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Endstation Färöer

Endstation Färöer

Titel: Endstation Färöer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jógvan Isaksen
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Waffe. Sollte ich die Polizei anrufen? Nein, das würde zu lange dauern und mir die Sache nur erschweren.
    Ich löste das Siegel von der Tür und öffnete sie vorsichtig. Es war vollkommen still, kein Laut war zu hören. Meine Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit im Keller, und ich konnte erkennen, dass niemand vor der Treppe lag. Ich sah mich nach einer Waffe um, ein Spaten und eine Mistgabel standen an die Wand gelehnt. In meiner Not war ich kurz davor, den Spaten zu ergreifen, obwohl er eigentlich zu groß und unhandlich war, um ihn in einem Haus zu benutzen. Da fiel mein Blick auf eine große, rostige Rohrzange, die auf der Fensterbank lag. Ich ergriff sie und fühlte mich gleich sicherer.
    Die Treppe knackte, obwohl ich versuchte, mich so vorsichtig wie möglich zu bewegen. Die Tür zum Flur war zu, ich stand oben auf der Treppe fast im Dunkeln, hielt den Atem an und lauschte.
    Nichts zu hören.
    Ich drückte die Klinke hinunter und schob die Tür vorsichtig mit der linken Hand auf, während die rechte die Rohrzange bereithielt.
    Der kleine Flur hatte sich seit gestern verändert. Er war von einem Unwetter heimgesucht worden. Die Schubladen waren aus der Kommode herausgerissen und auf dem Fußboden ausgekippt worden, die Kommode umgeworfen, der Spiegel in einer Ecke zerschlagen, obenauf lag ein Mantel. Ich versuchte, nirgends draufzutreten. Es war immer noch nichts zu hören. Die Türen zur Küche und zum Wohnzimmer standen weit offen.
    Zuerst ging ich ins Wohnzimmer. Der Tornado war hier mindestens genauso zerstörerisch gewesen. Nichts stand oder lag, wie es sollte, Möbel, Bücher und Nippes ergaben ein riesiges Durcheinander. Mittendrin lag das zerschnittene Sigmund-Petersen-Gemälde. Die Küche war ein einziger Dreckhaufen. Sämtliche Dosen waren auf dem Boden ausgekippt worden: Zucker, Kaffee, Tee und Mehl überall. Eine Schicht Mehl bedeckte Tisch, Stühle und den Boden. Der Kühlschrank stand mit brennendem Licht weit offen.
    Ich verließ den Schweinestall und ging die Treppe hinauf nach oben. Irgendjemand hatte nach irgendetwas gesucht und das konnte noch nicht lange her sein, denn die Polizei musste heute Vormittag hier gewesen sein. Aber auf keinen Fall hatten sie dieses Durcheinander angerichtet, wie schlampig sie auch sein mochten. Ich lauschte, so gut ich konnte, strengte meine Ohren an, aber nichts. Nicht einmal eine Uhr hörte ich ticken.
    Bei jeder Stufe, die ich nahm, kam mir das Knacken so laut vor, dass ich glaubte, die gesamte Nachbarschaft könnte es hören, ganz zu schweigen von der Person, die sich möglicherweise im ersten Stock befand.
    Mein Herz schlug schneller.
    Mir brach der Schweiß aus, und die Hand, die die Rohrzange hielt, wurde feucht.
    Oben auf dem Treppenabsatz stand ich für einen Augenblick wie der Erzengel mit gehobenem Flammenschwert, bereit, alle Sünder zu vertreiben. Aus der fernen Wirklichkeit konnte man ein Auto starten und wegfahren hören.
    Vorsichtig schaute ich in die leeren Zimmer und ins Bad. Niemand. Wie unten war alles durchwühlt worden und lag in einem großen Tohuwabohu.
    Die Tür zu Hugos Zimmer war nur angelehnt. Ich schlich mich zu ihr, schob sie mit dem linken Fuß auf, bereit, mit der Rohrzange zuzuschlagen.
    Keine Menschenseele. Aber was für eine Bescherung: Kleidung, Schubladen, Modellflugzeuge, Bücher, alles ein einziges Durcheinander.
    Vieles davon war zerbrochen oder auseinander gerissen. Wer auch immer hier nach etwas gesucht hatte, der Person war es völlig gleichgültig gewesen, ob man es merken würde, außerdem hatte sie offenbar nichts gefunden, so brutal, wie sie zu Werke gegangen war. Dieses Zimmer war eindeutig am gründlichsten untersucht worden, denn es gab hier nichts, was nicht auseinander genommen worden war.
    Ich sah mich einen Moment lang um. Langsam ließ ich die Hand mit der Rohrzange sinken. Hier war niemand, also konnte ich meine Waffe ebenso gut hinlegen, während ich nach Hugos Versteck suchte. Der Teppich sah alt und abgenutzt aus, die Farbe war eine undefinierbare Mischung aus Grau und Grün. War das etwa noch derselbe Teppich wie vor zwanzig Jahren? Wo wohl das Versteck war? Auf jeden Fall an der Außenkante des Teppichs, an so viel konnte ich mich noch erinnern, und dann fiel mir noch eine Heizung ein. Unter dem Fenster stand eine vom alten Schlag, gesprenkelt mit Rostflecken wie mit Masern. Ich kniete mich hin und hob den Teppich hoch. Ja, da war ein Strich quer über zwei Holzbohlen und etwa

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