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Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Titel: Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Brady
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Welt ist.

    D as letzte bekannte Porträt von Bobby Fischer, welcher die isländische Staatsbürgerschaft erhalten hatte. Es wurde im 3 Frakkar (3 Mäntel), seinem Lieblings-restaurant in Reykjav Í k, aufgenommen.

Epilog
    B oris Spasski war wie betäubt. Schon seit Langem um Bobbys Gesundheit besorgt, war er in engem Kontakt mit ihm verblieben. Dennoch traf ihn die Nachricht von Bobbys Tod aus heiterem Himmel. Er empfand den Verlust als so gewaltig, dass er Einar Einarsson in einer E-Mail schrieb: »Mein Bruder ist tot.«
    Diese vier Worte zeigten, wie sehr er Bobby mochte. Spasski hatte seine Zuneigung nie verhehlt und öfters verkündet, dass er Bobby Fischer liebte wie einen Bruder. Vor dem Revanchekampf 1992 verriet er der Presse sogar: »Ich werde kämpfen, andererseits möchte ich, dass Bobby gewinnt. Denn ich finde, Bobby sollte wieder zum Schach zurückkehren.« Als Bobby in japanischer Haft saß, bot Spasski ernsthaft an, sich in die gleiche Zelle sperren zu lassen – samt einem Schachbrett natürlich. Spasskis Respekt gegenüber Fischer grenzte an Vergötterung beziehungsweise Angst. Einmal sagte er: »Gegen Bobby geht es nicht ums Gewinnen oder Verlieren. Sondern ums Überleben.« Aber zwischen den beiden existierte auch eine echte Kameradschaft jenseits des Schachs, was Spasski gern betonte. Was sie verband, war das Wissen, wie man sich als Ex-Champion fühlte: zerrissen zwischen Stolz (über die Erfolge) und Trauer (über den Verlust des Titels), vor allem aber einsam, weil fast niemand nachvollziehen konnte, wie es in einem aussah.
    Nur drei Wochen vor Bobbys Tod schickte Spasski seinem alten Freund eine aufmunternde Botschaft. Bobby solle brav den Ärzten gehorchen und sich melden, wenn er aus dem Krankenhaus »entflohen« sei.
    Zwar wusste Spasski, dass Bobbys Zustand ernst war, ahnte aber nicht, wie ernst. Da Einarsson Spasskis Verbundenheit mit Fischer kannte, betrachtete er ihn als Teil von Bobbys »Familie« und informierte ihn, als sich der Zustand seines Freundes verschlimmerte. Spasski schrieb: »Ich hege Bobby gegenüber Brudergefühle. Er ist ein guter Freund.«

    In seinen letzten Tagen verfiel Bobby zusehends, er konnte kaum mehr sprechen oder Nahrung bei sich behalten. Seine Lippen waren ständig trocken. Jede Nacht hielten der 48-jährige Sverrisson – dem es selbst nicht gut ging – oder seine Frau Kristin neben Bobbys Bett Wache.
    Bobby hatte Sverrisson angewiesen, seinen Leichnam auf einem kleinen Friedhof in der Landgemeinde Laugardaelir begraben zu lassen, etwa eine Fahrstunde von Reykjavik entfernt. Von dem Friedhof hieß es, er sei über 1000 Jahre alt, gegründet in der Zeit, als Erik der Rote Richtung Grönland aufbrach und das Althing – das älteste Parlament Europas – gegründet wurde.
    Der Friedhof gehört zu einer winzigen protestantischen Kirche mit Platz für etwa 50 Gläubige, die in ihrer Schlichtheit auch die Kulisse für ein Ingmar-Bergman-Drama abgeben könnte. Bobby hatte den Friedhof bei einem Ausflug mit seinem Freund Gardar entdeckt, die friedliche Atmosphäre der Umgebung hatte ihm sofort zugesagt. In ihrem Nachruf brachte die Autorin Sara Blask in der Iceland Review Bobbys letzten Willen auf den Punkt: »Fischer wollte begraben werden wie ein normaler Mensch, nicht als Schachspieler, sondern als Person .«
    Es dauerte lange, bis Bobby sich mit seinem bevorstehenden Tod abfand. Doch als die Erkenntnis eingesunken war, schärfte er Sverrisson ein, dass seine Beerdigung eine private Zeremonie werden sollte. Nur keinen Zirkus, Medienauflauf oder Pomp! Nachtragend und kontrollsüchtig bis über den Tod hinaus, verbat er sich strikt, dass einer seiner »Feinde« dem Begräbnis beiwohne. Niemand, der ihn seiner Ansicht nach ausgenutzt oder verraten hatte, dürfe kommen; verboten waren außerdem Reporter, Kameraleute und glotzende Touristen.
    Sverrisson befolgte Bobbys letzten Willen bis aufs i-Tüpfelchen. Er wusste, es würde die anderen Mitglieder des RJF-Komitees, die so viel für Bobby getan hatten, sehr schmerzen, dass sie ihm nicht die letzte Ehre erweisen durften. Doch Sverrissons Loyalität galt zuerst Bobby, den er stets abgeschirmt und dessen Wünsche er treu erfüllt hatte. Der US-Schachbund fragte beim isländischen Schachbund nach, was mit Bobbys Leichnam geschehen würde; vermutlich hätten die Amerikaner ihn gerne nach Hause geholt. Bei der Vorstellung hätte sich Bobby garantiert im Grabe umgedreht. Sverissons jedoch fand, dass seinem

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