Endstation Färöer
hineinzuschauen.
Draußen im Licht zu stehen und ins Dunkel zu sehen ist, als starre man in einen dunkelbraunen Wollstrumpf. Man sieht nicht das Geringste und auch die Taschenlampe hilft nicht, solange man nicht drinnen ist. Draußen schiebt die Sonne das von Menschen geschaffene Licht einfach beiseite, löst es auf.
Unten am rechten Ufer gab es einen schmalen Absatz, etwa zehn Zentimeter breit, der im Dunkeln verschwand. Er war schmal, aber wenn ich einen Fuß vor den anderen setzte, konnte ich sicher so weit kommen, dass ich in die Grotte hineinleuchten konnte.
Die Lampe hängte ich mir an einer Schnur um den Hals und kurz darauf stand ich da und presste mich gegen den Felsen. Ich zweifelte zwar im höchsten Grade daran, dass mir mein Vorhaben gelingen würde, aber ich riskierte ja nicht viel mehr, als nass zu werden.
Anfangs ging es gut. Ich konnte aufrecht stehen und vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzen, aber als ich zur Öffnung kam, musste ich mich bücken und es wurde viel schwieriger, mich zu bewegen. Mehrmals war ich kurz davor, das Gleichgewicht zu verlieren, und jedes Mal hatte ich das Gefühl, ich wäre nur durch Zufall nicht hineingefallen. Auf diese Art und Weise ging ich ungefähr zwei Faden, als ich plötzlich merkte, dass der Kopf nicht mehr an die Decke stieß. Und das stimmte. Die Decke hatte sich gehoben. Anfangs nur so viel, dass ich aufrecht stehen konnte, aber als ich mit der Lampe leuchtete, sah ich, dass die Deckenhöhe ein Stück weiter mehrere Faden betrug.
Die Grotte schien endlos zu sein, wie alle anderen Grotten, in denen ich bereits gewesen war, es hatte also nicht viel Zweck weiterzugehen, auch wenn der Absatz noch nicht aufhörte. Eine Weile stand ich da, sammelte mich und leuchtete rundherum. Auch wenn das Licht es meinen Augen schwer machte, sich auf die Dunkelheit einzustellen, kam es mir vor, als wäre da irgendetwas tiefer in der Grotte drin.
Als ich mich mit dem Licht noch ein paar Meter weiterbewegt hatte, sah ich, dass es sich um einen Steinrutsch handelte, einen riesigen Steinrutsch, der die Grotte dreißig, vierzig Meter weiter abschnitt.
Mit dem Rücken zur Wand ging oder besser kroch ich zu den Steinmassen hinüber. Je näher ich kam, desto größer wurden die Felsbrocken, und zum Schluss gelang es mir, auf einen hinaufzuklettern, der oben einigermaßen eben war.
Ich setzte mich hin, um etwas auszuruhen, vor allem die Schultern zu entspannen, die im Laufe der letzten halben Stunde ganz steif geworden waren. Ich hatte mich die ganze Zeit mit den Schultern gegen den Stein gepresst, um nicht vom Felsabsatz hinunterzufallen. Ich schwang die Arme über dem Kopf und um mich herum und spürte, wie die Muskeln wieder weich wurden und sich entspannten.
Man konnte das Tageslicht durch das Loch sehen und wie ein wiegender Schatten war die Rani zu erahnen. Vielleicht sollte ich noch ein paar Meter hochklettern und die Aussicht von dort oben untersuchen? So schnell würde ich bestimmt nicht wieder hier vorbeikommen.
Ich hängte mir die Taschenlampe um den Hals und begann, die Felsbrocken hinaufzuklettern. Es war leicht, hochzukommen, es gab genug Haltemöglichkeiten für Hände und Füße, und auch wenn ich nicht leuchten konnte, war das nicht schlimm, bis ich plötzlich ins Nichts griff und fast die Balance verlor.
Im Lampenschein zeigte sich eine Öffnung in den Steinmassen, ein natürlicher Tunnel von gut und gern einem Meter im Durchmesser. Ich steckte den Kopf und die Lampe hinein und versuchte zu leuchten, aber er machte eine Biegung nach links, deshalb konnte ich nicht sehen, wie lang er war.
Sollte ich hineinkriechen? Traute ich mich? Zurzeit plagte mich die Klaustrophobie nicht, aber wie würde es sein, wenn ich ein Stück weiter im Tunnel war und den Druck von tausenden von Tonnen auf mir spürte? Ich würde Atemnot bekommen und der Schweiß bräche mir aus.
Allein der Gedanke ließ mich schneller atmen und ich ballte meine Hände fest zu Fäusten. Niemals sollte diese Angst Macht über mich bekommen und ich fiel auf die Knie, nicht um zu beten – die Zeit war vorbei –, sondern um ins Helhjem hineinzukriechen.
Hießen die Grotten in Island nicht so: Surtshellir, nach dem Riesen, der die Welt bei der Götterdämmerung verbrennen würde. Die Isländer konnten Surt und alle anderen Geächteten behalten, die in ihren Grotten wohnten, wenn wir hier in unserem Land nur Frieden hatten. Während ich so auf den Knien weiterrutschte, fiel mir Brúsajøkuls Lied
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