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Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Titel: Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Brady
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Wunderkindes: Bobby saß nur hier, weil er es geschafft hatte, seinen Groll gegen die Art, wie die Sowjets ihn über Jahre hinweg behandelt hatten, hinunterzuschlucken. Alle kannten seine Wut, nicht nur in Laugardalshöll, sondern in der ganzen Welt. Es begann das »wichtigste Schachereignis aller Zeiten«, wie der Großmeister Isaac Kashdan es ausdrückte. Ein einsamer Amerikaner aus Brooklyn mit nur einem einzigen Stein in der Schleuder – seiner Brillanz – forderte den Schach-Goliath Sowjetunion heraus. Zweimal während der Partie verließ Fischer die Bühne: Einmal beschwerte er sich, der Orangensaft in seiner Garderobe sei nicht kalt genug. Er bekam Eiswürfel. Ein andermal bat er um eine Flasche Wasser und eine Schüssel skyr , eine isländische joghurtähnliche Nachspeise. Damit brachte er die Cafeteria-Leute der Hall in Verlegenheit, denn sie führten keinen skyr . Glücklicherweise konnte jedoch ein örtliches Lokal aushelfen.
    Die Züge auf dem Brett wurden live auf 40 über die Halle verteilte Fernseher übertragen. In der Cafeteria wurde bei Hotdogs aus Lammfleisch und isländischem Leichtbier heiß über das Geschehen auf der Bühne diskutiert. Im Keller erklärten und analysierten isländische Meisterspieler die Züge auf einem Demonstrationsbrett. In den Presseräumen betrachteten gestandene Großmeister die Fernsehschirme und analysierten spontan, was die meisten Journalisten schwer beeindruckte. Im Turniersaal selbst ging es ruhig und gesittet zu. Wenn es zu laut wurde, schaltete Lothar Schmid ein weißes Leuchtschild an, das auf Isländisch und Englisch um Ruhe bat:
    ÞÖGN!
    SILENCE!
    Die erste Partie schritt fort, und bald sagten die meisten Experten ein Remis voraus. Die Stellung war völlig ausgeglichen, bis Fischer im 29. Zug eines der größten Risiken seiner Karriere einging. Mit noch reichlich Zeit auf der Uhr (er war beim 17. Zug mit Spasski gleichgezogen und lag nun zeitlich besser als Spasski) opferte Fischer einen Läufer für zwei Bauern. Spasski hob verwundert die Augenbrauen, das Publikum war elektrisiert. Der Abtausch wirkte wie der Patzer eines Schuljungen. Der Großmeister Edmar Mednis sagte hinterher: »Ich konnte nicht glauben, dass Fischer solche Fehler unterlaufen. Wie kann ein Spitzenspieler, wie kann irgendein Meister derartige Schnitzer machen?«
    Auf den ersten Blick schien es, als habe Fischer im Übereifer, die erste Partie unbedingt zu gewinnen und Spasski psychologisch unter Druck zu setzen, zu viel riskiert. Wenn man die Stellung genauer betrachtete, schien aber ein Remis noch drin zu sein. Danach beklagte sich Fischer bei Schmid, dass eine der Kameras, die durch ein Loch im blau-weißen FIDE-Logo am hinteren Ende der Bühne filmte, ihn störe. Doch es wurde keine Änderung vorgenommen.
    Bei seinem 41. Zug beschloss Spasski, die Partie abzubrechen, um über Nacht in aller Ruhe das Endspiel planen zu können. Da die fünf Stunden, nach denen eine Partie offiziell abgebrochen werden konnte, aber noch nicht gespielt waren, verschenkte Spasski 35 Minuten auf seiner Schachuhr. Spasski hatte einen Läufer und drei Bauern, Fischer fünf Bauern. Er notierte seinen Zug, versiegelte ihn in einem großen braunen Umschlag und übergab ihn an Schmid.
    Fischer hatte die ganze Nacht gegrübelt und wirkte bei der Wiederaufnahme am nächsten Tag müde und besorgt. Schmid öffnete den versiegelten Umschlag mit Spasskis Zug und zog nach FIDE-Tradition die Figur für ihn. Dann zeigte er Fischer das Partieformular, damit dieser kontrollieren konnte, ob der korrekte Zug gemacht worden war, und setzte dessen Schachuhr in Gang. Fischer beantwortete den Zug innerhalb von Sekunden, durch die nächtliche Analyse vorbereitet. Es folgten einige weitere Züge.
    Dann deutete Fischer auf das Kameraloch, das er am Vortag schon beanstandet hatte, und eilte von der Bühne. Seine Uhr lief weiter. Hinter der Bühne beschwerte er sich heftig über die Kamera und drohte, er würde erst weiterspielen, wenn sie weg sei. Hastig besprachen sich isländische Funktionäre mit Chester Fox, dem Inhaber der Film- und Fernsehrechte. Der erklärte sich bereit, die Kamera zu entfernen. Der Abbau zog sich allerdings ein wenig hin – und Fischers Schachuhr lief. Als Fischer wieder erschien, waren auf seiner Uhr 35 Minuten abgelaufen.
    Fischer mühte sich zwar um ein Remis, aber Spasski zog präzise wie ein Uhrwerk und verbesserte seine Stellung immer weiter. Schließlich wurde klar, dass Spasski einen Bauern in

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