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Endstation Kabul

Endstation Kabul

Titel: Endstation Kabul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Wohlgethan
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weiter in Richtung der herankommenden Scheinwerfer. Schließlich konnten wir immer noch nicht das Geringste erkennen. Ich spürte, wie die Anspannung stieg. Bevor das Ganze zu kippen drohte, nahm ich die Sache in die Hand. »Ich gehe jetzt auf das Fahrzeug zu und nehme die Verbindung auf. Ihr sichert mich dabei, okay?«
    Ich stieg den Turm hinunter und ging bergab den Weg entlang, auf den Wagen zu. Als ich im Scheinwerferkegel auftauchte, stoppte das Fahrzeug etwa 20 Meter vor mir und eine Person stieg aus. Ich konnte immer noch nichts erkennen und begann mich über die Vorgehensweise des Fahrers zu ärgern. Doch im Licht des Scheinwerfers hörte ich plötzlich eine mir vertraute Stimme: »Oberfeldwebel Kirch, Scharfschützenteam der Luftlandebrigade 26, abgestellt zu den niederländischen Kommandos!«, meldete mir schneidig mein Gegenüber. Den kannte ich doch! Vor fast genau drei Jahren hatte ich gemeinsam mit ihm die Luftlande-/Lufttransportschule in Altenstadt im Schongau besucht und meinen Freifaller-Lehrgang absolviert. Auf dem Lehrgang hatten wir uns sehr gut verstanden, aber danach war der Kontakt abgerissen. Und nun, auf einer Anhöhe in Kabul mitten in der Nacht, stand er wieder vor mir.
    Ich fragte etwas konsterniert in die Dunkelheit: »Kirch? Bist du das?« Nach kurzer Pause kam ebenso konsterniert »Achim?« zurück. Er war genauso platt wie ich, dass wir uns hier unter diesen Umständen trafen. Als wir nach einem weiteren Wortwechsel immer noch im Scheinwerferlicht standen, hatte ich genug. »Was ist das denn für eine Flachpfeife, voll aufgeblendet auf unsere Stellung zuzufahren?«, schnauzte ich in Richtung Fahrer. Kamerad Kirch schaute etwas betreten. »Das ist unser Scharfschützengruppenführer, ein Hauptfeldwebel. Er wollte uns hier vorbeibringen.« Prompt ging die Fahrertür auf und der Hauptfeldwebel stand vor mir. Etwas peinlich berührt entschuldigte ich mich für meine deutlichen Worte. Ich war ja davon ausgegangen, der Fahrer sei ein Mannschaftssoldat. Nicht, dass der Hauptfeldwebel beleidigt war und deswegen Ärger machte. Er aber blieb ganz cool. »Nichts für ungut«, meinte er, »der Fehler geht auf meine Kappe«. Das war also auch geregelt.
    Ich griff zum Funkgerät und gab meinen Jungs oben auf dem Turm die ersehnte Entwarnung durch. »Alles in Ordnung. Es sind die deutschen Scharfschützen.« Am Turm angekommen, stellte ich das Team meinen Leuten vor. Danach zeigte ich den Scharfschützen den Stellungsbereich und erklärte ihnen, dass sie die beiden Eingangsbereiche zum Hotel und zum Tagungsgebäude sichern sollten. Sie begannen ihre Erkundung. Bald darauf meldeten sie, dass sie eine konkrete Stellung gefunden hätten, von der sie ihren Auftrag erledigen konnten. Sie wollten aber bis zum Morgengrauen mit dem Aufbau warten, und so saßen wir noch eine Weile beisammen und quatschten über Gott und die Welt. Ich war froh, mal wieder deutsch zu sprechen, und hatte meinen Kollegen ihren Leichtsinn und Regelverstoß schon halb verziehen.
    Zu solchen »kleineren« Problemen kam es leider immer wieder. Kein Wunder, wenn so viele verschiedene Nationen mit unterschiedlichen Sprachen zusammenarbeiten. Es war schon schwer, über Funk einen englisch sprechenden Franzosen zu verstehen. Selbst mit den Briten gab es Schwierigkeiten, da einige einen sehr starken Akzent hatten. Aber vermutlich ging es ihnen nicht anders, wenn sie mit uns Deutschen kommunizierten. Eine zusätzliche Verkomplizierung waren die verschiedenen Taktiken und Vorgehensweisen der Nationen, die sich teilweise eklatant unterschieden. Dass es deswegen noch keine Vorkommnisse gegeben hatte, grenzt fast an ein Wunder.
    Noch in der gleichen Nacht kam es zu einem zweiten Vorfall, der haarscharf in einer Katastrophe geendet wäre. Unsere vorgeschobene OPZ am Interconti hatte alle an der Überwachung des Hotels beteiligten Nationen informiert, dass unser Trupp oben am Wachturm lag. Falls einer zum Informationsaustausch zu uns hochkommen wolle, solle er einen Infrarot-Leuchtstab mitführen, damit er eindeutig identifiziert werden konnte. So einen IR-Leuchtstab kann man hervorragend durch die Nachtsehbrille erkennen, auch Patrouillen um das Hotel sollten damit ausgerüstet sein. Jede Nation – auch die Türken, die gerade Leading Nation waren – nickte bei Erhalt der Information und gab sie an ihre Soldaten und die Patrouillen weiter. Zumindest war das Plan.
    Leider ist aber das Ausrüstungsniveau der verschiedenen Armeen sehr

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