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Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Titel: Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Brady
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Gardar Sverrisson zufolge habe Bobby davon geträumt, die Gesellschaft zu verändern, indem man Harmonie zwischen den Menschen schuf. Einmal soll Bobby gesagt haben: »Der Katholizismus ist die einzige Hoffnung der Welt.«
    Auch wenn Bobby am Ende seines Lebens mit einer Religion liebäugelte, die großen Wert auf Nächstenliebe, Demut und Reue für die eigenen Sünden legt, hinderte ihn das nicht an Aussagen wie diesen: »Leider sind wir momentan nicht stark genug, alle Juden auszurotten. Deshalb glaube ich, wir sollten wahllos Juden erschlagen. Ich will Leute bis zur Gewalttätigkeit gegen sie aufhetzen! Juden sind Kriminelle. Sie verdienen es, den Schädel eingeschlagen zu bekommen.«
    »Ich bin nicht, was ich war«, schloss Byron in Childe Harolds Pilgerfahrt , und so hätte Bobby seinen spirituellen Sinneswandel im Alter rechtfertigen können. Vielleicht sah er aber, so zynisch das klingen mag, seine Hinwendung zum Katholizismus als einen guten Schachzug, der ihn mit ein wenig Glück direkt ins Paradies befördern würde. Doch allein seine Aussagen über Juden zeigen schon, wie himmelweit Bobby von christlichen Idealen entfernt war.

    Ein Foto aus dem Sommer 2005 zeigt Bobby schon als kranken Mann. Es war nur wenige Monate nach Bobbys Ankunft in Island entstanden. Einar Einarsson hatte es gemacht, als die beiden im Restaurant 3 Frakkar (»Drei Jacken«) zu Abend aßen. Normalerweise posierte Bobby ja nie für Fotos, doch an jenem Abend war er vom Chefkoch begrüßt worden, den er noch von 1972 kannte. Der Maestro bat um ein Foto mit Bobby – und bekam es überraschenderweise. Einarsson schoss ein Bild der zwei Männer, wandte die Kamera dann leicht nach links und schoss ein Porträt Bobbys. Man sieht darauf einen seelisch und vermutlich auch körperlich leidenden Mann. David Surratt, ein Schach-Verleger, befand: »Der Ausdruck in seinen Augen! Himmel, seine Traurigkeit lässt sich fast mit Händen greifen! Vielleicht auch sein Bedauern. Bedauern über verpasste Chancen in der zweiten Hälfte seines Lebens.«
    Bobby bekam immer mehr Schwierigkeiten beim Wasserlassen, führte das aber auf die üblichen Prostataprobleme alter Männer zurück. Den Gedanken, dass ihm ernsthaft etwas fehlen könnte, ließ er nicht zu. Auch die Lunge spielte nicht mehr voll mit, er tat sich mit dem Atmen schwer. Wegen seines lebenslangen Misstrauens gegenüber Ärzten ertrug er die Beschwerden bis Oktober 2007, als der Schmerz beim Wasserlassen unerträglich wurde. Er ging dann zwar zum Arzt, wollte aber nur eine oberflächliche Untersuchung zulassen. Doch der Arzt erklärte, er brauche einen Bluttest, um Bobbys Nierenfunktion überprüfen zu können. Widerstrebend willigte Bobby ein. Der Test zeigte einen deutlich erhöhten Kreatininwert, der auf eine eingeschränkte Nierenfunktion hinwies. Als Ursache kam ein blockierter Harnleiter infrage; das würde sich mit Medikamenten leicht beheben lassen. Doch Bobby weigerte sich weiterhin kategorisch, Arzneien zu nehmen – obwohl er mit Armstrong und der Weltweiten Kirche Gottes, von denen diese Idee stammte, längst gebrochen hatte. Der Arzt mahnte, Bobby müsse unbedingt regelmäßig zur Dialyse. Keine Chance! Die Vorstellung, dass bis zum Ende seines Lebens eine Maschine alle paar Tage sein Blut waschen würde, war Bobby absolut zuwider. Ohne Dialyse, warnte der Arzt, drohten Bobby allerdings völliges Nierenversagen, Krampfanfälle, Wahnsinn und baldiger Tod, vermutlich innerhalb dreier Monate. Doch hartnäckig lehnte Bobby jede Behandlung ab, selbst Schmerzmittel wollte er sich nicht geben lassen. Was soll man davon halten? Pal Benko glaubte, dass Bobby vom Leben schlicht genug hatte und durch Verweigerung der Behandlung bewusst langsamen Selbstmord beging.
    Bobby ließ jedoch zu, dass man ihn ins Landspitali einwies, wo Dr. Erikur Jónsson die Behandlung überwachte, die sein Patient zuließ. Sieben Wochen lag Bobby dort, was nicht nur ihm, sondern auch dem Pflegepersonal wie Ewigkeiten vorkam. Weil er ablehnte, sich einen Katheter legen zu lassen, musste man ihm jedes Mal beim Urinieren helfen. Er meckerte außerdem ständig über das Essen und schrieb schwarze Listen mit Besuchern, die er nicht empfangen wollte.
    Der Großmeister Fridrik Olafsson kam einmal die Woche auf Besuch. Bobby bat ihn, frisch gepressten Karottensaft von Yggdrasil mitzubringen; wenn es dort keinen Saft gab, musste Olafsson aus Deutschland importierten Saft mitbringen. Unter keinen Umständen, lautete die

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