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Endstadium

Endstadium

Titel: Endstadium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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erinnert, der er vor vielen Jahren in seiner Ausbildung als Referendar beigewohnt hatte. Der Geruch hatte sich in seinem Sinnesgedächtnis festgesetzt. So roch der konservierte Tod.
     
    Stephan begrüßte scheu seinen Mandanten. Das Zimmer war abgedunkelt, die Vorhänge zugezogen. Der Ventilator vermischte stoisch drehend den süßlichen Geruch mit dem Gestank von Schweiß und Urin. Warum hatte es nicht so gerochen, als Stephan ihn allein besucht hatte?
    Dr. Schreiber ging mit der Sonnenbrille in das Zimmer und nahm sie erst nach einigen Minuten ab. Hobbeling drückte Rosell kurz die Hand und bezog am Fußende seines Bettes Position.
    Stephan blieb dort stehen, wo er vor Tagen gesessen hatte, als der Journalist das Interview führte. Frau Rosell hatte den Besuchertisch und die Stühle entfernt. Ein länger verweilender Besuch war offensichtlich nicht eingeplant. Stephan betrachtete seinen Mandanten aus gebührender Entfernung. Das Gesicht war schweißnass und grau, soweit es Stephan im Halbdunkel dieses Zimmers erkennen konnte.
     
    Dann redete Dr. Schreiber und erhob das Gespräch zur Zeremonie. Er erklärte, was wie gesagt werden müsse, wobei er sich zwischendurch zu Stephan umdrehte, um dessen Zustimmung einzuholen, dass alles so abgesprochen sei und aus juristischen Gründen so und nicht anders erklärt werden dürfe. Justus Rosell hustete und röchelte zwischendurch.
    Julita Rosell bediente ihn dann, führte ein Glas zu seinem Mund, flößte Wasser ein und wischte seine Lippen. Dr. Schreiber hielt währenddessen inne und wirkte wie ein vom Applaus unterbrochener Entertainer, der das Ende des Beifalls abwartete, um fortzufahren. Schließlich trat ein, was Dr. Schreiber befürchtete: Justus Rosell erklärte mit schwacher Stimme, dass er Hobbeling verzeihe, und Dr. Schreiber korrigierte sanft, dass eine Vergebung seitens Rosell nicht in Rede stehe. Justus Rosell schien nicht zu verstehen, und Stephan schaltete sich ein. Schließlich wurden die wechselseitigen Erklärungen wie vereinbart abgegeben, und wie zum Schwur gelang der abschließende Händedruck. Rosell starrte währenddessen an die Decke, Jens Hobbeling bemühte sich um ein gewinnendes Lächeln. Er streichelte die Hand von Rosell.
     
    Dr. Schreiber erklärte, dass nun alles vollzogen sei. Er wandte sich zu Stephan um und bestätigte mit einem Kopfnicken. Sie verabschiedeten sich und gingen hinaus.
    »So etwas ist nicht leicht«, sagte Dr. Schreiber. »Man sagt ›Auf Wiedersehen‹ und weiß, dass es kein Wiedersehen gibt. Das ist tragisch, ganz ohne Zweifel.«
    Er drückte Julita Rosell die Hand, als kondoliere er. Dann sah er auf die Uhr.
    »Die Zeit drängt, es tut mir leid. Wir müssen den Flieger kriegen. Es ist entsetzlich, aber ich habe heute Abend noch einen Termin.« Er schnaufte geschäftig und setzte wieder die Sonnenbrille auf. »Ich denke, wir sind klar, Herr Kollege Knobel!«
    Er winkte die Straße herunter. Das Taxi, das sie hergebracht hatte, fuhr wieder vor. Es hatte hundert Meter weiter gewartet.
     
    Sie fuhren fort. Stephan wandte sich zu Frau Rosell um.
    »Ich hoffe, dass jetzt Frieden einkehrt«, sagte sie. »Wir werden das Geld bald überweisen. Es soll ein Ende finden. – Was halten Sie von Jens Hobbeling?«
    »Was soll ich sagen?«, fragte Stephan. »Er macht einen durchaus sympathischen Eindruck. Aber das hat natürlich nichts damit zu tun, dass er einen gewaltigen Fehler gemacht hat. Ich glaube, Ihrem Mann wird das egal sein, ob er nett ist oder nicht.«
    »Ich glaube, im Herzen tut es Hobbeling leid«, sagte Frau Rosell. »Aber er kann wahrscheinlich nicht aus seiner Haut.« Sie lächelte bitter. »Aber wer kann das schon?« Sie ging ins Haus und kam mit der neuesten Ausgabe des Magazins zurück.
    »Nehmen Sie das Heft, Herr Knobel, aber es lohnt nicht, darin zu lesen.«
    Stephan blickte dennoch hinein.
    »Sonne bis zum letzten Tag«, titelte das Magazin.
    Stephan schüttelte den Kopf.
    »Sie sind da, wenn ich Sie brauche?«, bat Frau Rosell fragend. Sie sah ihn flehentlich an. Sie merkte, dass sich etwas verändert hatte. Stephan nickte, rollte das Magazin zusammen und ging.
     
    Marie saß währenddessen in der Düsseldorfer Niederlassung der Quovoria-Lebensversicherung. Der junge Mann ihr gegenüber hieß Holger Schwamhof, saß im zwölften Stock des stählern glänzenden Büroturms und bestellte frischen Kaffee.
    Marie trug das Kostüm, das sie für ihre mündliche Examensprüfung erworben und seither nie wieder

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