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Endstation Färöer

Endstation Färöer

Titel: Endstation Färöer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jógvan Isaksen
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sich zum Schweigen bringen ließ. Er wechselte nur das Thema, plapperte jetzt vom Wetter, dass es nachmittags wärmer geworden war, und sprang den ganzen Weg bis zum Bladet von einem Thema zum anderen. Ein gelegentliches »Hmm« von meiner Seite reichte. Man konnte nicht behaupten, dass er von seinem Gesprächspartner viel verlangte.
    Beim Bladet ging ich direkt in Sonjas Büro und dort ins 7-dir auf ihrem Computer. Es handelte sich um eine Artikelserie über den Zweiten Weltkrieg, die in chronologischer Reihenfolge den Angriff auf Polen, Dünkirchen, die Besetzung Dänemarks und Norwegens, den Blitzkrieg über London und so weiter abhandelte. Insgesamt waren es zwanzig ganz gewöhnlich aussehende Zeitungsartikel. Ich blätterte ein Stück hin und her, las hier und dort ein wenig, fand aber nichts Besonderes. Nichts, was eine Glocke zum Läuten brachte. Andererseits wusste ich gar nicht, wonach ich suchte, oder ob ich an der richtigen Stelle suchte. Aber ich hatte das Gefühl, dass die ganze Angelegenheit etwas mit dem Zweiten Weltkrieg zu tun hatte. Die Mappe bei Hugo zu Hause, Sonjas Artikelserie.
    Wie es wohl mit Bildern aussah? Der Computer enthielt keine, aber das Bladet hatte sicher einige Exemplare jeder Nummer archiviert. Ich ging ins Vorzimmer und fragte. Ja, ich sollte einfach ins Archiv gehen, die letzte Tür rechts.
    Der Raum war ungefähr zehn Quadratmeter groß und fast vollständig mit Zeitungen ausgefüllt, die sich in den Regalen und auf dem Boden stapelten. Ich warf einen Blick auf einige Bündel und sah, dass die Zeitungen in einer gewissen Reihenfolge gelagert waren. Der Computer hatte die Artikel datiert, also brauchte ich nicht lange, um die richtigen Ausgaben herauszusuchen.
    Nachdem ich über eine Stunde rauchend gelesen hatte, stieß ich auf einen Artikel über Kämpfe in Italien, in dem viel von den Lovat Scouts die Rede war, die auf den Färöern stationiert waren, bevor sie auf die Schlachtfelder geschickt wurden. Es gab auch einige Fotos: das zerstörte Monte Cassino, die Landung der Truppen in Salerno, Bilder von Alexander, Patton, Montgomery, Mussolini, mit dem Kopf nach unten hängend, und dann von der deutschen Heeresleitung: Kesselring, von Vietinghoff, von Mackensen, Herr, Heidrich, Baade, von Senger und Etterling, Kappler. Der erste und der letzte Name waren rot unterstrichen. Kesselring und Kappler. Aus dem Artikel ging hervor, dass Kesselring der deutsche Oberkommandant in Italien war und dass er ein größeres Problem darstellte, als die Alliierten erwartet hatten. Kappler wurde in dem Artikel nicht erwähnt, aber auf dem unscharfen Foto sah er aus, als sei er ein SS-Mann gewesen.
    Das alles sagte mir nicht besonders viel. Es war langsam Zeit zum Abendessen, aber noch hatte mich niemand aufgefordert zu gehen, also las ich weiter. Die letzten Artikel handelten von den letzten Kämpfen in Europa und Asien. Über die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki wurde gesondert geschrieben. In dem Artikel über das Nachkriegsdeutschland stand etwas über die Werwölfe und die Organisation ODESSA, die alten Nazis half, von denen sich viele in Südamerika versteckten. Dieser Abschnitt war ebenfalls rot unterstrichen und es war ein Fragezeichen dahinter gesetzt worden. ODESSA? Ob das etwas mit der Realität zu tun hatte? Ich hatte vor vielen Jahren einen Film mit diesem Titel gesehen, der von faschistischen Zusammenkünften und Ähnlichem handelte, hatte die Handlung aber immer als der Fantasie entsprungen abgetan.
    Summa summarum: Die Namen zweier deutscher Offiziere in Italien waren unterstrichen sowie die Hypothesen – denn waren es mehr als Hypothesen? – von den Werwölfen und ODESSA. Was konnte ich daraus schließen? Ich versuchte intensiv nachzudenken, aber egal wie ich die wenigen Erkenntnisse, die ich hatte, auch drehte und wendete, ich kam nicht von der Stelle. Ich war kurz davor zu glauben, das Ganze sei nur ein Hirngespinst.
    Jemand rief, dass man jetzt Feierabend mache. Ich rief zurück, dass ich gleich käme. Ich ging in Sonjas Büro und schaute ein letztes Mal auf ihren Computer. Die Artikel über Italien und das Nachkriegsdeutschland standen in einer Rubrik für sich, beide abgespeichert um 4.59 Uhr in der Nacht, bevor Sonja starb. Ich sah die beiden Artikel durch, konnte aber nichts entdecken, was sich von den gedruckten Versionen unterschied. Nicht bevor ich ans Ende kam, wo stand: Sjeyndir? Hugo. Nur diese beiden Worte, sonst nichts.
    Ich hatte ins Schwarze getroffen.

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