuklatschen, aber ihre Hände verfehlen sich. Beim zweiten Anlauf gelingt die Geste der Kameradschaft und gegenseitigen Anerkennung. Ich verstehe nur nicht, warum sie mich so traurig macht.
    Maeve war während dieser Unterhaltung sehr schweigsam, wie mir jetzt erst auffällt. Ich frage mich, ob sie uns alle für verwöhnte Gören hält, die an ihren Müttern herumnörgeln. Immerhin haben wir Mütter, über die wir jammern können.
    »Glaubt ihr, unsere Kinder werden eines Tages so über uns reden?«, frage ich. Ich würde mir wünschen, dass Jamie und Aaron von mir sprechen wie Helen von Roz. Allerdings müsste ich dazu auf ihre Vergebung und Vergesslichkeit hoffen.
    »Darauf kannst du dich verlassen«, sagt Helen.
    »Das steht im Kleingedruckten«, erklärt CJ. »Unter ›Allgemeine Verpflichtungen‹. Ganz egal, was wir tun, wir werden unsere Kinder enttäuschen. Insofern sind wir aus dem Schneider. Wir brauchen uns nicht abzustrampeln, um perfekt zu sein und alles richtig zu machen, sondern können einfach wir selbst sein.«
    Tennyson kommt zu mir und schnuppert an meinen Knöcheln. Meine Füße riechen nach Summer, was ihn offenbar verwirrt. Er springt an mir hoch und legt die Vorderpfoten auf meine Knie. Ich schiebe ihn von mir, woraufhin er sich in die nächste Ecke trollt und mit dem Gesicht zur Wand sitzen bleibt. Ich wollte nicht gemein zu ihm sein.
    »Komm her, Tennyson«, sagt Virginia.
    Der Hund ignoriert sie.
    »Siehst

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