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Endstation Mosel

Endstation Mosel

Titel: Endstation Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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aufgefrischt. Viel stand da nicht, er hatte sich auch nicht richtig konzentrieren können. In einem alten Herders Volkslexikon fand er dann eine eher harmlose Schwarz-weiß-Abbildung eines Marmorreliefs, das nicht im geringsten etwas mit dem Schrecken seiner nächtlichen Medusa gemein hatte.
    Der Zahnarzt fertigte ihn rasch und weitgehend schmerzlos ab. Jo befürchtete, dass der als geldgierig bekannte Dentist die Gelegenheit nutzen könnte, um nach weiteren schadhaften Zähnen zu suchen, aber diesmal kam er ungeschoren davon.
    In seinem Büro, wo er gegen zehn Uhr eintraf, warteten dringende Aufgaben für zwei konzentrierte Stunden am Schreibtisch auf ihn. Bis zur Mittagspause war noch nicht einmal die Hälfte erledigt. Um zwölf Uhr dreißig stand seine notorisch unterforderte Sekretärin wartend in der Tür.
    Zum ersten Mal an diesem Tag funktionierte sein Denkapparat und ihm fiel gerade noch rechtzeitig ein, dass sie zum Essen verabredet waren. Das bedeutete, er konnte in seiner Mittagspause nicht zur Anwaltskanzlei, wo er um einen Termin bitten wollte.
    Dort hatte er sich bereits vor zwei Jahren beraten lassen, als er einen großen Fund römischer Münzen auf dem Gelände einer Baustelle gemacht hatte und anschließend eine polizeiliche Hausdurchsuchung bei ihm vorgenommen worden war. Damals war im wahrsten Sinne des Wortes das Kind beinahe in den Brunnen gefallen, in welchem er unterschlagene Münzen versteckt hatte. Diesmal wollte er nicht so lange warten und sich zeitigen Rat vom Fachmann holen.
    Seine Sekretärin war tüchtig. Bis auf wenige Ausnahmen konnte sie seine Arbeit ebenso gut ausführen wie er selbst. Sie war vollkommen loyal und verstand es mit großer Diskretion, ihm auch, wenn tagsüber größere Weinverkostungen anstanden, anschließend ein paar ungestörte Stunden auf der Couch in seinem Büro zu ermöglichen. Andererseits wusste sie über alles Bescheid, überwachte alle Termine, Telefonate und schriftlichen Vorgänge. Dies bedeutete zum einen, dass seine Arbeit pünktlich und korrekt erledigt wurde, zum anderen vermittelte sie alle ein- und ausgehenden Gespräche, auch die von und nach Hause. Im Prinzip hatte Jo auch nichts zu verbergen, aber ab und an, wie im Fall des Anwaltbesuchs, hätte er sich gern ein wenig mehr Freiheit gewünscht.
    Der rettende Einfall kam Jo beim Essen. Jetzt erkannte er auch, was an dem Tag ein Großteil seiner indisponierten Verfassung ausgemacht hatte. Er brauchte nur den aus der morgendlichen Appetitlosigkeit resultierenden Mangel an Nahrungszufuhr auszugleichen und seine Gehirntätigkeit lief wieder zur alten Form auf. Fünf Minuten vor Ablauf der Mittagspause bat er seine Sekretärin, ins Büro vorzugehen, er habe noch etwas zu erledigen.
    Ausgerechnet Martin, sein Anwalt, stand eisschleckend am Hauptmarkt vor Ulis Gerüchteküche und las das Extrablatt im Schaufenster.
    »Nicht zu fassen!«, kommentierte Martin, als Jo neben ihm stehen blieb.
    »Das könnte ich auch sagen, zu dir wollte ich, eigentlich zu deinem Büro, ich brauche einen Termin für eine juristische Beratung.«
    »Wann?«, fragte Martin, den Blick weiterhin gebannt auf das Extrablatt gerichtet.
    »So bald wie möglich.«
    »Von mir aus gehen wir gleich hoch«, bot er an. »Ich hab’ erst um drei den nächsten Termin.«
    »Das passt«, freute sich Jo
    »Worum geht’s?«
    »Darum«, Jo deutete auf das Schaufenster.
    *
    Walde ging langsam weiter. Er fühlte sich, als betrete er eine andere Welt, ganz allein, weit weg von den vielen Menschen. Er setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen.
    Am Ende des Containers fiel schwach Licht durch das Gitter. Walde erstarrte. Etwas Dunkles schlängelte sich vor ihm über den Boden. Walde umklammerte die große Taschenlampe. Etwas sperrte sich in ihm, das Licht anzuschalten. Er wollte noch einen Augenblick einen Hauch der Atmosphäre spüren, wie sie sein Freund Jo in der Nacht vorgefunden hatte.
    Die Medusa schwirrte noch in Waldes Kopf. Nur zögernd wanderte der Lichtstrahl weiter in den Raum hinein. Warum war er allein gegangen? Er hätte die Spurensicherung bitten können, Lampen aufzubauen. Er konnte sich vorstellen, wie es aussehen würde. Er hatte in Natura noch nie etwas Ähnliches gesehen. Nur auf Bildern vom Krieg, von Konzentrationslagern, von Pogromen. Es war ihn nichts angegangen. Er hatte nichts damit zu tun haben wollen.
    Jetzt war es seine Angelegenheit, und er wusste nicht, ob er die Kraft haben würde, es durchzustehen.
    Der Strahl der

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