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Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Titel: Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Brady
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Juniorenweltmeisterschaft gewonnen, ohne auch nur einmal remis gespielt zu haben. Er war ein grandioser Spieler, so solide in seinen Fähigkeiten, so selbstgewiss am Brett, dass Fischer ihn einmal als »Felsen« bezeichnete. Zum Zeitpunkt des Turniers reichte Lombardys Spielstärke fast an die Bobbys heran.
    Ein Sekundant beim Schach ist gleichzeitig Diener, Berater, Anwalt und Haushofmeister. Viele Sekundanten konzentrieren sich vor allem auf die Eröffnungen der nächsten Gegner und suchen nach Schwächen. Dann erstatten sie vor jeder Runde Bericht. Die vielleicht wichtigste Aufgabe des Sekundanten besteht darin, abgebrochene Partien (»Hängepartien« genannt) gemeinsam mit dem Spieler zu analysieren. Diese Sitzungen dauern gelegentlich die ganze Nacht, sodass der Spieler eine ganze Palette von Möglichkeiten durchdacht hat, wenn die Partie am nächsten Tag weitergeht. Sowjetspieler kamen traditionell mit einer ganzen Mannschaft von Sekundanten mit genau umrissenen Aufgabengebieten. So gab es Spezialisten für Endspiele und für Eröffnungen, Fitness- und Motivationstrainer sowie Psychologen.
    Der ältere und reifere Lombardy kümmerte sich wie ein Vater um Bobby. An Regina schrieb er aus Portorož: »Bobby putzt sich täglich die Zähne, zum Baden muss man ihn aber nötigen.« Lombardy schilderte auch seine ersten Eindrücke aus Portorož:
    Bei einem großen internationalen Turnier wie dem in Portorož passieren auch am Rande außergewöhnliche Dinge. Viele hatten sich spannende Spiele erhofft, schließlich können sich nur sechs Teilnehmer für das Kandidatenturnier qualifizieren. Doch ganz im Gegenteil schienen alle vor Anspannung wie gelähmt. Die Spieler waren nervös, und viele gerieten in extreme Zeitnot. Folglich verliefen die Partien für ein derart hochkarätig besetztes Turnier auf eher niedrigem Niveau.
    Regina fürchtete, Lombardy spare vielleicht zu sehr mit Lob. »Bobby braucht Ermunterung«, schrieb sie in einem Brief an Joan. Doch es gibt keinen Hinweis darauf, dass der für seine spitze Zunge bekannte Lombardy Bobby entmutigt hätte. Ganz im Gegenteil erwies er ihm Zuneigung und Respekt; oft schickte er ihm nette kleine Botschaften und Kommentare. Die jungen Männer verbrachten fast alle längeren Ferien miteinander, normalerweise im Haus von Collins. James T. Sherwin, der zweite Amerikaner bei dem Interzonenturnier, erinnerte sich, dass Lombardy eigentlich auch sein Sekundant sein sollte. »Bobby brauchte Lombardy eigentlich nicht, weil die zwei vom Stil her so verschieden waren. Lombardy war ein enorm begabter, intuitiver Positionsspieler, aber in der Vorbereitung kein Arbeitstier wie Bobby. Bobbys Stärke war sein unerschöpfliches Repertoire an Varianten.«
    Einmal fehlte Lombardy für einige Tage, weil er als Vertreter des US-Schachbunds am jährlichen Treffen des Weltschachbunds teilnehmen musste. In diese Zeit fielen zwei Hängepartien, die Bobby nun allein analysieren musste. Er verlor gegen Olafsson und spielte remis gegen Tal.
    Lombardy erinnerte sich später an eine Unterhaltung zwischen dem Dänen Bent Larsen und dem Isländer Fridrik Olafsson vor dem Turnier.
    Larsen: »Fischer ist ein Baby. Ich werde ihm den Hintern versohlen.«
    Olafsson: »Sei dir nicht zu sicher. Pass auf!«
    Larsen: »Keine Sorge, ich kann auf mich aufpassen.«
    Am ersten Spieltag erschien Bobby dank Lombardy gewaschen, in dunklem Hemd und gebügelter khakifarbener Hose. Sein Gegner an jenem Abend war der massige Bulgare Oleg Neikirch, mit 44 Jahren einer der ältesten Teilnehmer und, in Bobbys Augen, ein »kleiner Fisch«. Lag’s am Lampenfieber oder daran, dass er seinen Gegner unterschätzt hatte? Auf jeden Fall rettete er aus einer unterlegenen Stellung heraus gerade noch ein Remis. Scherzend meinte Neikirch hinterher, er habe Bobby das Remis angeboten, weil »es irgendwie peinlich ist, einen Buben zu besiegen. Das würde man mir daheim übel nehmen.« Noch peinlicher wäre es aber, gegen einen Buben zu verlieren, antworteten die Spötter. Das New York World-Telegram fand schon, es markiere »eine bemerkenswerte Wende in der Schachgeschichte«, dass Bobby bei seiner ersten Turnierbegegnung in Europa eine Niederlage vermieden habe.
    Für Bobby ging es durchwachsen weiter, er suchte noch nach seiner Form. Nach der Neikirch-Partie gewann Bobby eine, verlor eine und spielte einmal remis. FISCHER BEI AUSLANDSDEBÜT AUSSER FORM befand die New York Times . In der sechsten Runde – Bobby hatte zu dem Zeitpunkt

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