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Endstation Färöer

Endstation Färöer

Titel: Endstation Färöer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jógvan Isaksen
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kaum«, sagte ich. »Es ist völlig egal, wie die sich aufführen, niemand tut ihnen etwas.«
    Und dann erzählte ich Harald alles, was ich über den Schoner wusste: dass die Landesregierung die Besatzung hätschelte, weil sie ihr Fischereirechte anboten; dass nicht einmal die Polizei die Erlaubnis hatte, an Bord zu kommen; dass Andreas-Petur erzählt hatte, dass die beiden Blonden das Feuer im Ølankret gelegt hatten; dass ich mir sicher war, dass sie die Mörder von Andreas-Petur waren; und dass der Schoner mehrere Male bei Sjeyndir angelegt hatte. Ich erzählte ihm auch von Hugos Reise nach Wien.
    Als ich fertig war, ging Harald an die Bar, um Kaffee zu holen.
    »Jetzt heißt es, einen klaren Kopf zu bewahren«, sagte er mit zwei Bechern in der einen und einer vollen Kanne in der anderen Hand.
    »Ich habe diese Männer getroffen«, fuhr er fort, »deshalb glaube ich dir jedes Wort. Aber wir haben nichts, woran wir unseren Hut hängen können, nur einen Verdacht.«
    »Und drei Leichen«, sagte ich.
    »Und drei Leichen«, sagte Harald und versank in Gedanken.
    Der Lärm von den anderen Tischen nahm zu, und Männer, die ihren Sonntagsspaziergang so gelegt hatten, dass sie am Bacchus vorbeikamen, strömten rein und raus.
    Der ganze Raum dampfte vor Gemütlichkeit und Lachen, aber ich selbst fühlte mich nicht als Teil davon. Das Gespräch mit Harald hatte mich für einen Moment zu einem Beobachter gemacht, mich aus der Gemeinschaft herausgehoben.
    »Ich hab’s, ich weiß, was wir machen müssen«, rief Harald, der wieder auf der Erde war, mit einem großen Lächeln auf dem Gesicht. »Aber wollen wir uns nicht zuerst einmal einen Gammel Dansk besorgen?«

32
    Sowohl auf der Glade Hjørne als auch unten auf Vaglið gab es öffentliche Gebetsstunden, sodass wir zwischen Predigern und Kirchengesängen Slalom laufen mussten.
    Als wir vorbei waren, atmeten wir beide freier. Der Ruf von den Klauen des Teufels und Ihm, der alles weiß und lenkt, war jedoch immer noch zu hören, dafür sorgten die Lautsprecher. Umweltverschmutzung, dass es in den Ohren wehtat. Aber allmählich verebbte die aggressive Botschaft, man konnte wieder denken und reden, wenn man dazu Lust hatte. Wir waren auf dem Weg zu Harald. Er wohnt in Reyn in einem dieser alten, niedrigen Mietshäuser, in denen kein einziger Winkel neunzig Grad misst und wo es schwierig ist, heutzutage eine Frau zu halten. Harald war auch nicht verheiratet, und soweit ich wusste, machte er sich nicht besonders viel aus allem, was mit Frauen zusammenhing. Das war deutlich zu sehen, als wir versuchten, uns durch den engen Flur zu kämpfen. Auf dem Fußboden lag ein Wirrwarr von Schuhen, Stiefeln und Holzpantinen, und mitten in dem Gewühl stand ein Kasten mit Angelschnüren. Ich musste seitwärts gehen, um nicht in den Haken hängen zu bleiben. Im Wohnzimmer, das fast das ganze Haus ausfüllte, war es nicht viel besser, aber Harald meinte nur, ich solle irgendetwas beiseite schieben und mich setzen, dann würde er das Abendessen bringen. Er hatte etwas Fleisch, eine getrocknete Lammkeule von der Insel Mykines. Er ging in die Küche und ich hörte Schranktüren klappen und Teller klirren.
    Im Bacchus war Harald auf die, wie er selbst fand, geniale Idee gekommen, dass wir an die Seite des Schoners rudern und durch die Bullaugen mal einen Blick hineinwerfen sollten. Vielleicht würden wir dabei das eine oder andere entdecken. Ich erzählte ihm, dass die Idee wahnsinnig sei, und die Eva es sich außerdem gerade bei Sjeyndir gemütlich mache. Aber nein. Der Schoner lag wieder unten in der Vágsbotnur. Harald hatte sie auf seinem Weg zum Bacchus gesehen, und wenn ich der Meinung war, dass sein Einfall so dumm war, dann bräuchte ich ja nur einen besseren vorzubringen. Dazu war ich nicht in der Lage und alle Proteste und Ausflüchte wurden vom Tisch gefegt.
     
    Gegen elf waren wir draußen bei der Schiffswerft. In der riesigen Maschinenhalle und an Bord einzelner Boote am Kai brannte Licht, aber es war kein Mensch zu sehen. Die Gebäude und Schiffe konnten wir nur undeutlich im Nebel erkennen, sie sahen aus wie große Tiere auf ihrem Nachtlager. Für einen Augenblick waren sie da und im nächsten Moment war die ganze Welt wieder im Nebeldunst verschwunden.
    Ich hatte mir einen Wollpullover ausgeliehen, der so groß war, dass ich gleich mehrere Male in ihm hätte versinken können. Der Fischgeruch, der ihm entströmte, war vielleicht nicht gerade angenehm, weckte jedoch angenehme

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