Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)
gebracht, Ereka und ich«, entgegne ich mit einem hoffnungsvollen Blick in Erekas Richtung.
»Das wollen wir von Ereka hören«, sagt Helen.
Ereka nickt. »Ich war gestern nicht gut drauf.«
»Ja, aber verzeihst du Jo?«, setzt CJ nach und spielt an der weichen kleinen Kuhle unter ihrem Hals herum – die Stelle, wo sich der Schweiß sammelt, wenn man ausgiebig Sex hatte.
Ich wende mich mit großen Augen Ereka zu und gerate kurzfristig in Panik.
»Da gibt es nichts zu verzeihen.« Ereka zuckt mit den Schultern und lächelt breit.
»Ich würde mich freuen, wenn du mir verzeihen könntest«, sage ich.
Ich meine damit, dass ich es wirklich gern von ihr hören würde. Nicht, dass ich keine Schuld auf mich geladen hätte. Was ich getan habe, war absolut falsch. Ich hatte kein Recht, jemandem derart die Wahrheit an den Kopf zu knallen. Selbst wenn man das aus Liebe tut, knallt es trotzdem. So etwas ist ein Bootcamp, keine Yogastunde. Rückgrat, nicht mütterlicher Busen. Das ist die Straßenhündin in uns, die knurrend ihr Territorium verteidigt: »He, den Blödsinn lasse ich mir nicht gefallen.«
Es ist immer leichter, zu besänftigen, als die Leute mit ihren Fehlern zu konfrontieren. Will heißen: Es ist angenehmer für meine Nerven, Aaron ein paar Würstchen zu braten, statt zuzusehen, wie er angewidert den angeblich matschigen Gemüsereis isst oder hungrig ins Bett geht. Eine zugeknallte Zimmertür zu ignorieren kostet keine Energie. Aber den Flur entlangzugehen und sich vor Jamie aufzubauen oder sie zurückzurufen, um ein ernstes Wörtchen mit ihr zu reden und die angebrachte Entschuldigung einzufordern, das ist Schwerstarbeit. Man muss sich gut überlegen, auf welche Kämpfe man sich einlässt, und entsprechend trainieren.
In letzter Zeit hat Jamie angefangen, mir unangenehme Wahrheiten aufzutischen. »Wenn du ihn immer so verhätschelst«, sagt sie etwa über ihren Bruder, »wird der kleine Prinz nie lernen, dass es im Leben nicht nur nach ihm geht.« Erziehungsratschläge von meiner nicht einmal vierzehnjährigen Tochter zu bekommen war ein höchst unerwartetes Vergnügen, auf das ich gern verzichten könnte, vielen Dank auch. Neulich habe ich ihr gesagt, dass ich meinen Sohn erziehe, nicht sie, worauf sie erwiderte: »Tja, offenbar machst du das nicht besonders gut.«
Ich behaupte keineswegs, für alles die richtige Lösung parat zu haben. Erziehung ist ein ständiger Balanceakt. Wir wollen die Individualität unserer Kinder respektieren, ohne ihnen das Gefühl zu geben, alles gehe nach ihrem Kopf. Wir müssen eine gewisse Disziplin durchsetzen, ohne ihren Willen zu brechen (wobei Frank der Theorie anhängt, ein bisschen Willenbrechen »stärkt den Charakter«). Neulich habe ich gelesen, dass Kinder, die zu viel gelobt und behütet werden, als Erwachsene leicht depressiv werden, weil sie mit der harten Realität nicht klarkommen – mit der echten Welt, in der einem niemand allein dafür auf die Schulter klopft, dass man zur Arbeit erschienen ist. Manchmal hat man im Leben keine Wahl, und das üben wir eben schon mal mit Sätzen wie Du isst deinen Brokkoli, weil ich es sage.
Irgendwo anders habe ich gelesen: »Wenn Sie Ihren Kindern keine Wahl lassen, tyrannisieren Sie, statt zu erziehen.« Tja, also … Welche Mutter hat ihr Kind nicht schon irgendwann einmal tyrannisiert? Die Grenze zwischen Tyrannisieren und Erziehen ist gelinde gesagt ziemlich verschwommen. Ich habe Sätze wie »Ich wasche dir gleich den Mund mit Seife aus« oder »Ich gebe dir gleich einen Grund zum Heulen« immer als Slogans betrachtet, die hilfreich für Eltern sind, solange sie nicht tatsächlich danach handeln und hier und da ein paar Süßigkeiten einstreuen.
Wahrheiten an den Kopf knallen hin oder her, im Augenblick liegt mir sehr viel daran, vor Zeugen zu hören, dass Ereka mir wegen gestern Abend nicht mehr böse ist.
»Natürlich verzeihe ich dir«, sagt Ereka und legt mir eine Hand aufs Knie. Sie ist warm und ein wenig feucht, und sie fühlt sich wunderbar an.
»Ich finde ja, der Akt des Verzeihens wird überbewertet«, sagt CJ. »Allerdings kann ich da nur für mich sprechen.«
»Du hast dem Tom also immer noch nicht verziehen?«, fragt Ereka.
»Nur die Schwachen verzeihen. Die Starken nehmen Rache.«
Summer kichert. »Der ist gut, CJ. Den muss ich mir merken.«
»Wie fährst du damit?«, fragt Maeve.
»Wie fahre ich womit?«
»Damit, an deiner Wut festzuhalten.«
»Sehr gut, muss ich sagen.«
»Sie spielt
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